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Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Falsch gespielt: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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einen automatisch an einen verschleierten Mord denken ließen. Er war scheu, hatte nur wenige Freunde, und seine Nerven lagen blank. Der Traum eines Profilers. Motiv? Mit einem oder vielleicht sogar zwei Gewaltverbrechen im Gepäck war es leicht vorstellbar, dass er auch ein drittes beging, um die früheren zu vertuschen. Darüber hinaus war gerade noch ein neues Motiv dazugekommen: eine Affäre mit der Frau des Opfers.
    Alles zusammen betrachtet wäre es eine glasklare Sache gewesen, wenn nicht plötzlich der Joker Wiklund aufgetaucht wäre, der einen bisher unbekannten Zusammenhang zwischen Larissa Sotnikovas Verschwinden und dem Mord an Erlandsson herstellte. Weil er nicht einmal eine Minute von dem Ort entfernt wohnte, an dem das Mädchen zum letzten Mal gesehen worden war, weil er sich allein in seinem nicht einsehbaren Haus aufhielt und weil er darüber hinaus ungebührliche sexuelle Neigungen hatte. Die Quellen für diese Information waren zwar äußerst unzuverlässig, aber zumindest Sven-Gunnar Erlandsson hatte die Gerüchte ernst genommen. Auch hier wäre das Motiv in dem Versuch zu finden, ein früheres Verbrechen zu verbergen – ein starkes Motiv.
    Angenommen, dachte Sjöberg, man würde sich das verschwundene russische Mädchen einmal wegdenken. Womit konnten sie dann noch arbeiten? Nun, mit den Spielkarten in der Tasche des Opfers. Je länger Sjöberg darüber nachdachte, desto überzeugter war war er davon, dass sie für diesen Fall eine Bedeutung hatten. Die vier Männer bildeten eine Pokergesellschaft. Auf den Karten gab es keine Fingerabdrücke, sie waren deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit von dem Mörder dort abgelegt worden. Wer sonst hätte sich um Fingerabdrücke Gedanken gemacht? Bestimmt nicht Erlandsson selbst, der an diesem lauen Augustabend keine Handschuhe getragen hatte. Eine Botschaft also, oder ein Gruß. Der natürlich mit dem Pokerspiel zu tun hatte, auch wenn es anscheinend eine Karte zu wenig war. Aber was die vier Karten bedeuten sollten, vermochte er sich nicht vorzustellen. Und Pokern als Mordmotiv in einer Runde wohlbestallter Durchschnittsschweden war eine so lächerliche Idee, dass er sie kaum zu denken wagte.
    Dann gab es noch den Zettel in derselben Tasche. Das aufgeweichte Stück Papier mit den zerflossenen Koordinaten, die Gerdin und Sandén auf vorbildliche Weise gedeutet hatten. Natürlich war ihre Einschätzung richtig, dass es sich eher um einen Platz in der freien Natur handeln musste als um eine Adresse. Dass die Koordinaten auf einen Ort in den Wäldern von Huddinge deuteten, der nicht weit von dem Wohnwagenstellplatz der Obdachlosen entfernt war, war ein bemerkenswertes Zusammentreffen. Möglicherweise konnte auch eine der Stellen in der Ostsee eine Alternative sein. Aber war es Erlandssons Zettel, oder hatte ihn der Mörder dorthin gelegt? Wenn es Erlandssons Stück Papier war, dann hatte es nicht notwendigerweise mit dem Mord zu tun. Aber worum mochte es gehen? Drogen? Waffen? Ein Versteck für Diebesgut? In der Nähe der menschlichen Wracks, die im Wohnwagengetto lebten, wirkte keine dieser Möglichkeiten besonders abwegig.
    Odd Andersson steckte viel Arbeit in die Wohnwagenbewohner, und das war auch gut so. Er sprach mit jedem von ihnen, der etwas mit Erlandsson zu tun gehabt hatte. Zurzeit hatte er sich die fünfzehnjährige Ausreißerin ausgeguckt, aber offensichtlich war es gar nicht so leicht, mit ihr in Kontakt zu kommen. Es wäre zweifellos sehr interessant zu erfahren, ob sie ihnen etwas Neues zu Sven-Gunnar Erlandsson erzählen konnte, aus einer Perspektive, die sich deutlich von der seiner Familie und seiner Freunde unterschied.
    Die Familie. Eine trauernde Witwe und drei erwachsene Kinder. Oder vier, genauer gesagt. Das vierte hatte sich seit vier Jahren nicht mehr im Lande aufgehalten, war vielleicht auch abgehauen. Oder …? Es traf ihn wie ein Faustschlag. Konnte es sein, dass auch sie verschwunden war? Genau wie das russische Sommerkind?
    Sjöberg stand jetzt unter Strom und richtete sich abrupt in seinem Stuhl auf. Trommelte mit den Fingerspitzen auf der Tischplatte. Warum hatte in diesem Fall niemand etwas gesagt? Alle liebten Dewi; die Stiefgeschwister, die Mutter, der verstorbene Stiefvater. Was um alles in der Welt konnte der Grund dafür sein, dass eine ganze Familie über so etwas schwieg? Die Mutter hatte behauptet, dass sie sporadischen Kontakt zu dem Mädchen hatte. Wie oft war das und wann war es zuletzt passiert? Zwei

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