Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
verständnisvoll, pädagogisch und voller Liebe. Es liegt außerhalb jeder Vorstellungskraft, dass Staffan ihr etwas Böses angetan haben könnte. Begreifen Sie das? Es ist undenkbar.«
»Was glauben Sie denn, Ida?«, fragte Sjöberg. »Was ist damals passiert?«
»Ich glaube, dass sie abgehauen ist, weil sie nicht wieder nach Hause fahren wollte. Und dass sie einem Unglück zum Opfer gefallen ist. Oder einem Verrückten.«
»Ich stimme vollkommen mit ihr überein«, sagte Rasmus. »Staffan hatte nichts mit der Sache zu tun. Können wir jetzt wieder über etwas anderes reden?«
Sjöberg gab nach. Die Umstände, unter denen das russische Sommerkind verschwunden war, konnten sie selbst erforschen. Jetzt wussten sie zumindest, wie die Familie Erlandsson dazu stand.
»Okay«, seufzte Sjöberg. »Aber abgesehen davon möchten wir trotzdem wissen, wie die Beziehung zwischen ihren beiden Familien war und ist. Soviel ich verstanden habe, stehen sie einander sehr nahe. Adrianti?«
Adrianti sah immer noch wie im Schockzustand aus. Rasmus antwortete an ihrer Stelle.
»Wir waren alle gut miteinander befreundet. Anna, Dewi und ich haben viel mit ihren Kindern gespielt. Ida war ein bisschen zu klein, deshalb hat sie sich so über Lara gefreut. Staffans Frau und Adri sind sehr gut miteinander ausgekommen. Marie war eine unschätzbare Hilfe, als Adri ganz neu im Land war, hat ihr sozusagen in den Sattel geholfen. So war es doch, oder?«
Adrianti nickte, aber ihre Blicke verrieten, dass ihre Gedanken ganz woanders waren. Tränen traten in ihre Augen. Sie hatten die Grenze dessen erreicht, was sie ihr im Augenblick zumuten konnten. Es war an der Zeit, die Familie Erlandsson in Ruhe zu lassen.
»Und Papa war unglaublich stark, als … das passierte«, fuhr Rasmus fort. »Stand immer bedingungslos an Staffans Seite. Die beiden vertrauten einander blind und waren sich in ihren Einstellungen sehr nahe. Zwischen die beiden passte kein Blatt, wenn es das ist, wonach Sie suchen. Staffan Jenner hat Papa nicht ermordet.«
Das Letzte sagte er mit sehr viel Nachdruck. Adrianti Erlandsson zog an ihrem kleinen Finger, bis es knackte. Die Tränen begannen zu kullern. Die Grenze war überschritten.
Man konnte es jedoch auch so auslegen, dass sie nicht ganz so überzeugt war wie Rasmus.
*
Sven-Gunnar Erlandssons Leben war ein Mosaik aus Menschen und Ereignissen. Im Augenblick durchforsteten sie die zentralen Teile seines alltäglichen Daseins mit Ausgangspunkt in der Gegenwart. Aber er war zweiundfünfzig Jahre alt, als er starb, und hatte sich über lange Zeit in weiten Kreisen und über große Entfernungen hinweg bewegt. Obwohl eine Menge interessanter Informationen zusammengekommen war, gab es eigentlich nichts, was ihnen sagte, dass sich der Mörder unter denjenigen befand, die sie befragt oder von denen sie auch nur gehört hatten. Selbst wenn Hamad selbst der Ansicht war, dass ein verschwundenes russisches Mädchen und ein Selbstmord ausreichten, um etwas tiefer im Hinterhof der Familie Jenner zu graben. In doppelter Bedeutung. Auf der anderen Seite war er noch lange nicht bereit, die Pokerspur einfach aufzugeben. Die Karten in der Tasche, die Tatsache, dass es in gewissem Sinne ein Pokerabend war, und die tödlichen Schüsse in den Hinterkopf sprachen eine deutliche Sprache. Es wäre unseriös gewesen, diese Umstände zu missachten, selbst wenn es sich durchaus um Verschleierungsversuche handeln konnte. Aber in diesem Fall hätte sich jemand die Mühe gemacht, den Mord in einen Zusammenhang mit dem Pokerspiel zu bringen, und auch das wäre ja tatsächlich ein nützlicher Hinweis.
Dass Lennart Wiklund Erlandsson erschossen hatte, glaubte er keinen Augenblick. Der Kerl war ein alternder Partylöwe mit einer offensichtlichen Vorliebe für junge Mädchen, aber dass er ein Mörder war, konnte Hamad sich nicht vorstellen. Auf Gerdins Idee, dass Josefin Siem in den Mord verwickelt sein könnte, gab er auch nicht viel. Jan Siem konnte vielleicht damit zu tun haben, aber dass er seine dreizehnjährige Tochter dem schrecklichen Erlebnis aussetzen würde, die Leiche zu finden, erschien ihm unwahrscheinlich. Es hätte ein Versehen sein können, aber selbst dann wäre es ein außergewöhnlicher Zufall gewesen, und an Zufälle glaubte er nicht besonders.
Die Familie? Sicher. Statistisch betrachtet war es das Wahrscheinlichste. Er selbst hatte sie nicht getroffen, aber soweit er gehört hatte, gab es noch keine Hinweise, die in diese Richtung
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