Fallen Angels 03 - Der Rebell
schillernden Augen ihn anblickten, konnte Nigel sich nicht erinnern, den Erzengel jemals ohne diese rosigen Gläser gesehen zu haben. »Verzeih meine Direktheit, aber ich finde, du solltest mit ihm reden.«
»Er darf zu mir kommen.«
»Ich wusste, dass du das sagen würdest.«
»Kann es sein, dass du zuerst auf ihn zugegangen bist?« Das Schweigen war Antwort genug. »Ach, aber du bist gutherzig, mein lieber Freund.«
»Nein, das ist Bertie.«
»Du auch. Du siehst immer das Beste in jedem.«
»Nein, ich bin umgeben von guten Leuten, die ihr Bestes tun. In Wirklichkeit bin ich ein Realist, kein Optimist.« Unvermittelt glühte das Gesicht des Engels von der Macht des Wissens. »Dein Wesen und das von Colin sind ein und dasselbe. Meine Hoffnung ist, dass ihr beide das begreifen werdet und euch wieder vereint.«
»Dann bist du also auch ein Romantiker. Doch eher ein Widerspruch für einen Realisten.«
»Ganz im Gegenteil, ich möchte gewinnen, und unsere Chancen stehen besser, wenn du nicht von einem gebrochenen Herzen abgelenkt wirst.«
»Mein Herz ist nicht gebrochen.«
Byron setzte sich die Brille wieder auf die kecke, gerade Nase. »Und ich frage dich: Wen belügst du?«
Mit einer Verneigung duckte er sich aus dem Zelt.
Frustriert stellte Nigel fest, dass er wenig tun konnte, als sich zu gedulden, bis der Schöpfer sich äußerte.
Und wie ärgerlich, dass er außerdem auf Colins Entschuldigungsbesuch warten musste.
Allerdings sollte er sich vielleicht nicht zu fest darauf verlassen, dass er auch wirklich kam.
Siebzehn
»Nein, danke – ich glaube, ich lasse Sie lieber allein mit diesem Agenten Mittagessen gehen.«
Als Reilly seine Frage beantwortete, hielt Veck mitten beim Anziehen seiner Jacke inne. Sie beide hatten den ganzen Vormittag gearbeitet, waren die Barten-Akte Zeile für Zeile durchgegangen, und er war überrascht gewesen, wie gut sie sich beide auf ihre Arbeit hatten konzentrieren können.
Der Vorfall des gestrigen Abends war entschlossen auf Eis gelegt worden, wie es aussah – zumindest für Reilly. Was ihn betraf: Scheiße, ja, er kriegte es nicht aus dem Kopf. Und es wäre toll gewesen, wenn das daran gelegen hätte, dass er nur die nächste Gesprächspause abpassen wollte, um eine lahme Entschuldigung einzuschieben.
Denn der wahre Grund war, dass er sie begehrte. Immer noch.
Sogar mehr noch als zuvor.
Mann, Mann, Mann, er brauchte eine Kippe. »Dann sehen wir uns in einer Stunde.«
»Alles klar.« Unbewusst biss sie sich mit ihren blanken weißen Zähnen auf die Unterlippe, als müsste sie sich daran hindern, mehr zu sagen.
Dabei gab es so viel Besseres, was man mit ihnen hätte anstellen können.
Ehe diese schlaue Idee noch Sendezeit bekam, zog Veck Leine und nahm statt der Haupttreppe den Hinterausgang: Er hatte kein Interesse daran, an der Britnae-Barrikade aufzulaufen oder irgendwelchen anderen Kollegen zu begegnen.
Nur gut, dass er sowieso Lust auf einen kleinen Spaziergang hatte.
Fünf Minuten später erreichte er das Lokal. Agent Heron stand vor der Tür an die Mauer gelehnt und rauchte. Er trug viel Leder und sah eher wie ein Biker aus als wie ein FBI -Agent. Andererseits, vielleicht war er ja nicht im Dienst und stand auf Motorräder.
Veck runzelte die Stirn. Aus unerfindlichen Gründen hatte er eine verschwommene Erinnerung daran, dass einer dieser drei Agenten über seine BMW gemeckert hatte. Aber wann sollte das gewesen sein?
Vielleicht hatte er das nur geträumt.
»Eine Zigarette zur richtigen Zeit ist besser als Essen«, murmelte Veck, als sie einander die Hände schüttelten.
»Geht mir genauso.«
»Schlechter Tag?«
»Und wie.«
»Wollen Sie lieber spazieren gehen?« Veck deutete mit dem Kopf auf den Gehweg. »Ketterauchen kommt mir gerade reizvoller vor als das Sandwich, das ich mir bestellen wollte.«
»Gute Idee.«
Zusammen schlenderten sie über den Weg. Der Hudson River neben ihnen hatte dieselbe trübe Farbe wie der Himmel, zur Mitte hin kräuselte sich die Oberfläche vom Wind.
»Ich hab Ihnen eine Kopie unseres Berichts mitgebracht.« Veck steckte sich die Zigarette zwischen die Zähne und zog die auf die Hälfte gefalteten Zettel heraus. »Aber den Großteil haben Sie wahrscheinlich schon gesehen.«
»Schadet nie, einen zweiten Blick zu werfen.« Der Stapel wanderte in Herons Brusttasche. »Ich möchte Ihnen helfen.«
»Und ich kann alles gebrauchen, was Sie haben. Der Fall ist total frustrierend.«
»Da sagen Sie etwas.«
Und mehr
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