Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
etwas von einem guten Zeitpunkt erwähnt. Ist irgendetwas los?«, fragte ich, während ich mein Brot auseinanderbrach. Schwarzbrot natürlich, und es schien mindestens eine Woche alt zu sein.
»Warum nimmst du an, dass irgendetwas los ist?«, fragte Kinta und langte mit dem Appetit eines Kriegers zu.
Ich lächelte. »Du scheinst dich wirklich zu freuen, mich zu sehen.«
Kinta ist eine stattliche blonde Hünin, die lieber Leder als Stoff trägt, selbst in dem milden Klima von Torlenien. Es wundert mich nicht, dass sie in Euren Tarotkarten als Krieger dargestellt ist. Ich betrachte mich selbst als äußerst fähigen Schwertkämpfer, aber ich bin nie gegen Kinta angetreten, was ich für eine kluge Entscheidung halte, weil ich nicht weiß, wer gewinnen würde.
Brynden runzelte auf meine Frage hin die Stirn. »Es sind üble Dinge im Gang, Cayal. Es geziemt sich für uns, einzugreifen, um die Sterblichen dieser Welt von der Tyrannei unserer skrupellosen Genossen zu befreien.«
Ich zwang mich, nicht zu lächeln. In all den Jahren, die ich ihn kenne, hat sich Bryndens blumige Redeweise kein bisschen geändert. Krydence und Rance ziehen ihn von jeher erbarmungslos damit auf. Ich schätze, das war der Hauptgrund, warum sich Brynden gegen den Kaiser und die Kaiserin der Fünf Reiche und ihre unausstehlichen Nachkommen stellte.
»Was er meint, ist, dass Engarhod und Syrolee wieder umtriebig sind«, erläuterte Lukys, der über den Tisch nach dem Weinkrug langte.
»Was haben sie diesmal getan?«
»Sic erschaffen Crasii«, erklärte Kinta wenig hilfreich.
Ich sah sie verständnislos an. »Was ist Crasii?«
»Gekreuzte Geschöpfe«, antwortete Medwen, und ihre Verbitterung überraschte mich.
Schwarzhaarig und dunkelhäutig, wie sie ist, sieht Medwen nicht älter aus als die siebzehn Jahre, die sie war, als Krydence sie ins ewige Leben gezündelt hat. Sie war im Palast von Magreth tätig, als sie Krydence ins Auge fiel, Hunderte von Jahren, ehe ich unsterblich gemacht wurde. Ihre Affäre dauerte etwas länger als ein Jahr, erzählte sie mir einmal. Dann erwischte Ambria ihren Ehemann mit dem jungen Dienstmädchen im Bett und verlangte, dass er sich von ihr trennte. Krydence versicherte Ambria, dass er das tun würde, dann setzte er mit süßen Worten und ziemlich arglistiger Absicht Medwen in Brand. Er hatte ihr Unsterblichkeit versprochen, aber eigentlich erwartet, dass sie starb.
Es ist umstritten, wer von ihnen entsetzter war, als sie es überlebte – Krydence, Ambria oder Medwen selbst. Seitdem Heß sie sich treiben wie ich und war an keinem Ort länger sesshaft als ein oder zwei Dekaden.
»Gekreuzt mit was?«, fragte ich. Es ging eine unsagbare Traurigkeit von Medwen aus, die ich ziemlich verstörend fand.
»Menschen«, klärte mich Lukys auf, bevor Medwen antworten konnte.
Ich starrte sie alle an, nicht sicher, ob sie sich einen Scherz mit mir erlaubten. »Wie ist das möglich?«
Es war Brynden, der darauf antwortete. »Soweit sich das sagen lässt, nehmen sie eine menschliche Frau, lassen sie von einem Unsterblichen schwängern, und wenn der Fötus sich genügend entwickelt hat, stoßen sie einen tierischen Fötus durch die Zellwand ihrer Gebärmutter, erzwingen eine magische Verschmelzung mit dem Kind und erschaffen ein halb menschliches, halb tierisches Lebewesen, das sie als Sklaven missbrauchen können. Wie es scheint, setzen sich die Sprösslinge des Kaisers mit großem Eifer für ihre neue Rolle als Beschäler der Crasii-Farmen ein.«
Blind für Medwens Schmerz schnitt ich eine Grimasse und zwinkerte ihr zu. »Bei den Gezeiten! Ich frage mich, was für die armen Mädchen schlimmer ist: ein Untier zur Welt zu bringen oder mit Krydene zu schlafen.«
Lukys lächelte schmallippig und fütterte Coron mit Resten, aber Kinta war nicht amüsiert. »Daran ist absolut nichts Freiwilliges, Cayal. Das ist organisierte Vergewaltigung mit dem ausdrücklichen Vorsatz, die menschliche Rasse zu verunreinigen, um eine Unterart von Sklaven zu erschaffen.«
Die Stille, die auf Kintas Erklärung folgte, war angespannt. Sie ist eine beeindruckende Frau, ebenso hellhäutig wie Brynden. Ihre Augen sind eisblau und ihr blondes Haar so hell, dass es beinahe weiß aussieht. Sie kann sehr einschüchternd wirken, wenn sie will, und dies war so ein Augenblick. Ich schaute mich in der Runde um und runzelte die Stirn. »Und was erwartet ihr dabei von mir?«
»Wir möchten, dass du nach Tenatien fährst und herausfindest, was da
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