Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Weil er eine Hausratte hat? Oder weil er unsterbliche Lakaien haben will, so ähnlich wie Syrolee und Engarhod ihre Armee von Katzen-Crasii?«
»Lukys kümmert sich nur um seine Astrologie«, widersprach ich. »Er will uns nicht beherrschen.«
»Er sucht einen Weg, die Sterne zu erreichen«, erinnerte sie mich. »Er will sie nicht nur studieren. Irgendwann findet er diesen Weg, und dann sind wir nicht länger seinesgleichen, denn während Tryan und Jaxyn und der Rest von euch mit mehr Macht als Verstand Amyrantha in eine verheerende Katastrophe stürzt, um sich zu amüsieren, richtet Lukys die Planeten neu aus, wie es ihm gefällt. Und keiner von uns wird das Wissen oder die Fähigkeit haben, ihn daran zu hindern.«
Ich legte zärtlich meinen Arm um sie und beugte meinen Kopf, um sie auf die Stirn zu küssen. »Was redest du da, Medwen? Soll ich Rance und dein Kind vergessen und stattdessen versuchen, Lukys und seine erbärmliche Ratte niederzuwerfen?«
Sie schüttelte seufzend den Kopf. »Nein. Ich bin mir nicht sicher, was ich sagen will. Ich glaube einfach, dass wir alle zu viel Wert auf Lukys' Meinung legen.«
»Ich werde deine Warnung im Gedächtnis behalten, wenn ich demnächst mit ihm spreche, meine Dame.«
»Jetzt behandelst du mich herablassend.«
»Verzeih mir.«
»Nein, das tue ich nicht.« Nach einer Weile drehte sie sich wieder um und sah mich mit grimmiger Miene an. »Bring mir mein Baby zurück, Cayal.«
»Wenn ich kann.«
»Wenn du es nicht kannst, wirst du Rance dafür bestrafen?«
»Es wird mir ein Vergnügen sein.«
»Wie?«
»Ich habe nicht die leiseste Ahnung.«
»Er nahm mir mein Baby, Cayal.«
»Ich weiß.«
»Er muss dafür büßen.«
»Ich werde ihn dafür büßen lassen«, versprach ich und versuchte, über ihren Forderungen nicht ungehalten zu werden. Ich wusste, dass Medwen litt, aber sie suhlte sich ein bisschen zu sehr in ihrem Schmerz. Bei den Gezeiten, es ist elf Jahre her, komm darüber weg, beklagte sich eine mitleidlose Stimme in meinem Kopf.
Ich sagte jedoch nichts davon laut. Bald darauflegte Medwen ihren Kopf wieder auf meine Brust, und ihr Haar kitzelte meine Nase. Sie war eine Zeit lang still – so lange, dass ich annahm, sie wäre eingeschlafen. Als sie schließlich sprach, machte mich ihre Frage fassungslos.
»Cayal, wünschst du dir manchmal, du könntest sterben?«, fragte sie leise in der Dunkelheit.
Ich zögerte, bevor ich antwortete. »Ich habe darüber noch nie richtig nachgedacht.«
»Ich auch nicht. Nicht, bis Rance mir mein Baby wegnahm.«
Darauf gab es nichts zu sagen, also sagte ich nichts. Aber es brachte mich ins Grübeln, als ich da in der eisigen Dunkelheit lag, Medwens Körper an meinen geschmiegt, und ihr tiefer, gleichmäßiger Atem mich einschläferte.
Es war das erste Mal, dass ich mich diesem Gedanken stellen musste: Wenn ich jemals wirklich sterben wollte, würde ich ein ziemlich ernstes Problem haben.
42
Der Morgen dämmerte bereits, als Cayal seine Geschichte beendete. Das Feuer war bis auf die Glut heruntergebrannt. Sowohl Arkady als auch die Crasii hatten gebannt seiner Erzählung gelauscht und den bitterkalten Wind, der durch die Berge heulte, nicht mehr wahrgenommen.
Chikita brach das Schweigen mit vor Ehrfurcht ergriffener Stimme. »Ihr habt mit der Mutter gesprochen, Herr?«
Cayal nickte. »Wem, Elyssa? Natürlich.«
Arkady sah Chikita überrascht an und versuchte sich zu sammeln. Sie hatte schon viele Male gehört, wie die Crasii sich auf ›die Mutter‹ bezogen. Doch die Identität der Göttin, die die Crasii als ihre Schöpferin ansahen, gehörte zu ihren bestgehüteten Geheimnissen, die sie mit niemandem teilten; auch nicht mit einer so vertrauten Uneingeweihten wie Arkady. Angesichts einer so bedeutsamen Enthüllung war sie irritiert, als sie merkte, dass sie Mühe hatte, sich zu konzentrieren. Es fiel ihr jedoch ausgesprochen schwer, das Bild von Medwen zu vertreiben, wie sie neben Cayal lag und mit ihrem Kopf auf seiner nackten Brust schlief.
»Habt Ihr s getan?« Arkady musste einfach fragen.
»Was getan?«
»Medwens Kind gefunden.«
Cayal zögerte und zuckte mit den Schultern. »Nicht direkt.«
Er lehnte sich nach vorn und stocherte in der glimmenden Asche des erlöschenden Feuers. Es war unmöglich, in der Dunkelheit seinen Gesichtsausdruck zu deuten, aber sie spürte seinen Widerwillen, weiterzusprechen. »Arkady, wenn ich eins gelernt habe, seit ich unsterblich wurde, dann dies: Es ist
Weitere Kostenlose Bücher