Falltür - bitte klopfen
die steile Treppe zum
Keller. Martha trat beiseite und starrte mich unfreundlich an, weshalb ich
ebenso unfreundlich zurückstarrte — bis mir ein weiteres Licht aufging: Sie
erwartete wohl, daß ich voranging. Das hätte ich ja auch getan, aber meine Füße
wollten sich einfach nicht von der Stelle rühren, folglich blieben wir beim Anstarren.
Und dann explodierte ohne jede Vorwarnung die Tigerin in ihr.
»Also gut«, verkündete sie
mörderisch. »Ich gehe zuerst, Sie feiger Wurm!«
Sie riß mir das Gewehr aus der
Hand und wandte sich zur Treppe. Jetzt endlich gehorchten meine Füße. »Warten
Sie«, sagte ich und langte nach dem Schießgewehr.
»Lassen Sie, ich gehe zuerst«,
schnauzte sie und weigerte sich, das Gewehr wieder herauszugeben.
Ein Weilchen zerrten wir an dem
Schießprügel herum, zogen ihn zwischen uns hin und her, bis ich beschloß, meine
überlegene Körperkraft ins Spiel zu bringen und einmal wirklich mit aller Macht
zu reißen. Das Dumme war nur, daß sie im gleichen Augenblick beschloß, das
Gewehr loszulassen. Ich stolperte ein paar Stufen rück- und abwärts, dann trat
mein einer Absatz auf absolut haltlose Luft. Der Weinkeller, Martha und der
Rest des Universums vereinigten sich zu einem wirren Kreisen, akustisch
untermalt von aufeinanderfolgenden Bumsen, die mein rückwärtiges Ende
verursachte und von denen jeder schmerzhafter als der vorangegangene war.
Endlich erreichte ich den Fuß der Treppe, wo ich liegenblieb, zweifellos arg
verschrammt, sicher auch blutig und wahrscheinlich auf Lebenszeit verkrüppelt.
Etwas später vernahm ich ein schadenfrohes Gekicher, worauf ich widerwillig ein
Auge öffnete. Und da stand die blonde Tigerin und schaute auf mich hernieder,
mit einem Ausdruck seliger Zufriedenheit.
»Ich hab’s Ihnen ja gleich
gesagt, Larry«, kicherte sie fröhlich. »Die erste Stufe wackelt!«
Ich kroch mühsam wieder auf
meine Füße und überzeugte mich davon, daß nichts Lebenswichtiges gebrochen oder
abhanden gekommen war. Es tat mir überall weh, und ich war überzeugt, daß meine
Wirbelsäule nunmehr einige S-Kurven aufwies. Der einzige angenehme Gedanke war
der, daß der Keller zweifelsohne unbewohnt war. Denn das Donnergepolter, das
ich auf meiner Rutschpartie verursacht hatte, hätte jeden Meuchelmörder auf der
Stelle hervorgelockt.
»Hier haben Sie das Gewehr,
Larry.« Martha gab mir das verflixte Ding zurück. »Ich hätte es Ihnen gleich
gegeben, wenn ich geahnt hätte, daß Sie sich dafür nahezu umbringen würden.«
»Sehr witzig!« sagte ich eisig.
»Wenn ich nicht an den Folgen des Sturzes sterbe, dann lache ich mich tot!«
»Na ja, da wir nun schon mal
hier sind«, sagte sie, »fangen wir doch gleich an, nach der Leiche zu suchen.
Sie nehmen diese Seite, ich die andere.«
Bruder Carl also war ja
erwiesenermaßen nicht ganz dicht, aber nun begann ich auch zu überlegen, wie es
mit Eugenes Geisteskräften beschaffen gewesen war. Ich meine, wenn einer daran
glaubt, daß Alkohol der größte Feind aller Moral ist, aber dann hingeht und
sich einen Weinkeller bauen läßt. Der Keller war riesig, und statt mit
Flaschenregalen war er mit allerlei Gerümpel gefüllt, das auf dem Boden und in
den tiefen Wandnischen herumlag und — stand. Martha wanderte an der linken
Seite des Kellers entlang, wobei sie sich dicht an der Wand hielt, Kistendeckel
hochhob und unter alte Teppiche stocherte — als gebe es nichts Schöneres auf
der Welt, als nach Leichen zu suchen. Ich wollte mir gerade die andere
Kellerseite vornehmen, da hatte ich eine ganz neue Idee.
»He!« sagte ich aufgeregt. »Das
stimmt doch gar nicht!«
»Was?« Sie richtete sich auf
und betrachtete mich gottergeben.
»Emile«, sagte ich. »Emile und
Carl, meine ich. Emile soll doch der treuergebene alte Diener sein, der Eugene
schon seit Jahren Gefolgschaft leistet. Wie kommt es dann, daß Emile in dem
Augenblick, da Carl der Irre auftaucht, so blitzschnell die Fronten wechselt
und Carl munter behilflich ist, seinen alten Herrn und Meister umzubringen?«
»Das weiß ich nicht«,
antwortete Martha kurz. »Und im Augenblick ist es mir auch sehr egal. Das
können wir die beiden immer noch fragen, wenn wir sie erst mal sicher hinter
Schloß und Riegel haben und auf die Polizei warten. Aber ehe wir dazu kommen,
müssen wir Beweise finden. Und nach dem besten Beweis suchen wir ja hier — nach
Eugenes Leiche, stimmt’s?«
»Stimmt«, gab ich zu.
»Dann suchen Sie!«
Etwa eine Viertelstunde
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