Falsch
Zeit, zu verschwinden und London den Misserfolg der Aktion zu melden. Einen weiteren Versuch würde es nicht geben, zumindest nicht in absehbarer Zeit. Alphonse Darrey war sein einziger Kontaktmann gewesen.
Er stieg in den kleinen schwarzen Fiat 500 »Topolino«, löste die Handbremse und rollte geräuschlos an. Ohne Licht und mit abgestelltem Motor glitt der Wagen durch einen Waldweg immer weiter bergab. Der magere Mann hatte nicht bemerkt, dass ihm beim Einsteigen in den Wagen ein Päckchen Zigarettenpapier aus der Tasche gefallen war.
Nach wenigen Metern hatte die Dunkelheit den Fiat 500 verschluckt.
Villa Grafenstein,
Hirslanden, Zürich/Schweiz
Die zweistöckige, ziegelrot gestrichene Villa mit den grünen Fensterläden und dem barocken Eingangsportal lag in einem der ruhigsten und schönsten Stadtteile Zürichs. Der Panorama-Blick über den See war grandios, das riesige Grundstück von der Straßenseite her so gut wie uneinsehbar.
Wer es sich leisten konnte, hier zu wohnen, der arbeitete nicht, er verdiente. Diskretion wurde, wie meist in der Schweizer Bankenmetropole, großgeschrieben. Es gab weder Klingel noch Namensschild, weder Klinke am Tor noch Firmenschild aus Messing am Eingang. Eine ganze Batterie von ferngesteuerten Sicherheitskameras am Haus, an den Garagen und an allen Eckpunkten des Anwesens garantierten Ungestörtheit und Abschirmung.
Man war unter sich, und man wollte es bleiben.
Trotz der frühen Morgenstunden rollte nach und nach ein Dutzend Luxuslimousinen durch die stille Gasse. Bei jeder Ankunft öffnete sich wie von Geisterhand lautlos das große Einfahrtstor, nachdem ein versteckt eingebauter Scanner einen Strichcode am Kennzeichen des Wagens erfasst und weitergegeben hatte.
Der großzügige Sitzungssaal unter dem hohen Walmdach füllte sich allmählich, und Egon Zwingli blickte zufrieden in die Runde. Die Vertreter des Konsortiums waren fast alle pünktlich erschienen. Man stand plaudernd beisammen, man kannte sich seit Jahren und arbeitete fast jeden Tag zusammen. Aber das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Repräsentanten der zwölf wichtigsten Banken der Schweiz unruhig waren. Immer wieder huschten ihre Blicke zu Zwingli, der gedankenverloren an der Stirnseite des Tisches stand und in seinen Unterlagen blätterte.
Silberne Kannen mit frischem Kaffee standen auf dem Besprechungstisch, der fast die ganze Länge des Saals einnahm. Warme Croissants warteten auf die Teilnehmer der Sitzung. Zwei livrierte Kellner bemühten sich, unauffällig für einen ständigen Nachschub an Getränken und Speisen zu sorgen.
Als alle Eingeladenen eingetroffen waren, verschloss man die Türen, und zwei Sicherheitsbeamte bezogen ihren Posten am Fuß der Treppe, die aus der Empfangshalle in die oberen Etagen führte.
»Darf ich Sie bitten, Platz zu nehmen?«, meinte Zwingli und wies auf die Stühle zu beiden Seiten des langen Tisches. »Ich nehme an, dass Sie alle heute Vormittag noch Termine haben und wir daher pünktlich beginnen sollten. Ich kann Ihnen versichern, dass es nicht lange dauern wird. Es gilt lediglich ein paar Entscheidungen zu treffen, die von Ihnen allen getragen werden sollten. Wie Sie wissen, ist dieses Treffen informell und deshalb sind weder Diktiergeräte noch Mitschriften erlaubt. Ich darf Sie ebenfalls ersuchen, Ihre Handys auszuschalten und vor sich auf den Tisch zu legen. Dies dient zu Ihrer und meiner Sicherheit. Danke.«
Die zwölf Männer setzten sich und platzierten die Mobiltelefone demonstrativ auf den Schreibtischunterlagen. Einer von Ihnen sah kurz auf die Uhr und wandte sich dann an Zwingli. »Ich habe nicht viel Zeit und wäre Ihnen sehr verbunden, wenn wir das rasch hinter uns bringen könnten. Ihr Anruf kam einigermaßen überraschend, und ich wollte die Sitzung und die Entscheidungsfindung nicht platzen lassen, deshalb bin ich hier.«
Zwingli nickte, stützte seine Ellenbogen auf und legte die Fingerspitzen aneinander. Dann begann er zu sprechen. »Danke, dass Sie alle so schnell reagiert haben und gekommen sind. Sie haben mein Unternehmen beauftragt, Herrn Paul Hoffmann ausfindig zu machen und ihm ein Angebot zu unterbreiten. Gleichzeitig haben Sie dafür gestimmt, die Verbindungen des britischen Geheimdienstes zu nutzen und die Engländer mit ins Boot zu holen. Ein Fehler, wie wir nun alle wissen. Wie auch immer, wir haben in der Tat Herrn Hoffmann im kolumbianischen Dschungel in der Gegend von Muzo ausfindig gemacht und MI 6 darum gebeten,
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