Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 1 - Der unsterbliche Prinz
wird er vielleicht eher unvorsichtig.«
Seine Antwort klang einleuchtend. Und überraschte sie nicht. Sie hatte sich schon lange daran gewöhnt, dass Declan Hawkes nicht davor zurückschreckte, andere Menschen wie Schachfiguren zu benutzen, um seine Ziele zu erreichen, einschließlich seiner besten Freunde. Interessant war auch, fand sie, dass Declan sie für schön hielt. Er hatte bis heute noch nie eine Bemerkung zu ihrem Aussehen gemacht, und sie kannte ihn, seit sie acht Jahre alt war.
»Du kleidest dich heutzutage besser, Declan, trotzdem bist du immer noch derselbe Ränkeschmied wie in den Tagen meiner Kindheit.«
Er grinste. »Das sagst du so, als wäre es etwas Schlechtes.«
Sie sah ihn mit einem Stirnrunzeln an. »Ich werde dir helfen, Declan, aber du musst auch etwas für mich tun.«
»Was immer du willst.«
»Lass meinen Gemahl in Frieden.«
Declan betrachtete sie neugierig. »Ist er in etwas verwickelt, das mich interessieren sollte?«
»Was auch immer du denkst, weswegen ich Stellan Desean geheiratet habe – er ist ein guter Mann. Ich will nicht, dass du etwas tust, das sein Ansehen beim König trüben könnte.«
Declans Lächeln schwand. »Solange du kinderlos bleibst, Arkady, schafft er das ganz ohne mein Zutun.«
Das war ein Thema, welches sie gewisslich nicht mit Declan Hawkes zu besprechen gedachte, auch wenn er einer ihrer besten Freunde war. »Ich meine es ernst, Declan. Versprich mir, dass du Stellan in Frieden lässt.«
Ohne zu antworten trat er zurück und gab dem Kutscher ein Zeichen. Mit einem Ruck fuhr die Kalesche an und rollte fort von den düsteren Gefängnismauern, um Arkady zurück in ihren goldenen Palast zu bringen. Sie lehnte sich aus dem Fenster, wollte ihn noch einmal sehen, aber Declan hatte sich schon abgewandt, um sein Pferd zu besteigen.
Enttäuscht und doch recht verärgert von seinen Winkelzügen ließ Arkady sich in ihren gepolsterten Sitz sinken. Doch ihre Gedanken verweilten nicht lange bei Declan Hawkes. Als die Kalesche rumpelnd die Gefängnistore hinter sich ließ, merkte Arkady erstaunt: Alles, woran sie denken konnte, war ein strahlend blaues Augenpaar – und das Rätsel, warum ein Crasii einen gewöhnlichen Mörder Suzerain nannte.
Sie überlegte, ob Warlock eigentlich die Bedeutung dieses Wortes klar war.
Lehnsherr. Das war es, was Suzerain bedeutete.
Instinktiv, vielleicht ohne es wirklich zu verstehen, und sei es auch, um ihn zu schmähen, hatte der Crasii namens Warlock Kyle Lakesh als Herrn bezeichnet.
10
Jaxyn Aranville langweilte sich. Und wenn er sich langweilte, kam er immer auf dumme Gedanken. Das wusste er selbst, und auch wenn er sich früher manchmal sehnlichst gewünscht hatte, dass es anders wäre – er konnte einfach nichts dagegen tun.
Dass er sich langweilte, war Stellans Schuld. Der war aus geschäftlichen Gründen in die Hauptstadt berufen worden, es hatte irgendetwas mit dem König zu tun. Das war eben das Dumme daran, ein Cousin des Königs zu sein, und ein besonders Unabkömmlicher dazu. Stellan war ein Friedensstifter, der geborene Diplomat. Immer wenn es ein Problem gab, ließ König Enteny seinen Cousin Stellan Desean rufen, damit er es für ihn aus der Welt schaffte.
Somit war Stellan auf dem Weg nach Herino, und Jaxyn hockte hier in Lebec herum, mit niemandem zur Gesellschaft außer Stellans Nichte und seiner fürchterlich intelligenten Gemahlin.
Glücklicherweise weilte die fürchterlich intelligente Gemahlin derzeit außer Haus. Somit blieb nur Kylia zu seiner Unterhaltung.
Und sie war durchaus unterhaltsam für ihn. Aus Gründen, die im Palast niemand auch nur erahnen konnte, nahm Jaxyn großen Anteil an den Possen von Kylia Debrell.
Sie weilte jetzt seit etwa einem Monat im Palast. Ohne Vorankündigung war sie hereingeschneit und hatte verkündet, sie sei des Kollegs für junge Damen, wo Stellan sie im zarten Alter von knapp zwölf Jahren abgegeben hatte, nun überdrüssig. Anscheinend war sie inzwischen alt genug, um ihm nicht mehr sklavisch gehorchen zu müssen. Jetzt war sie auf Vergnügen aus. Arkady hatte Stellan überredet, sie einstweilen in Lebec bleiben zu lassen, statt sie umstandslos zurückzuschicken -was Jaxyns Rat zur Lage gewesen war. Also harten sie das Mädchen nun am Hals. Jaxyn hatte sich mit ihrer Anwesenheit abgefunden, und zur gewaltigen Erleichterung ihres Onkels hatte sie bislang nicht näher hinterfragt, weshalb Jaxyn, dessen Rang als Verwalter der fürstlichen Zwinger nicht
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