Fallon, Jennifer - Gezeitenstern Saga 2 - Die Goetter von Amyrantha
die ausweichenden Antworten seines Großvaters gründlich satt. »Dann erzähl mir endlich die ganze Geschichte!«
»Das liegt nicht bei mir.«
»Du bist ein Mitglied der Bruderschaft, Großvater. Schlimmer noch ... du bist eines der rangältesten Mitglieder des Fünferrats. Du hast geschworen, die heilige Überlieferung zu schützen. Und zwar mit jedem bisschen an Information und Wissen, das du finden kannst. Wie lange verheimlichst du schon deine Freundschaft mit Maralyce vor Tilly?«
»Ich habe ihr nichts verheimlicht, das für die Bruderschaft von Bedeutung wäre.«
Bei den Worten seines Großvaters keuchte Declan auf. »Wenn es stimmt, was Maralyce sagt, dann haben sie eine Möglichkeit gefunden, einen Gezeitenfürsten zu Fall zu bringen. Und das soll die Bruderschaft nicht interessieren?«
Shalimar schüttelte den Kopf. »Hast du nicht zugehört, Junge? Fünf Gezeitenfürsten waren nötig, um Kentravyon zu stürzen. Und er ist nicht tot. Er ist nur eingefroren.«
»Das behauptet Maralyce.«
Shalimar schnaubte verächtlich über Declans Anspielung. »Sie lügt nicht.«
»Wie kannst du dir so sicher sein?«
»Ich bin mir sicher.«
Declan verdrehte die Augen und fragte sich gereizt, ob Maralyce seinen Großvater nicht doch irgendwie verhext hatte. Das wollte er gerade aussprechen, als sich die Tür öffnete und die Gezeitenfürstin wieder hereingestapft kam, ein Bündel Holzscheite im Arm. Erneut drang ein Schwall kalter Bergluft herein, dann trat Maralyce die Tür hinter sich zu.
»Bist du immer noch da?«, fragte sie Declan. Sie ging zum Feuer hinüber, ließ das Holz auf den Boden fallen und begann im Feuer herumzustochern, um es wieder in Gang zu bringen.
Er sah sie kalt und unfreundlich an. »Ich warte auf den Rest der Geschichte.«
Maralyce wandte sich vom Feuer ab. Unerklärlicherweise schmunzelte sie. »Du denkst, ich werde dir erzählen, wie man einen Gezeitenfürsten tötet, nicht?«
»Wenn man mal annimmt, dass das überhaupt möglich ist...«
»Ist es nicht«, sagte Maralyce knapp. »Du solltest auf deinen Großvater hören.«
»Dann erzählt mir, was mit Kentravyon geschah.«
»Alles zu seiner Zeit. Warum erzählst zur Abwechslung nicht einmal du mir etwas?«
»Was zum Beispiel?«
»Was ist deine Lieblingsfarbe?«
Er starrte sie an. Jetzt war sie wohl wirklich verrückt geworden. »Was?«
»Lieblingsfarbe. Hätte nicht gedacht, dass das eine so schwere Frage ist.«
»Warum interessiert Euch das?«
Die Unsterbliche zuckte die Schultern. »Ich könnte mich immer noch dazu entschließen, dich umzubringen, Jungchen. Da muss ich doch wissen, in welcher Farbe ich deinen Grabstein streichen soll.«
Er schüttelte den Kopf. Die Unsterblichkeit hatte sie verrückt gemacht, genau wie Kentravyon. »Ihr seid wahnsinnig, nicht?«
»Schon möglich.«
Declan sah hilfesuchend zu seinem Großvater hinüber, aber der alte Mann schien entschlossen, sich herauszuhalten.
»Deine Lieblingsfarbe«, beharrte Maralyce. »Nun sag schon.«
»Blau«, blaffte Declan.
»Wir haben ihn abgelenkt.«
» Was?«
Maralyce setzte sich auf den Hocker, von dem sie vor wenigen Minuten aufgestanden war, und sprach weiter, als hätte sie nie aufgehört. »So haben wir Kentravyon besiegt. Brynden, Pellys und ich haben ihn abgelenkt. Haben ihm den Gipfel seines erbärmlichen Berges abgesprengt, sodass er sein Erdbeben doch noch bekam, nur nicht das, das er haben wollte. So bekamen Lukys und Cayal Gelegenheit, sich an ihn heranzuschleichen. Beide waren nötig, um es zu schaffen. Und viel Zeit hatten sie auch nicht. Ich weiß, dass Lukys sicher war, dass sie es nicht schaffen würden, solange Kentravyon im Gezeitenstrom schwamm.«
»Ihr sagtet, die Heiligen Krieger kamen mit euch, um ihn anzugreifen. Wussten sie denn nicht, wer ihr wart?«
Die Unsterbliche lächelte bei der Erinnerung. »Weißt du, das war der Punkt, an dem Lukys' Plan seine volle Brillanz entfaltete.« Offensichtlich bewunderte sie den Gezeitenfürsten. »Nachdem ich mich einverstanden erklärt hatte, ihnen zu helfen, fesselten sie mich wieder, und wir kehrten zum Lager der Heiligen Krieger zurück. Dort verkündete Lukys, dass sie das Geheimnis, wie ein Unsterblicher zu töten war, aus mir herausgefoltert hätten. Ich spielte natürlich mit, ließ mich in Ketten legen wie eine Gefangene, ließ mich von jedem, der in meine Nähe kam, anspucken und nach Herzenslust beschimpfen.«
»Und sie haben das geglaubt?«, fragte Declan.
Sie nickte. »Du
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