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Fallkraut

Fallkraut

Titel: Fallkraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucette ter Borg
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drücken und rollen, bis der Teig nicht mehr an meiner Hand kleben würde, sondern ein schönes trockenes, lockeres Stück auf der Anrichte läge, das nur noch die Form anzunehmen brauchte, die Gott im Himmel dafür ausgeknobelt hat. Ich würde den Ofen anheizen und die Springform hineinschieben. Ich würde jeden von dem herrlichen Kuchen kosten lassen, den ich gebacken hatte.
    Als Karel in der Hochzeitsnacht neben mir ins Bett kroch, mich küsste, das Band von meinem Nachthemd aufknotete und seine Hand auf meine Brust legte, da zitterte ich vor Erregung, und zwischen meinen Beinen war es feucht geworden. Ich und er. Valentine liebt Karel, und Karel liebt Valentine.
    Ich sah mich in einem dreistöckigen Haus aus Stein mit einem Bleiglasfenster in der Eingangstür und einem Wichtelhäuschen für die Briefe, einer Diele mit Wasserklosett und Gästehandtüchern, die ich jeden Tag erneuerte, einem Musikzimmer und einem Salon mit geputztem Silber und Mokkatassen auf einem chinesischen Lacktischchen. Ich sah vor und hinter dem Haus einen Garten mit Flieder, Kletterrosen, Apfelbäumen, Stachelbeersträuchern und Himbeeren, aus denen ich Marmelade machen würde. Ich sah einen dreiteiligen Wäscheschrank mit Stapeln von gestärkten Laken und Bezügen und Säckchen mit getrockneten Rosenblättern darauf. Ich sah mich umherlaufen, die Sonne in den Augen und immer mit etwas beschäftigt, denn es würden Kinder kommen. Die Kinder würden um mich herumwirbeln, und ich würde ihre aufgeschlagenen Knie und Schürfwunden wegküssen mit selbstgebackenen Keksen und warmer Milch mit Honig.
    Ich sah Karel. Wenn er aus dem Rathaus nach Hause kam und um die Ecke der Noorderhagen bog, würde er seinen Schritt beschleunigen. Und ich würde die Treppe hinunterrennen, die Haustür öffnen, seine Hand würde meine umfassen. »Allerliebster, da bist du ja endlich. Komm schnell rein. Weißt du, wie sehr ich dich vermisst habe?«
    So träumte ich, dass die Jahreszeiten einander abwechseln würden. Der Himmel würde manchmal strahlend blau sein, manchmal purpurn, manchmal klebrig grau wie der Schiefer in den Bergen um Sonnenberg. Aber das Haus, die Möbel, das Geschirr in den Schränken, die Stämme der Bäume und die Blätter der Pflanzen im Garten, alles würde in das Licht getaucht sein, das der liebe Gott aus dem Himmel auf mich herniederscheinen ließ. In diesem Bewusstsein schloss ich die Augen, spreizte die Beine und machte ein Kind.
    Ach, Karlchen.
    Ich spürte, wie die Maschine ruckte. Ich klammerte mich an Karels Jacke fest, lehnte mich zur Seite und sah ihn wie einen Verrückten am Gas drehen. Man hörte ein Stottern, ein heiseres Bellen, und dann standen wir still.
    Â»Verdammt.«
    Karel riss am Lenker, stieg vom Motorrad, so schnell, dass ich beinahe gestürzt wäre.
    Â»Stimmt was nicht, Liebling?« Ich kletterte vom Sozius.
    Â»Kein Benzin«, schnauzte Karel.
    Â»Aber ich habe dir doch eben noch gesagt …«, begann ich.
    Karel zerrte sich die Motorradbrille vom Kopf und feuerte sie in meine Richtung.
    Â»Verdammt«, fluchte er wieder.
    Warum so fluchen? Was machte das schon? Wir waren doch zusammen? Er liebte mich, und ich liebte ihn? Selbst wenn dieses Motorrad auseinandergefallen wäre, wir würden einen Platz zum Übernachten finden, einen Teller mit Essen. Wir konnten überall feiern.
    Ich versuchte, die Motorradbrille zu fangen, verfehlte sie aber.
    Tauchen, das konnte ich. Beim Schwimmen durchschnitt ich das Wasser wie ein Fleischmesser das Rinderfilet, doch wenn ich fangen musste, hatte ich immer Seife an den Händen. Vorsichtig ging ich die Böschung hinunter, zu der Stelle neben dem Graben, wo die Brille gelandet war. Mich schauderte, als ich das hohe, nasse Gras mit Spinnweben, schleimigen Schnecken und Gott weiß was für ekligen Dingen an meinen Beinen kleben spürte. Behutsam ergriff ich die Brille, die voller Matsch war.
    Â»Ver-dammt!«, hörte ich noch einmal hinter mir.
    Karel war zu einem Kilometerstein gelaufen und trat ihn um.
    Â»Verdammt.«
    Er ging um das Motorrad herum, zog den Koffer vom Gepäckträger, schmiss alles auf die Straße. Gurte rissen. Unterröcke, Unterhosen, eine Dose Talkpuder, ein Lippenstift und ein Puderdöschen rollten umher. Adern schwollen an Karels Hals, genau wie in der Nacht zuvor. Aber jetzt streichelten seine Hände nicht,

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