Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
trug, den sie sich von Tiji geborgt hatte.
»Ich bin ... war ...«
»Das ist ein Ort irgendwo in Glaeba, nehme ich an?«
Sie nickte. »Es liegt ungefähr sechzig Meilen nördlich von Herino.«
»Das Schreiben der kaiserlichen Gemahlin an den Fürsten der Vergeltung ist zwar beruhigend inbrünstig und fromm, scheint jedoch fälschlicherweise davon auszugehen, dass Lord Brynden hier in der Abtei lebt .«
Arkady sah ihn bestürzt an. »Soll das heißen, er ist nicht hier?«
Der Mönch lächelte. »Ich denke, seine Gegenwart wäre wohl jemandem von uns aufgefallen.«
»Aber ... Kinta hat gesagt...«
»Kinta?« Der Mönch lächelte. »Euer Glaube ist bewundernswert, Mylady, insbesondere wenn man bedenkt, dass Ihr Glaebanerin seid, aber Ihr seid leider falsch informiert. Sie ist ganz gewiss nicht die Gemahlin unseres Kaisers. Falls diese Lady Kinta sich in Torlenien aufhält, ist uns davon hier nichts bekannt. Und ich kann Euch auch versichern, dass hier in der Abtei kein Unsterblicher lebt.«
»Seid Ihr sicher?«
Der Abt lächelte heiter. »Der Weg der Gezeiten lehrt die Menschen, ehrenhaft und genügsam zu leben, Mylady. Das ist an einem Ort wie diesem nicht allzu schwer, aber noch kein zuverlässiges Kriterium für die Stärke eines Kriegers. Niemand bleibt länger als zehn Jahre an diesem Ort. Diese Zeit wird so genutzt, wie es der Wunsch des Betreffenden ist, und er lernt die Liturgie der Gezeiten, aber danach muss ein jeder in die Zivilisation zurückkehren und das Gelernte in die Praxis umsetzen. Lord Brynden könnte sich also gar nicht hier verbergen, selbst wenn er sich als einer der Unsrigen ausgeben würde, denn ich kann mich dafür verbürgen, dass hier noch niemand länger als eine Dekade geblieben ist.«
Arkady schüttelte den Kopf. Sie konnte nicht begreifen, dass sie den ganzen Weg umsonst gemacht haben sollte. Oder dass Kinta sie auf ein so fruchtloses Unterfangen ausgeschickt haben sollte. Es ergab keinen Sinn.
»Seid Ihr Euch ganz sicher, dass nicht doch einer Eurer Brüder Brynden ist und sich nur verkleidet hat?«
Der Mönch lächelte noch breiter. »Ihr denkt, der Fürst der Vergeltung würde sich unter seinen Anhängern verstecken? Oder dass wir nicht in der Lage wären, ihn zu erkennen? Also wirklich, Mylady. Ihr müsst uns allesamt für Dummköpfe halten.«
Nein, erwiderte sie im Stillen, ich glaube, dass die Unsterblichen schlauer sind, als Ihr denkt, und ziemlich gut darin, sich zu verstecken, wenn sie nicht gefunden werden wollen. Arkady wünschte, sie könnte mit Sicherheit beurteilen, ob er über Bryndens Abwesenheit die Wahrheit sagte. Sein gelegentliches Stocken mochte ganz einfach daran liegen, dass er mit ihrer Sprache nicht so vertraut war, aber genauso gut konnte es sein, dass er mit Bedacht ausweichende Antworten gab.
»Ich überbringe einen Brief von der kaiserlichen Gemahlin und eine Nachricht vom unsterblichen Prinzen, Bruder. Interessiert Euch das gar nicht?«
Die Augenbrauen des Mönchs hoben sich bei der Erwähnung Cayals. »Ihr habt eine Nachricht vom unsterblichen Prinzen?«
»Würde es denn einen Unterschied machen, wenn ich eine Nachricht von Cayal hätte, da Lord Brynden sowieso nicht hier ist?«
Er schüttelte den Kopf. »Leider nicht, Mylady. Ich kann schwerlich etwas hervorzaubern, was nicht da ist. Nicht für Lady Chintara, und ganz sicher auch nicht für den unsterblichen Prinzen.«
»Dann habe ich also den ganzen Weg umsonst gemacht?«
»Offenbar, Mylady.«
»Ich habe zwei Diener bei mir, die in der Wüste auf mich warten. Einen jungen Mann und eine Crasii. Ich wäre dankbar, wenn ...«
»Ihr bringt kein Crasii an diesen Ort«, schnitt er ihr das Wort ab. Sein heiteres Lächeln war bei der Erwähnung der Crasii von einem Moment auf den anderen verschwunden. »Es sind Missgeburten. Bringt es hierher, und es wird augenblicklich getötet.«
Arkady nickte und war froh, dass sie in Bezug auf Tiji auf Cayals Warnung gehört hatte. »Selbstverständlich nicht, Bruder, ich brauche jedoch etwas Proviant und Ausrüstung für die Rückkehr nach Ramahn.«
»Wenn Ihr das wünscht, obwohl es gewiss schneller und sicherer für Euch wäre, nach Elvere zu reisen. Dem Begleitschreiben war zu entnehmen, dass Ihr Euch in einer gewissen Gefahr durch die Feinde Eures Gemahls befindet. Sie würden allerdings in Ramahn nach Euch suchen, oder nicht?«
»Da habt Ihr recht«, sagte sie zustimmend. »Ich danke Euch für den Hinweis.«
Der Mönch lächelte sie an und hatte
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