Falltür - bitte klopfen
später
trafen wir uns mitten im Keller wieder. Martha sah mich düster an, dann rieb
sie sich mit dem Handrücken die Wange, wobei sie eine hübsche Staubschicht
gleichmäßig darüber verteilte. »Hier ist sie nicht«, sagte sie dumpf.
»Stimmt«, gab ich zu und sah
auf meine Uhr: halb drei. »Und in einer halben Stunde wecke ich Boris Slivka,
damit er die Wache übernimmt.«
»Seien Sie nicht albern,
Larry«, sagte sie ungeduldig. »Wir können nicht eher aufhören, bis wir Eugenes
Leiche gefunden haben.«
»Da habe ich aber Neuigkeiten für
Sie, meine Liebe«, knirschte ich. »Ich kann das sehr wohl!«
»Er muß sie also doch aus dem
Haus geschafft haben«, sagte sie nachdenklich. »Aber er kann noch nicht dazu
gekommen sein, sie richtig zu begraben. Vielleicht hat er sie unter einem
Strauch versteckt?«
»Vielleicht hat er sie auch
eingeschmolzen, um etwas Besonderes für die >Gemütlichen Hausfrauenläden<
daraus zu fabrizieren?« Ich zuckte die Schultern. »Jedenfalls finden Sie jetzt
in der Dunkelheit keine Leiche unter einem Strauch; also warten wir damit ruhig
bis morgen früh.«
»Dann ist es vielleicht zu
spät«, beharrte sie. »Ich gehe jetzt hinaus und sehe nach. Kommen Sie mit,
Larry?«
»Nein«, erklärte ich ihr. Im
nächsten Augenblick verlöschte das Licht.
Es gibt Dunkelheit und völlige
Dunkelheit, aber kein Mensch weiß, was absolute Dunkelheit ist, solange er
nicht in einem modrigen Weinkeller gestanden hat, wo gerade einer das Licht
ausgedreht hat. Ich stand ein paar Sekunden regungslos, dann bekam ich einen
schmerzhaften Krampf in den Fingern meiner rechten Hand — was daher rührte, daß
ich das Gewehr so fest umklammerte. Das Gewehr! Einen Augenblick lang fühlte
ich mich wieder ein bißchen wohler unter seinem Schutz, aber dann befiel mich
ein naheliegender Gedanke: Was nutzt einem schon ein Gewehr, wenn man nichts
sehen kann?
»Larry!« Marthas gedämpftes
Flüstern schien ganz nah. »Larry, wo sind Sie?«
»Hier«, wisperte ich zurück.
»Ich fürchte mich!« So hörte
sich das auch an. »Kommen Sie näher!«
»Wo sind Sie denn?« forschte
ich.
»Strecken Sie die Hand aus«,
sagte sie.
Ich streckte die Hand aus,
bekam etwas Festes zu fassen und packte automatisch zu. Es war kompakt und doch
auch wieder nicht, denn es gab unter meinem Griff nach, es war rund und doch
irgendwie spitz... Martha stieß einen halbunterdrückten Schrei aus, und im
nächsten Augenblick wurde meine Hand weggeschlagen.
»Sie Lüstling!« zischte sie
zornig. »Hier stehen wir im Dunkeln und können jeden Moment umgebracht werden,
aber alles, woran Sie denken, ist...«
»Ich habe nur meine Hand
ausgestreckt«, sagte ich. »Kann ich etwas dafür, wenn Sie so gebaut sind, daß
man bei Ihnen als erstes...«
Das Licht ging wieder an. Ich
schwang das Gewehr wild im Kreis herum, bereit auf alles zu schießen, was sich
bewegte — aber es bewegte sich nichts. Martha blinzelte mich an. »Was hat das
zu bedeuten?«
»Eine sehr gescheite Frage«,
sagte ich. »Jemand knipst das Licht aus, oben an der Treppe, kommt aber nicht
herunter, wartet etwa zehn Sekunden und dreht es wieder an...«
»Ich weiß es!« Sie erschauerte
plötzlich. »Es war eine Warnung.«
»Wovor?«
»Er wollte uns merken lassen,
daß er weiß, wieso wir hier sind«, sagte sie beklommen. »Eine Warnung, mit
unserer Schnüffelei aufzuhören — oder es passiert uns etwas.«
»Denken Sie an Carl?«
»Carl oder Emile«, sagte sie.
»Wissen Sie was, Larry? Ich bin doch nicht so tapfer. Im Augenblick jedenfalls
möchte ich nichts lieber tun, als in mein Zimmer zurückgehen und die Tür hinter
mir abschließen.«
»Prima«, sagte ich. »Warum tun
wir das nicht gleich?« Die Kälte kehrte in ihren Blick zurück. »Ich meine«,
berichtigte ich mich flugs, »warum gehen wir nicht in unsere getrennten
Zimmer?«
»Müssen Sie nicht unten an der
Treppe Posten stehen — oder so?« forschte sie.
»Höchstens noch zwanzig
Minuten«, sagte ich. »Und so lange brauche ich gerade, um Boris Slivka
aufzuwecken.«
»Sehr schön«, sagte sie
erleichtert. »Dann können Sie mich ja zuerst in mein Zimmer bringen.«
»Abgemacht«, versprach ich.
Ich erlebte noch einen
unbehaglichen Augenblick, als wir oben in der Küche anlangten, aber die Küche
lag leer da. Auch im übrigen Haus herrschte tiefe Stille, von dem verdammten
Knarren natürlich abgesehen. Als wir auf Zehenspitzen die Treppen hinauf
schlichen, hörte es sich an, als träten wir mit jedem
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