Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
Brief enthalten sollte, die ihm besser ein Dritter beibrachte. »Von was für schlechten Nachrichten sprichst du genau?«
»Nichts Konkretes«, sagte sie. »Ich meinte nur so ganz allgemein, dass es manchmal besser ist, jemand erzählt dir schlechte Neuigkeiten, als sie selbst zu lesen. Nichts weiter.«
Er sah sie an und war überhaupt nicht in Stimmung für Tijis Art von Humor. »Hast du eigentlich nichts zu tun?«
»Nichts«, beteuerte die Chamäleon-Crasii kopfschüttelnd. »Ich bin hier, um deine Befehle entgegenzunehmen, oh großer und schrecklicher Erster Spion. Gib mir etwas zu tun - etwas Spionisches.«
»Wie wär's damit, von meinen Tisch zu verschwinden?«
»Ich hatte eigentlich etwas Heldenhafteres im Sinn.«
»Das Leben ist voller Enttäuschungen, Ringel.«
Sie seufzte und entfaltete ihre langen, silbernen Beine, hüpfte vom Schreibtisch und begab sich zu dem hölzernen Lehnstuhl auf der gegenüberliegenden Seite. Declan vertiefte sich in Arkadys Brief. Tiji zappelte eine Weile herum bei dem Versuch, wie ein Mensch auf einem Stuhl zu sitzen. Nach zwanzig Atemzügen faltete sie ihre Beine wieder unter sich. »Deine Liebste schreibt, es ist heiß in Torlenien.«
»Arkady ist nicht meine Liebste«, wiederholte er, ohne von dem Brief aufzublicken.
»Seid ihr beide nicht als Kinder ein Liebespaar gewesen, oder so was Ähnliches?«
»Nein.«
»Aber ihr seid zusammen aufgewachsen, in Lebec, nicht wahr?«
»Das ist allgemein bekannt.«
»So, und wie kommt es, dass sie den reichsten Fürsten von ganz Glaeba geheiratet hat, und du hängst hier rum und machst für ein Trinkgeld die Drecksarbeit des Königs?«
Declan blickte verärgert auf. »Wenn es dir nichts ausmacht, ich habe zu arbeiten.«
»Nicht so viel, wie noch kommen wird«, prophezeite die kleine Crasii.
Declan starrte sie an. »Wovon redest du?«
»Spring mal zu dem Passus, wo deine Freundin von der kaiserlichen Gemahlin berichtet«, riet ihm Tiji.
Declan überflog die Seiten. Die ersten paar Absätze beschäftigten sich mit freundlichen, unwichtigen Floskeln. Es hatte keine Möglichkeit bestanden, Arkady in der kurzen Zeit vor ihrer Abreise noch das Verschlüsseln und Versenden codierter Nachrichten beizubringen, aber er hatte ihr erklärt, dass sie Botschaften, die unerkannt passieren sollten, in banalen Allgemeinplätzen unterbringen sollte, so nebensächlich wie nur möglich. Als Hinweis, dass die folgenden Sätze wichtige Informationen für ihre Suche nach den verbleibenden vermissten Gezeitenfürsten enthielten, hatten sie die Einleitung: Bitte erzähle Onkel Lukys . .. verabredet.
Und tatsächlich, auf der zweiten Seite begann ein Absatz mit der vereinbarten Phrase.
»Bitte erzähle Onkel Lukys«, las Declan laut, »dass ich die kaiserliche Gemahlin kennengelernt habe. Sie stammt eindeutig nicht aus Torlenien (ich bin nicht sicher, woher sie kommt). Die Lady Chintara ist eine bezaubernde, hochgebildete Frau mit Kenntnissen vom Tarot, die Lady Pontings Beschlagenheit Konkurrenz machen können.« Declan setzte sich ein wenig gerader, ein nervöses Gefühl machte sich in seinem Magen breit. »Ihr Wissen über die Gezeitenfürsten ist geradezu enzyklopädisch. Ich glaube, dass sie und Tilly in Verbindung treten sollten. Ich bin sicher, Lady Chintara weiß Dinge über das Tarot, auf die Tilly sehr neugierig wäre ...« Declans Stimme erstarb, und er richtete einen Blick der Verzweiflung auf Tiji. »Gezeiten ... das kann doch nicht wahr sein - nicht jetzt ...«
»Warum nicht?«, fragte Tiji. Sie hatte den Brief schon gelesen und Zeit gehabt, über den ersten Schock von Arkadys Neuigkeiten hinwegzukommen. »Chinta ist die torlenische Aussprache von Kinta. Sie hat das -ra drangehängt, weil Chinta in Torlenien auch ein kleines, stinkendes Nagetier bezeichnet.«
»Ich meine nicht den Namen«, sagte Declan, obwohl Tiji sicherlich recht hatte. »Wenn das stimmt, was macht Kinta als kaiserliche Gemahlin von Torlenien?«
»Wahrscheinlich dasselbe wie der Rest von ihnen. Sie wartet darauf, dass die Flut steigt, damit sie die Weltherrschaft übernehmen kann.« Tiji zuckte die Achseln, als ob sie den Sinn seiner Frage nicht verstünde. »Gezeiten, Declan, warum bist du so überrascht? Wir haben eine Unsterbliche, die mit dem Thronfolger von Glaeba verheiratet ist. Während wir hier reden, durchstreift ein weiterer Gezeitenfürst unseren Palast und gibt vor, ihr bester Freund zu sein, und die Kaiserin über die fünf Reiche lauert darauf, den
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