Falsch
der Schweizer Preisskala auf einem Spitzenrang. »
»Apropos wohnen«, warf Finch ein. »Woher wissen wir, dass dieser Japaner nicht vielleicht gleich hier um die Ecke wohnt?«, fragte er mit einem Seitenblick auf eine kleine Gruppe japanischer Touristen, die zwei Tische nahe dem Frühstücksbuffet besetzt hatten und aufgeregt schnatterten. »Nur weil er einen japanischen Namen hat, muss er nicht da leben.«
»Guter Punkt«, warf Alfredo ein und wandte sich an Gruber. »Worüber habt ihr noch in der Nacht gesprochen?«
Georg zuckte mit den Schultern. »Das Übliche. Er fragte, warum ich den Ring so rasch veräußert habe und an wen. Ich sagte ihm, es gehe um ein Rätsel, ein Puzzle, und der Ring sei ein Bestandteil davon. Da wollte er wissen, wo ich sei.«
Finch horchte auf. »Warum sollte ihn das interessieren? Du hast den Ring ja bereits verkauft. Hast du es ihm verraten?«
Gruber wand sich wie eine Schlange unter den verständnislosen Blicken der Runde. »Ja, ich sagte ihm, ich sei in der Schweiz, in Genf«, gab er zu. »Er meinte, ob wir vielleicht von hier nach Deutschland fahren würden, weil Claessen ja aus Hannover stamme.«
»Ganz schön gut informiert für jemanden, der weit weg in Japan lebt«, murmelte Alfredo. »Was sammelt er überhaupt?«
»Gute Frage, offenbar SS -Ringe oder Relikte des Dritten Reichs«, antwortete Georg ratlos. »So genau habe ich mich nie erkundigt …«
»Schon irgendwie seltsam, der Typ«, meinte Fiona, »aber auf unserem heutigen Programm steht Wichtigeres. Ich habe nachgesehen: Das Beau Rivage Palace in Lausanne liegt rund fünfundsechzig Kilometer von hier entfernt, am selben Ufer des Sees. Also ein Katzensprung von nicht einmal einer Stunde mit dem Wagen.«
»Dann brechen wir sobald wie möglich auf«, nickte John Finch und schaute auf die Uhr. »Wenn wir den beiden unsichtbaren Zeilen Glauben schenken wollen und sie sich tatsächlich auf die Hotels beziehen, dann sind wir in Lausanne richtig. Wenn nicht, dann muss ich gestehen, dass ich am Ende meines Lateins bin. Außer den Hotels wüsste ich nämlich nicht, was wir ›nicht als Erstbestes‹ nehmen sollten.«
Während die Gruppe japanischer Luxus-Touristen sich kichernd gegenseitig vor dem Bergpanorama und dem Genfer See im Hintergrund fotografierte, trat ein Mann auf die Terrasse und blickte sich suchend um. Sein weißer Anzug war etwas zerknittert, die breite Krempe des Panama-Hutes verbarg den Großteil seines Gesichts. Missbilligend betrachtete er kurz die lärmende japanische Reisegruppe, dann entdeckte er den Tisch mit Fiona und den vier Männern und lächelte zufrieden.
»Ich nehme an, einer von Ihnen ist Señor Gruber«, meinte der Japaner auf Spanisch mit einem dünnen Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Dann nahm er seinen Hut ab und verneigte sich leicht. »Gestatten Sie? Soichiro Takanashi. Ich glaube, Sie wissen, wer ich bin.«
Für einen Moment war es still am Tisch. Die Überraschung stand allen ins Gesicht geschrieben.
»Ich dachte … Ich meine … Sind Sie nicht in Japan?«, stotterte Georg und sah Takanashi etwas hilflos an.
»Ganz offenbar nicht. Darf ich mich trotzdem für einen Moment zu Ihnen setzen?«, erkundigte sich der Japaner und zog einen Sessel näher. »Ich möchte mich für meine Landsleute entschuldigen, die sich manchmal wie unerzogene Kinder aufführen«, meinte er mit einer kurzen Handbewegung in Richtung der Reisegruppe. »Die meisten halten Europa für eine Fotokulisse in einem riesigen Disneyland zwischen Nordkap und Sizilien.«
»Woher wussten Sie, wo Sie nach uns suchen sollten?«, erkundigte sich Finch misstrauisch. »Genf ist groß.«
Takanashi lächelte verbindlich. » Señor Gruber war so freundlich und hat mir das Beau Rivage genannt. Dann war es nicht mehr so schwierig, Sie zu finden.«
»So, hat er das …« Finch warf Georg einen verärgerten Blick zu. »Langsam frage ich mich, was Georg nicht erzählt hat.«
»Nach dem mitternächtlichen Gespräch waren Sie überraschend schnell da«, meinte Alfredo misstrauisch und ließ die Hand des Japaners nicht aus den Augen. Das fehlende Glied des kleinen Fingers weckte eine Erinnerung aus seinem Leben in Medellín …
»Ach, ich war zufällig in der Nähe«, winkte Takanashi ab, »da dachte ich mir, warum nicht einfach vorbeischauen?«
Niemand am Tisch glaubte dem Japaner auch nur ein einziges Wort.
»Was für ein Zufall«, meinte Finch schließlich ironisch. »Ich bin John Finch, der Käufer des
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