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Fallen Angels 03 - Der Rebell

Titel: Fallen Angels 03 - Der Rebell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R. Ward
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geschwächten Zustand bewusst ausbeutete.
    Als er damals die Arena zusammen mit der Dämonin betrat, war er sich des Sieges so sicher gewesen. Jetzt sah er überall nur Niederlage.
    Eine Zeit lang blieb er an genau der Stelle stehen, an der seine Füße gelandet waren, seine Lungen rangen nach Atem, den er nicht brauchte und dessen Mangel ihn doch in Panik versetzte. Schließlich ging er zu seinem kunstvoll verzierten Spiegel und setzte sich vor das Abbild seiner selbst. Leise fluchend ließ er sein äußeres Erscheinungsbild verrauchen, bis nur das übrig blieb, was er wirklich war: eine schimmernde Regenbogenlichtquelle, die in jeder Farbe der Schöpfung leuch tete.
    Er begriff, dass er sich selbst belogen hatte.
    Von Anfang an hatte er geglaubt, es ginge in diesem Krieg um die Rettung der Seelen im Schloss – und obwohl das natürlich ein Antrieb war, gab es noch eine andere Wahrheit, die sich unter diesem heroischen Deckmantel und der hehren Absicht verbarg.
    Das hier war sein Zuhause. Diese Gemächer hier, die Zeit, die er mit Colin verbrachte, seine Mahlzeiten und Sportpartien mit Bertie und Byron. Selbst Tarquins gütige braune Augen und schlaksige Gliedmaße waren ein Anblick, der ihn nährte und aufrechterhielt.
    Das hier war sein Leben, und er empfand Liebe für all dies, bis hin zu den feuchten Fußabdrücken, die Colin nach einem Bad auf den Teppichen hinterließ, und dem Wein, den sie gemeinsam tranken, wenn alles still war, und dem Gefühl, das die erdachte Haut, die sie beide annahmen, bei ihrer gegenseitigen Berührung hervorrief.
    Er war ein Unsterblicher, der in diesem Augenblick die Angst des Sterblichen vor dem Verlust erlebte.
    Wie machten die Menschen das nur? Wie schritten sie durch ihr kurzes Leben, ohne zu wissen, wann die ihnen Nahestehenden ihnen genommen werden würden … oder ob es überhaupt für jemanden einen Ort auf der anderen Seite gab?
    Vielleicht ging es darum aber gar nicht.
    Viel zu lange hatte er seine »Tage« und »Nächte« unbekümmert verbracht und für selbstverständlich gehalten, dass alles ewig so bliebe, wie er es sich wünschte. Erst jetzt, da er mit einem unermesslichen, schwarzen Tod konfrontiert war, er kannte er, wie wunderschön die hellen Farben seines Daseins waren.
    Der Schöpfer war ein Genie, dachte er. Unendlichkeit führte zu Anmaßung. Vergänglichkeit war der einzige Weg, um schätzen zu lernen, was einem geschenkt worden war.
    »Nigel.«
    Es war nicht Colin, sondern Byron, der zaghaft den Kopf durch die rot-violette Zeltklappe steckte. Es überraschte Nigel, dass er sich nicht angekündigt hatte.
    »Ich habe nach dir gerufen«, sagte Byron.
    Aha, das erklärte es.
    Nigel nahm seine Gestalt wieder an, schichtete Fleisch und Knochen auf und bedeckte den Leib mit dem weißen Freizeitanzug, den er vorher zum Tee getragen hatte.
    Als er in die Augen hinter den rosa getönten Brillengläsern blickte, hätte er aufrichtig eine Begegnung mit Colins Wut vorgezogen. Oder selbst mit Devinas Doppelzüngigkeit. Das Letzte, was ihn interessierte, war Byrons unerschütterlicher Glaube und Optimismus.
    »Mein lieber Junge«, sagte Nigel. »Vielleicht könnten wir das verschieben?«
    »Ich halte dich nicht lange auf. Ich bin nur hier, um dir mitzuteilen, dass Colin beschlossen hat, nicht nach unten zu gehen.«
    Nigel stand auf und ging zu der Chaiselongue neben dem Bett. Er legte sich hin, doch es fiel ihm schwer, seine körperliche Form beizubehalten. Er war müde, so müde, obwohl ihn das eigentlich hätte erleichtern müssen.
    »Wir werden sehen, wie lange die Zurückhaltung anhält«, murmelte er.
    »Er hat sich in seine eigenen Gemächer begeben.«
    Zwischen den Zeilen gelesen bedeutete das, falls Nigel mit Colin sprechen wollte, würde er ihn dort finden, und diese Benachrichtigung war ziemlich nett von Byron, wenn er mal ehrlich war. Und außerdem wenig überraschend. Es war kaum vorstellbar, dass Byron und Bertie nicht ahnten, wie nah Nigel und sein Stellvertreter sich standen, doch alles wurde mit Diskretion behandelt.
    Dieser Auftritt allerdings war Byrons Art, zum Ausdruck zu bringen, dass er sich um sie beide sorgte.
    Der Optimist. Besorgt.
    Die Dinge standen wirklich sehr schlecht.
    »Colin ist in seinem Quartier«, wiederholte der Erzengel.
    »Wo er auch sein sollte.« Immerhin hatten sie zwar ihre Zeit meist gemeinsam hier verbracht, aber »offiziell« lebten sie getrennt.
    Auf diese kühle Entgegnung hin nahm Byron die Brille ab, und als seine

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