Falsch
Büro und schickten uns nach Hause. Heute Morgen fanden wir eine Notiz auf dem Computerschirm. ›Bin für ein paar Tage verreist.‹ Wie soll man so arbeiten?«
Bei Takanashi schrillten ganz hinten in seinem Gehirn die Alarmglocken. Er dachte kurz nach. »Wissen Sie, wer diese Leute waren?«, erkundigte er sich schließlich vorsichtig.
»Keine Ahnung, wir haben die zum ersten Mal gesehen«, kam die prompte Antwort. »Einer fuchtelte mit einem Polizeiausweis herum und führte sich auf wie der Innenminister persönlich. Aber ich konnte seinen Namen nicht lesen.«
»Ich muss Señor Gruber unbedingt erreichen, wir haben ein wichtiges Geschäft abzuschließen. Könnten Sie mir vielleicht die Nummer seines Mobiltelefons geben?« Der Japaner zog einen Stift aus dem Jackett und wartete.
»Das wird Ihnen nicht viel helfen, wir haben auch schon versucht, ihn zu erreichen. Mailbox.« Es klang wie ein vernichtendes Urteil. »Aber vielleicht haben Sie mehr Glück.« Sie diktierte ihm eine Ziffernreihe ohne Vorwahl, und Takanashi schrieb mit.
Er notierte die Zahlen auf der Innenseite seines Unterarms.
Gleich neben dem Kopf der Schlange, die sich als Tatoo über seinen gesamten linken Arm schlang und seinen Yakuza-Namen versinnbildlichte: Falke und Schlange . Der Falke breitete seine Schwingen auf dem Rücken Takanashis aus.
Nachdem er sich bedankt hatte, legte er auf und versuchte sein Glück mit der kolumbianischen Mobilnummer. Aber auch er landete auf der Mailbox, die von Gruber persönlich besprochen worden war. Zufrieden darüber, die richtige Nummer zu haben, aber frustriert über den Misserfolg seines Anrufs, legte Takanashi auf und überlegte seine nächsten Schritte. Was war passiert? Hatte es etwas mit dem Ring zu tun, oder war es einfach nur ein Zufall? Sollte ihm jemand zuvorgekommen sein, oder ging es um ganz etwas anderes? Er bereute es, nicht sofort nach dem Anruf von Señora Valeria nach Bogotá geflogen zu sein.
Der Schnee des Dachsteingletschers leuchtete blütenweiß in der Sonne, und der Japaner setzte seine Sonnenbrille auf. Was nun? Entwischte ihm Claessen nach so vielen Jahren doch noch? Oder sein Ring, und damit …
Das Telefon läutete, und Takanashi runzelte die Stirn. Nur wenige Menschen kannten diese Nummer.
»Ja?«, meldete er sich vorsichtig. Er hatte seine Leute immer dazu ermahnt, niemals Namen am Telefon zu nennen.
»Auftrag erledigt«, ertönte es leise, aber zufrieden aus dem Hörer. »Er hat die Hosen gestrichen voll. Morgen ist er ganz sicher zur Zusammenarbeit bereit.«
»Sehr gut«, gab Takanashi zurück, »ich habe nichts anderes erwartet. Sonst schicken wir ihm die Finger seiner Freundin einzeln zu.«
»Das wird nicht notwendig sein«, beruhigte ihn der Anrufer. »Außerdem wäre das eine wahre Verschwendung. Sie sieht verdammt gut aus.«
»Wie Millionen anderer Frauen auch«, erwiderte Takanashi. »Der Transport kommt morgen Abend in München an, und ich will keine noch so kleine Panne haben. Es geht nicht nur um viel Geld, sondern auch um mein Gesicht, mein Ansehen. Haben wir uns verstanden?«
»Klar und deutlich. Ich melde mich morgen Vormittag, nachdem ich nochmals mit ihm gesprochen habe. Vier Stunden später landet die Maschine. Zeit genug für alle Vorbereitungen und zu wenig, um auf dumme Gedanken zu kommen.«
»Überaus zutreffend«, murmelte der Japaner zufrieden. »Bis morgen!«
Als er zu der Sitzgarnitur hinüberwanderte und sich in einen der bequemen Armsessel fallen ließ, waren seine Gedanken bei Gruber und dem Totenkopfring. Zu viele Fragezeichen, zu viele Unsicherheiten, zu viele Wenn und Aber für seinen Geschmack. Er hatte das seltsame Gefühl, dass Gruber gerade dabei war, ihm durch die Finger zu schlüpfen. Er konnte rein gar nichts dagegen unternehmen, und das ärgerte ihn.
Wenigstens war die Münchner Sache in den besten Händen, und dieser Christopher Weber würde ihm dabei helfen, ohne Aufsehen an den Transport zu kommen. Elegant, rasch und effektiv. Bei der Übergabe danach würde es dann ein Leichtes sein, Weber zu beseitigen.
Keine Zeugen, keine Fragen, keine Gefahr.
Christopher Weber gab es viele auf dieser Welt. Dieser eine war also durchaus entbehrlich.
São Gabriel da Cachoeira,
Rio Negro/Brasilien
Die Uhr auf der Anrichte schlug 6 Uhr 30, als die Tür zum Wintergarten aufschwang und ein adrett gekleidetes Dienstmädchen Ernst Böttcher hereinführte. Der alte Pirat wirkte überraschend wach nach seinem Alkoholkonsum vom Vortag und
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