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Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz

Titel: Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Fallon
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Mann war einfach nicht fähig, sie mit dem Titel anzureden, den sie sich verdient hatte. Wie so oft war nur ihr ehelicher Titel maßgeblich für ihn, und das ärgerte sie. Aber sie sagte nichts, sondern folgte Timms und Flanel die ausgetretenen steinernen Stufen hinauf. Die dicken Mauern, vom Regen zu einem noch düstereren Grauton verdunkelt, ragten so bedrohlich um sie auf, dass sie Beklemmungen bekam. Es war, als hätten die Architekten das Gebäude absichtlich so erbaut, dass es jedem, der hier eintrat, alle Hoffnung nahm.
    Vor ihnen öffnete ein Wärter eine schwere, eisenbeschlagene Tür. Dahinter erstreckte sich ein Korridor wie ein gähnender Schlund. Arkady konnte förmlich spüren, wie ihr daraus das Elend entgegenschlug. Sie wusste, dass sie töricht war, dass die Dunkelheit des Kerkers von Lebec ihr nichts anhaben konnte. Dennoch zögerte sie kurz, bevor sie ihren Fuß über die Schwelle setzte.
    Einst hatte ihr Vater diese Schwelle überschritten und war nie zurückgekehrt.
    »Frau Doktor? Alles in Ordnung?«, fragte einer ihrer Begleiter.
    »Bestens«, versicherte sie ihm. Sie holte tief Luft und folgte den Männern hinein.
    Der Rückfälligentrakt befand sich im vierten Stock des Gefängnisses von Lebec. Um dorthin zu gelangen, musste Arkady eine kalte, steile, enge Wendeltreppe erklimmen und dann eine unaufgeräumte Wachstube durchqueren. Dahinter erstreckte sich ein weiterer Gang, der etwa fünfzig Fuß hinter dem Wachraum rechtwinklig abbog und in einen langen Korridor mit offenen, vergitterten Zellen auf beiden Seiten mündete. Es waren ein Dutzend Zellen, sechs auf jeder Seite.
    Enge kleine Gitterluken ließen etwas Tageslicht herein. Die Fenster waren zu schmal, als dass ein Mann hindurchkriechen konnte. Der diffuse Lichtschein reichte eben, um die Zelleninsassen auszumachen, milderte aber nicht ihre unnatürliche Blässe.
    Die Gefangenen starrten sie an, manche mit unverhohlener Neugier, andere vollkommen apathisch. Allesamt waren sie in einem jämmerlichen Zustand. Arkady verhärtete ihr Herz gegen die Misere. Es musste im Gefängnis von Lebec auch Männer geben, die weniger renitent waren, aber hier oben im Rückfälligentrakt endeten wirklich nur Sträflinge, deren Vergangenheit strotzte vor Leiden, die sie anderen zugefügt hatten.
    »Kommen die Gefangenen jemals an die frische Luft?«, fragte sie, als sie langsam an den Zellen entlangging.
    »Die hier nicht, Frau Doktor«, erwiderte Flanel.
    »Nicht einmal für etwas Bewegung?«
    »Wozu soll das denn gut sein?«, fragte Timms. Er klang ehrlich erstaunt über Arkadys Frage.
    Sie wappnete sich innerlich, als sie sich den letzten beiden Zellen am Ende des Traktes näherten. Beide waren belegt. Der Sträfling zur Linken war ein Crasii, ein riesenhafter Canide. Er sah so stark und gefährlich aus, als sollte man ihm besser auch noch einen Maulkorb anlegen. Physisch schien ihn seine Haft nicht zu beeinträchtigen. Der Hüne beäugte sie neugierig, machte aber keine drohenden Gesten.
    In der Zelle zur Rechten befand sich also, wie Arkady schlussfolgerte, der selbst ernannte Gezeitenmagier Kyle Lakesh.
    Flankiert von ihren Begleitern blieb sie vor dem Gitter stehen und sah, dass der junge Mann schlummerte. Timms schlug kräftig mit seinem Knüppel gegen die Stangen, und der Gefangene fuhr hoch. Er setzte sich auf und starrte Arkady seltsam an, fast als wäre er entsetzt, sie zu sehen, oder aber verwirrt. Wieder schlug Timms gegen die Eisenstäbe. Der Gefangene runzelte die Stirn und rieb sich die Augen, dann blinzelte er den letzten Schlaf beiseite und stand auf. Er war größer, als Arkady erwartet hatte, glatt rasiert, mit struppigem dunklem Haar. Aber seine Augen waren bemerkenswert, von einem klaren, stechenden Blau, das ihm einen erschreckend durchdringenden Blick verlieh.
    »Sieh mal an«, bemerkte der Gefangene und musterte sie mit einem anzüglichen Lächeln von oben bis unten. »Historiker sind anscheinend auch nicht mehr das, was sie mal waren …«
    Erneut schlug Timms gegen die eisernen Gitterstangen, sodass Arkady zusammenfuhr.
    »Pass bloß auf, du Dreckskerl, bleib ja schön höflich.«
    »Was wollt Ihr sonst machen?«, spöttelte der Gefangene. »Mich umbringen? Haben wir schon probiert. Geht nicht.«
    »Weil Ihr unsterblich seid?«, fragte Arkady. Sie wollte wissen, ob der Mann bei seiner Aussage blieb, wenn er sich mit fundierter Skepsis konfrontiert sah. Declan nahm ihm seine abenteuerliche Behauptung ebenso wenig ab wie sie,

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