Falsch
hatten große, grüne Fensterläden aus Holz und Höfe, auf denen sich Luxuskarossen drängten. Nicht gerade ärmlich, dachte Christopher und steuerte den Porsche vorsichtig durch ein hohes, reich verziertes schmiedeeisernes Tor, belegte den letzten freien Parkplatz und stieg aus. Bernadette hatte etwas von einer kleinen Wohnung unter dem Dach gesagt, dachte er und suchte nach dem Eingang mit dazugehörigem Klingelschild, als er eine Stimme rufen hörte.
»Chris, hier bin ich!«
Bernadette stand lächelnd und winkend an einem der großen Fenster im obersten Stockwerk. »Ich hab dich einparken gehört. Warte einen Augenblick, ich komme gleich und hole dich ab.«
Limmatquai,
Zürich/Schweiz
Die runde Kuppel auf dem Dach des vierstöckigen Hauses am Limmatquai hatte Zwingli zu einem komfortablen und spektakulären Schlafzimmer ausbauen lassen, das ganz in Schwarzweiß gehalten war. Selbst die moderne Malerei, die in Form von Plakaten und Kunstdrucken die Wände zierte, war dieser Regel unterworfen.
Als er aus dem Bad kam, zog er einen schwarzen Hausmantel an und schaltete den riesigen Flatscreen ein, der an einer Wand des Schlafzimmers hing. CNN berichtete über die weltweite Wirtschaftskrise, die Schwierigkeiten der Märkte in Europa und dem nach wie vor steigenden Goldpreis. Der Schweizer Franken behauptete sich immer besser gegenüber dem Euro, was die Exportgüter der Eidgenossen teurer und damit schwieriger verkäuflich machte. Zwingli verzog missbilligend das Gesicht und wollte sich einen Gin einschenken, als sein Handy läutete.
»Ja«, meldete er sich mürrisch.
»Herr Zwingli?«, fragte der Anrufer nach.
»Ja, was gibt es?«
»Ich wollte nur sichergehen. Mein Name tut nichts zur Sache. Man hat mich beauftragt, Ihnen etwas auszurichten. Heute Nachmittag ist mit dem Flug British Airways 732 eine Gruppe von Leuten aus London in Genf angekommen. Unter ihnen befindet sich eine Fiona Klausner, ein John Finch und ein Georg Gruber. Sagen Ihnen die Namen etwas?«
»Und wenn?« Zwingli gelang es perfekt, seine Überraschung zu verbergen. Sie waren also bereits hier!
»Wie auch immer«, setzte der Anrufer ungerührt fort. »Zu der Gruppe gehören noch zwei amerikanische Staatsbürger. Sie haben auf dem Flughafen bei einem Mietwagenverleih einen schwarzen 7er BMW gemietet und sind dann losgefahren. Haben Sie etwas zum Schreiben zur Hand?«
»Moment«, gab Zwingli zurück und suchte nach einem Stift und dem Notizblock. Als der Mann ihm das Kennzeichen des Wagens diktiert hatte, fügte er noch eine Information hinzu, die Zwingli aufhorchen ließ. »Eine Angestellte der Mietwagenfirma meinte, die Frau habe, während sie auf den Wagen wartete, in einem Hotelprospekt geblättert. Ein Stapel dieser Prospekte liegt auf dem Tresen zur freien Entnahme. Sie habe den älteren der Männer stumm auf eines der Häuser hingewiesen, indem sie auf die entsprechende Seite tippte.« Der Anrufer verstummte.
»Und?«, fragte Zwingli ungeduldig nach.
»Sie will es nicht beschwören, aber die Angestellte meinte, es sei höchstwahrscheinlich das Beau Rivage am Quai du Montblanc gewesen.«
Damit legte der Anrufer auf.
Nachdenklich ließ Zwingli das Handy auf sein Bett fallen. Einerseits war er zufrieden, dass sein Netzwerk funktionierte, andererseits hatte er nicht damit gerechnet, dass die Dinge so schnell ins Rollen kommen würden. Wussten Klausner, Finch und Gruber, was auf dem Spiel stand?
Es war an der Zeit, das Konsortium zu informieren. Entweder würde er noch für eine Nachtsitzung plädieren oder für eine Zusammenkunft am frühen Morgen. Beides würde einigen Mitgliedern nicht gefallen. Die Kritik am Vorgehen der Engländer war in den letzten Tagen sowieso immer massiver geworden, und damit war auch der Ruf lauter geworden, endlich effektiv einzugreifen.
Zwingli griff zum Telefon, nachdem er sich eine Strategie zurechtgelegt hatte. Banker waren stets so phantasielos. Wenn sie keine Zahlen und Tabellen zum Festhalten hatten, dann wurden sie auch zunehmend orientierungslos, das hatte er in den letzten Jahren oft genug erfahren müssen. Und orientierungslose Banker waren unberechenbar. Also würde Zwingli sie mit Vorschlägen füttern müssen.
Seinen ersten Vorschlag sollte auch der einfältigste Banker verstehen: Selbst ein 7er BMW könnte auf Schweizer Bergstraßen einen Unfall haben, bei dem alle Insassen ums Leben kommen.
Hotel Beau Rivage,
Genf/Schweiz
Fiona, Finch, Georg, Alfredo und Vincente beschlossen den Abend
Weitere Kostenlose Bücher