Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
Bemerkung. »Bestimmt würde der Crasii einsehen, dass der Mann ein Schwindler ist, wenn er selbst erlebt, wie ich seine Lügen aufdecke.«
»Vorausgesetzt, dass Euch das überhaupt gelingt«, gab Declan zurück.
»Wenn Ihr mir das nicht zutraut, Declan, dann ist meine Arbeit hier getan. Offenbar braucht Ihr mich nicht. Ich danke Euch für den Tee, Kerkermeister.«
Arkady stand auf, stellte ihre Tasse auf dem Schreibtisch ab und wandte sich zur Tür. Nach nur zwei Schritten hielt Declan sie auf.
»Arkady … bitte.«
Sie sah zu ihm zurück, überrascht, dass er sie in Gegenwart des Kerkermeisters mit ihrem Vornamen ansprach. »Oh, also braucht Ihr meine Hilfe doch?«
»Ihr wisst, dass wir Euch brauchen. Von dieser Angelegenheit wissen schon zu viele.«
»Dann lasst mich Euch helfen. Auf meine Art.«
»Aber könnt Ihr ihn denn entlarven?«
In der Hoffnung, dass sie erheblich selbstsicherer wirkte, als sie sich fühlte, nickte Arkady. »Sofern er nicht wirklich ein Gezeitenmagier ist, glaube ich, dass ich das schaffe.«
Declan Hawkes zögerte. Doch schließlich nickte er und wandte sich an den Kerkermeister. »Gebt Doktor Desean, was sie benötigt, was auch immer sie verlangt.«
Der Kerkermeister nickte. »Wie Ihr wünscht, Master Hawkes.«
Sie verließen das Gefängnis zusammen. Declan nahm sich noch die Zeit, Arkady in ihre Kalesche zu helfen, bevor er selbst sein Pferd bestieg.
»Enttäusche mich nicht, Arkady«, warnte er, als sie sich zurechtsetzte.
»Behandle mich nicht so von oben herab, Declan«, antwortete sie ungeduldig.
Er schien von ihrer Erwiderung eher belustigt als verstimmt. »Du siehst übrigens sehr gut aus«, bemerkte er, als er die Tür der Kalesche schloss. »Das wollte ich dir schon gestern Abend sagen, aber ich war mir nicht sicher, was dein Gemahl davon halten würde. Fürstin zu sein bekommt dir offenbar.«
»Du scheinst ja auch nicht am Hungertuch zu nagen«, entgegnete Arkady aus dem offenen Kutschenfenster.
Er lächelte sie an wie früher, als sie beide als Kinder zusammen in den Gassen der Elendsviertel von Lebec auf Unfug aus waren. »Für ein paar Slumratten haben wir es beide gut getroffen, du und ich.«
»Heißt das, du hast mir verziehen?« Sie sah ihn neugierig an. »Dass ich … wie hast du’s noch genannt? Ach ja … dass ich mich für ein Vermögen und einen nutzlosen Titel zur Hure gemacht habe?«
Er schüttelte ein wenig zerknirscht den Kopf. »Das wirst du mir wohl für den Rest meines Lebens vorhalten, oder?«
»Zumindest noch ein Weilchen«, bestätigte sie.
»Er scheint dich ja sehr gern zu haben«, räumte ihr alter Freund widerwillig ein.
»Wer? Stellan? Wie kommst du drauf, dass mein Gemahl mich nicht gern haben könnte, Declan? Bei den Gezeiten, du denkst doch nicht, dass er mich wegen meiner üppigen Mitgift genommen hat?«
»Darüber mache ich mir immer noch Gedanken.«
»Nun, gut zu wissen, dass der Erste Spion des Königs seine knapp bemessene Zeit sinnvoll verwendet. Warum kannst du nicht einfach glauben, Declan, dass Stellan mich aus Liebe geheiratet hat?«
»Der Hochadel von Glaeba heiratet grundsätzlich zum finanziellen oder politischen Vorteil. Du hast ihm keines von beidem eingebracht.« Er lächelte sie an. »Ich bin von Natur aus misstrauisch, Arkady. Das weißt du doch.«
Sie musterte ihn scharf und eingehend und dachte, dass er da beileibe nicht der Einzige war. Argwohn war eine Art sechster Sinn, den man in den Elendsvierteln entwickelte, wenn man überleben wollte. »Warum hast du mich wirklich hergebeten, Declan?«
»Du kennst dich besser mit den Mythen der Crasii aus als jeder andere, den ich kenne.«
»Noch besser als du selbst?«
»Was meinst du damit?«
»Du hast gewusst, was ein Suzerain ist«, sagte sie. »Brauchst du wirklich meine Hilfe, um mit diesem Mann fertig zu werden?«
Einen Moment lang schwieg er, dann zuckte er die Schultern. »Willst du eine ehrliche Antwort hören?«
»Nein, Declan. Ich hatte gehofft, du würdest mich anlügen.«
Er lehnte sich etwas näher zu ihr. »Ich kann nicht hier in Lebec bleiben. Ich muss nach Herino zurück. Um die Wahrheit zu sagen, sollte ich eigentlich gar nicht hier sein. Für diese Angelegenheit ist die Provinz zuständig, nicht die Krone. Ich wollte, dass du uns hilfst, weil du vertraut bist mit den Legenden der Crasii, weil ich dir vertraue und weil ich vermute, dass Kyle Lakesh einer schönen Frau andere Dinge erzählt als einem männlichen Vernehmer. Dir gegenüber
Weitere Kostenlose Bücher