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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Die Zahl der russisch sprechenden Kunden stieg ständig, und die Leitung der Bank war mehr als erfreut gewesen, eine gutaussehende, gebildete russische Adelige mit besten Referenzen einstellen zu können.
    »Sehr gut«, lächelte die Fürstin, »die Arbeit mit den Kunden macht mir Freude. Ich weiß wirklich nicht, was ich ohne Sie gemacht hätte. Wahrscheinlich würde ich immer noch im Hotel Zimmer putzen und verzweifeln.«
    »Ach was«, winkte Kronstein ab, »ich hatte jede Menge Glück und Sie nicht. Also war es das mindeste, was ich tun konnte.« Er klopfte mit einem Finger nachdenklich an sein Glas. »Aber die Schulfrage beschäftigt mich. Wissen Sie, Fürstin, ich hatte nie Kinder. Vielleicht, weil ich nie die richtige Frau gefunden habe, vielleicht, weil ich mich nie wichtig genug nahm, um mich fortzupflanzen.« Er zuckte mit den Schultern. »Die Kronsteins werden also mit mir aussterben, die Welt wird sich weiter drehen. Es wird keinen Unterschied machen. Andererseits ist mir der Gedanke gekommen, ob ich der Nachwelt nicht etwas hinterlassen sollte, sozusagen als Dank für all den Erfolg, den ich hatte. Etwas, das mich überleben wird.«
    »Sie meinen, ein gutes Werk?«, erkundigte sich Natalja neugierig. »Aber das tun Sie ja jeden Tag für mich!«
    »Sehen Sie, Natalja, ich bin ein alter Mann und komme langsam ans Ende meines Weges.« Kronstein hob die Hand, als sein Gegenüber zu einer Erwiderung ansetzte. »Es bleibt mir nicht mehr viel Zeit, wenn ich tatsächlich noch etwas verwirklichen will und damit der Gesellschaft etwas zurückgeben kann von dem, was sie mir gegeben hat.«
    Er blickte sich vorsichtig im Saal um, in dem ein Dutzend Tische besetzt waren. Dann dämpfte er seine Stimme. »Ich weiß, dass ich Ihnen vertrauen kann. Ich habe Sie jetzt zwei Jahre beobachtet, auch wenn Sie es nicht bemerkt haben sollten.« Kronstein lächelte, als er den erstaunten Gesichtsausdruck von Natalja sah. »Hören Sie mir zu, Fürstin. Ich habe es geschafft, ein Vermögen aus Russland mitzunehmen. Es ist gut aufbewahrt, aber nicht gut angelegt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Es bringt weder Geld, noch arbeitet es in meinem Sinne, es ist einfach nur da, und das ist unbefriedigend. Ich habe nie etwas von Aktien oder Spekulationen verstanden, ich war mein ganzes Leben lang ein Händler des Luxus. Ich habe eingekauft und verkauft und vom Verdienst gelebt.«
    Kronstein nahm einen Schluck Champagner und wartete, während der Kellner die Teller mit den Vorspeisen – Schinkenrollen auf Blattsalat – vor sie hinstellte und einen guten Appetit wünschte. Dann fuhr er fort: »Sie … nein, eigentlich Alexej brachte mich auf die Idee mit der Schule, bereits vor einigen Monaten, und ich dachte lange und ausführlich darüber nach. Meine Entscheidung steht fest: Ich werde im Rahmen einer Stiftung ein privates Institut gründen, für behinderte Kinder, die sonst keine Zukunft hätten. Eine Ausbildungsstätte für Menschen, die benachteiligt wurden, von Anfang an. Aus diesem Grund habe ich mir in der vergangenen Woche einige Objekte in der näheren Umgebung angesehen.«
    Natalja blieb vor Überraschung der Mund offen. Sie vergaß den köstlichen Schinken und ihren Hunger.
    »Kennen Sie St. Chrischona? Ein kleiner Ort, nördlich von Basel gelegen, draußen im Grünen und doch nicht weit entfernt.« Kronstein zerteilte seine Schinkenrollen mit chirurgischer Präzision, während er sprach. »Mitten in einem großen, aber etwas verwilderten Park steht eine alte Villa aus der Gründerzeit seit Jahren leer. Ich habe mich entschlossen, das Haus zu kaufen und es ausbauen zu lassen.«
    Er blickte Natalja an, die ihn mit großen Augen anstarrte. Ihre Vorspeise war noch immer unangetastet. »Haben Sie keinen Hunger, oder schmeckt es Ihnen nicht?«, erkundigte sich Kronstein besorgt. »Ich bestelle Ihnen auch gern etwas anderes.«
    »Nein … nein … um Gottes willen, nein, es … ich … ich bin nur … Sie haben nie etwas von Ihren Plänen erzählt«, stotterte sie hilflos und hatte sofort ein schlechtes Gewissen wegen des immer noch unberührten Tellers.
    »Das habe ich mein ganzes Leben so gehalten, also wundern Sie sich nicht«, gab Kronstein zurück. »Vielleicht haben das Junggesellen so an sich. Wie auch immer … Letzte Woche habe ich einem Basler Notar den Auftrag erteilt, den Kauf der Villa einzuleiten und gleichzeitig eine Gründungsurkunde für eine Stiftung aufzusetzen, der ich mein Vermögen übertragen werde. Das

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