Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
beiden sexuelle Lust hatte riechen können, ließ er weg, hauptsächlich, weil er Shalimar nicht auf falsche Gedanken bringen wollte. Lady Desean hatte sich niemals unkorrekt verhalten, während sie Cayal befragte, und Warlock nichts als Respekt erwiesen. Und dann hatte sie ihn freigelassen. Er schuldete ihr etwas. Das Mindeste, was er tun konnte, war, anderen nicht den Eindruck zu vermitteln, dass sie mit einem Gezeitenfürsten unter einer Decke steckte.
»Glaubst du, dass Jaxyn sie geschickt hat?«, fragte Shalimar.
»Was wollt Ihr damit andeuten?«
»Jaxyn wohnt doch im Palast«, erinnerte Boots ihn. »Hat sich vor fast einem Jahr dort einquartiert. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass es nichts als reiner Zufall ist, wenn Cayal plötzlich ebenfalls in Glaeba auftaucht und Lady Desean ihn regelmäßig im Kerker aufsucht?«
»Lady Descan glaubt überhaupt nicht, dass es die Gezeitenfürsten gibt«, wandte Warlock ein. »Sie ist ein Mensch. Schlimmer, sie ist Historikerin. Sie glaubt, wir sind eine Laune der Natur; und dass die Menschen mit ihrer erbärmlichen Theorie der menschlichen Evolution eine einleuchtende Erklärung für unsere Existenz haben. Glaubt mir, Arkady Descan kam nicht, um herauszufinden, ob Cayal wirklich der unsterbliche Prinz ist. Sie kam, um zu beweisen, dass er ein Lügner ist, ein Spion aus Caelum oder etwas in der Art. Sie war mit Sicherheit nicht da, um ihm zu helfen.«
»Wenn sie Jaxyns Agentin wäre«, korrigierte Shalimar, »würde sie Cayal nicht helfen, sie würde sich alle Mühe geben, ihn leiden zu lassen. Der unsterbliche Prinz und der Fürst der Askese haben nichts füreinander übrig.«
»Meinst du, sie wissen voneinander?«, fragte Boots Shalimar.
Er wiegte den Kopf. »Cayal wird nicht wissen, dass Jaxyn in der Nähe ist, aber ich würde meinen linken Fuß verwetten, dass Jaxyn von Cayal weiß.« Er seufzte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Es ist schade, dass wir keine Möglichkeit haben, zu erfahren, was innerhalb der Mauern des Palastes vor sich geht, seit Boots von dort weggegangen ist.«
»Wenigstens haben wir Ebbe«, stellte sie klar. »Ich meine, wie viel Schaden können sie da schon anrichten?«
»Nicht viel«, pflichtete Shalimar ihr bei. »Aber die Gezeiten wechseln bald. Wir haben nicht mehr viel Zeit, dann werden sie alle wieder rastlos.« Er warf einen Blick zur Uhr auf dem Kaminsims und schüttelte den Kopf. »Bei den Gezeiten! Ist es schon so spät?«
Warlock starrte Shalimar erschrocken an. »Ihr könnt die Gezeiten fühlen?«
Der alte Mann zuckte die Achseln und stand auf, aber er stritt es nicht ab. »Ich sehe dich doch wieder, oder?«
Warlock war zu fassungslos, um zu bemerken, dass sie hinauskomplimentiert wurden. »Dann seid Ihr das Kind eines Unsterblichen?«
»Wahrscheinlich.«
»Von welchem?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Shalimar und ging zur Tür. »Ich wuchs in einem Bordell auf. Meine Mutter war vermutlich eine Hure, was bedeutet, dass sie nicht wusste, welcher ihrer Kunden mich gezeugt hat. Sie hat sicherlich nicht alle geprüft, um zu sehen, ob sie unsterblich waren.«
»Aber … das ist …«, setzte Warlock an, sprachlos vor Entsetzen, wie gleichgültig der alte Mann sein Erbe hinnahm. »Habt Ihr nie versucht, herauszufinden, wer er war?«
»Zu welchem Zweck? Einer ist so verdorben wie der andere. Die Wahrheit ist, es kümmert mich nicht, welcher von ihnen es war. Komm wieder und besuch mich.«
Obwohl Boots ihn in Richtung Tür schob, war Warlock noch nicht bereit, das auf sich beruhen zu lassen. »Also könnten Jaxyn oder Cayal Euer Vater sein?«
»Oder Tryan«, stimmte Shalimar zu. »Oder Lukys. Oder Brynden. Sogar Pellys. Wie gesagt, es macht für mich keinen Unterschied. Wollen wir sagen, morgen um dieselbe Zeit?«
Boots packte Warlock am Arm und zog ziemlich kräftig daran, um ihn ins Treppenhaus zu bekommen. Aber dies war zu wichtig. »Ist das der Grund, warum Ihr Arks helft?«
Shalimar lächelte. »Nenn es meinen kümmerlichen Versuch, dem Scheusal, das mich gezeugt hat, eine lange Nase zu drehen.«
Das war ein Motiv, das Warlock verstehen, sogar nachempfinden konnte. Er machte sich von Boots los und musterte Shalimar in dem gedämpften Licht des engen Treppenhauses. »Und Ihr sagt, die Gezeiten wechseln bald?«
Der alte Mann nickte. »Ich kann schon seit meiner Kindheit fühlen, dass die Flut zurückkommt. Es wird jetzt nicht mehr lange dauern. Und es wird kräftig scheppern.«
»Wie könnt Ihr das
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