Falling in love
hat. Wieso habe ich nicht rechtzeitig mitgekriegt, dass er sich manchmal wie ein Fünftklässler aufführt?
»Wie kindisch«, sagt Laila.
»Geradezu infantil«, fügt Maggie hinzu.
»Aha!«, sage ich. »Wir haben mal wieder im Fremdwörterbuch gelesen.«
»Genau.«
Den ganzen Tag bin ich runter mit den Nerven, aber das fühlt sich gar nicht so schlecht an. Ich habe das Gefühl, zum ersten Mal im Leben Dinge zu tun, die Spaß machen. Dinge, die mich aus dem Alltagstrott reißen.
Als Tobey und ich uns an meinem Spind treffen, ist mir vor Aufregung ganz schlecht.
»Bist du bereit?«, fragt Tobey.
Schon immer ist es mir schwergefallen, auf meine innere Stimme zu hören. Mein Bauch kann sonst was spüren, ich mache das genaue Gegenteil. Unter normalen Umständen würde ich an dieser Stelle einen Rückzieher machen. Und ich spüre, wie mein früheres Ich mich dazu auffordern will. Aber es gibt auch dieses neue Ich und das ist neugierig auf das, was als Nächstes passiert.
Ich nicke.
Unglaublich: Ich schwänze die letzte Stunde.
Ich habe noch nie geschwänzt.
Tobey und ich laufen durch den Schulflur, als ob uns dieses Gebäude gehören würde. Als ob wir es verlassen könnten, wann immer uns danach ist. Es fühlt sich super an und es ist egal, dass wir uns durch eine Seitentür quetschen und auf dem Parkplatz wie zwei Verbrecher von Auto zu Auto huschen müssen, damit uns niemand erwischt.
Als wir draußen sind, ergreift mich ein unglaubliches Gefühl. Eigentlich müssten wir jetzt da drinnen sein. So fühlt sich also Freiheit an.
Irgendwann verlassen wir die asphaltierten Straßen und biegen auf einen staubigen Weg ein, der in einer Sackgasse endet. Wir sind von Bäumen umgeben.
Tobey schaltet den Motor aus. Er lehnt sich nach vorn und nimmt etwas aus dem Handschuhfach. Ein Geschenk, das mehr schlecht als recht in die Comicseiten der Sonntagszeitung eingepackt ist.
»Frohe Weihnachten.« Er hält mir das Geschenk hin.
»Wow. Hast du das selbst eingepackt?«
»Natürlich nicht. Das habe ich Fachleuten überlassen.«
»Beeindruckend.«
»Für dich ist das Beste gerade gut genug.«
Aus meinem Rucksack nehme ich sein Geschenk. Wir haben ausgemacht, dass wir unsere Geschenke heute schon austauschen, denn ab morgen werden wir beide von unseren Familien belagert. Ich habe für Tobey eine CD zusammengestellt und eine Schwarzlicht-Glühbirne gekauft.
Ich packe mein Geschenk aus. Natürlich hat auch Tobey mir eine CD zusammengestellt. Und er hat mir das neue Album von den White Stripes besorgt.
Er wühlt in den CDs und Kassetten, die auf dem Rücksitz liegen.
Ich drehe mich um. »Gibt es eigentlich irgendeine Musikrichtung, die du nicht hörst?«
»Nö. Na ja, vielleicht Opernmusik.«
»Wer ist Jane’s Addiction?«
»Die sind großartig. Ich leihe sie dir.«
»Danke.«
Er fährt fort: »Und hier ist das Album von R.E.M., das wir ganz am Anfang gehört haben.«
Es fühlt sich toll an, wie Tobey ganz am Anfang sagt. Es fühlt sich toll an, dass wir schon gemeinsame Erinnerungen haben.
Tobey drückt mir die CD in die Hand. »Du kannst sie mir irgendwann zurückgeben.«
Ich schaue das Cover an. »Wenn das Album Green heißt, warum ist die CD dann orange?«
»Schau noch mal hin.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie orange ist.«
Tobey nimmt mir die CD aus der Hand und hält sie mir direkt vors Gesicht. »Schau richtig hin.«
Ich starre auf die orangefarbene Fläche und versuche, mir das Lachen zu verkneifen.
»Und jetzt schau ganz schnell weg.«
Ich schaue zum Handschuhfach. Einen Moment lang ist es mit grünen Klecksen bedeckt.
»Cool!«
»Orange und Grün sind Komplementärfarben.«
»Stimmt.«
Unsere Blicke treffen sich und wir schauen schnell wieder nach draußen.
»Also… na ja… ich hoffe, dir gefällt die CD«, sagt Tobey. »Ich habe auch You Are The Everything von Green draufgebrannt, das hat dir doch so gut gefallen… ein bisschen was von Journey und von James Taylor… genau und der Song von Led Zeppelin, den du so mochtest.«
»Super.« Unglaublich: Tobey merkt sich einfach alles. »Danke.«
Plötzlich fühle ich mich wahnsinnig stark zu ihm hingezogen. Als Tobey mich küsst, entsteht in meinem Nacken ein Kribbeln, das nach und nach meinen gesamten Körper erfasst. Mein Kopf schaltet sich aus.
»Sollen wir uns auf die Rückbank setzen?«, fragt Tobey.
»Okay.« Es macht mir überhaupt nichts aus, dass an diesem Dezembertag die Temperaturen eisig sind.
Wir klettern nach
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