Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)
Chinese aus Singapur«, antwortete Rasmus anstelle seiner Stiefmutter. »Das heißt ein Singapurer, der weder Inder, Malaie oder irgendetwas anderes ist, sondern Chinese. In dem Begriff liegt keine Wertung, es ist nur eine Verdeutlichung.«
»Okay. Aber er ist noch am Leben?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Adrianti. »Wir haben acht Jahre lang zusammengelebt. An den Wochenenden. Unter der Woche wohnte er in Singapur. Aber dann wollte er nicht mehr, und wir haben ihn nie wieder gesehen.«
»Sie waren also nicht verheiratet?«
»Nein.«
»Aber er hat die Vaterschaft anerkannt?«, fragte Sjöberg in einem unbeholfenen Versuch, die Puzzleteile zusammenzufügen.
»Ja, natürlich. Vor mir und vor Dewi und vor dem ganzen Dorf. Schließlich haben wir zusammen in einem Haus gewohnt, das er gekauft hatte. Aber nicht offiziell. Es gibt keine Papiere.«
»Warum nicht?«
Adrianti antwortete mit einem Schulterzucken. Sjöberg war vermutlich ein Idiot. Indonesien und Schweden waren nicht dasselbe, so viel hatte er zumindest begriffen. Er gab auf.
»Als wir das letzte Mal hier waren, haben wir uns über ein Motiv unterhalten. Ist Ihnen jemand eingefallen, der einen Grund haben könnte, Sven-Gunnar Erlandsson nach dem Leben zu trachten?«
Nichts als Kopfschütteln.
»Papa war unheimlich beliebt«, antwortete Rasmus, »und eher auf Harmonie bedacht. Er war eine Führungspersönlichkeit, aber nicht auf Kosten anderer. Er hat die Leute hinter sich versammelt.«
»Dann möchte ich Ihre Einschätzungen hinsichtlich der Männer hören, mit denen er am Samstagabend zusammen war«, sagte Sjöberg. »Wir beginnen mit Siem. Was gibt es über ihn zu erzählen?«
Die Befragten sahen einander an und zuckten mit den Achseln.
»Die Kinder kennen Janne Siem nicht besonders gut«, antwortete Adrianti. »Ich eigentlich auch nicht. Svempa hat Janne für einen anständigen Menschen gehalten. Aber ein bisschen … vom Stamme Nimm? Sagt man das so?«
Sjöberg lächelte, und sogar Gerdin zog ein bisschen die Mundwinkel hoch.
»Ja, schon«, antwortete Sjöberg. »Knauserig. Übertrieben sparsam. Jemand, der sehr auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Wissen Sie, was er damit meinte, als er Siem so bezeichnet hat?«
»Wenn sie Poker spielten, lag es immer an den falschen Regeln, wenn Janne verlor. Wenn er gewann, war das nie ein Problem. War da beim Fußball nicht auch so etwas, Ida?«
»Ja«, bestätigte das Mädchen. »Ich habe in derselben Mannschaft gespielt wie seine älteste Tochter. Sie saß meistens auf der Bank, und Papa war unser Trainer. Anscheinend hat Janne mal angedeutet, dass eigentlich ich draußen sitzen sollte, dass Papa mich bevorzugen würde, weil ich seine Tochter sei.«
»Aber so war es nicht?«
»So war es ganz bestimmt nicht«, sprang Rasmus seiner Schwester bei.
Loyalität? Oder eine Aussage, die der Realität entsprach?
»Und die Dreizehnjährige?«, warf Gerdin ein. »Josefin Siem?«
Ida sah unsicher aus, suchte in den Augen ihres Bruders nach Unterstützung. Rasmus nickte.
»Bei den wenigen Malen, die ich sie gesehen habe, hat sie keinen besonders angenehmen Eindruck gemacht. Zickig. Vorlaut. Ich mag eigentlich niemanden aus dieser Familie. Aber Papa hat sie immer verteidigt. Papa hat alle Menschen gemocht. Er meinte, dass wir alle unsere Fehler und Schwächen hätten.«
»Und Lennart Wiklund?«, fragte Sjöberg weiter. »Wie ist der so?«
Die Runde schien sich allmählich in einen Kaffeeklatsch zu verwandeln, aber sie mussten diese Fragen stellen. Wie konnten sie sonst das Zusammenspiel zwischen Sven-Gunnar Erlandsson und den Menschen verstehen, mit denen er seine letzten Stunden verbracht hatte? Irgendwo mussten sie ja beginnen, denn irgendwo hatte schon lange etwas geschwelt, das stark genug war, um einen ernsthaften Brand auszulösen.
»Er ist nett«, antwortete Adrianti. »Unterhaltsam. Redet viel.«
»Unsinn?«, schlug Gerdin vor.
Adrianti musste lachen. Eine Strähne ihres schwarzen, glänzenden Haars fiel ihr ins Gesicht, und sie strich sie hinter das Ohr zurück.
»Ja, Unsinn reden kann er gut. Oder meinen Sie, dass er Unsinn über andere Leute erzählt? Das tut er nicht. Das ist nicht sein Stil.«
»Genau das hat er auch über Svempa gesagt«, rief sich Gerdin von der Morgenbesprechung in der Polizeiwache in Erinnerung. »Dass er nicht jede Menge Unsinn über andere Leute verbreitet hätte.«
Adrianti nickte.
»Das stimmt. Svempa hat so etwas gehasst. Er sagte, dass in jedem etwas
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