Falsch
aus den Augen ließ.
Vincente hielt den Atem an.
Er erkannte den Grauhaarigen wieder. Der Mann hatte versucht, in die alte Wohnung Böttchers alias Boteros in Medellín einzubrechen, mit einer Pistole in der Hand, begleitet von sechs anderen Bewaffneten, Minuten bevor sie den alten Piraten überfallen hatten!
Vincentes Gedanken überschlugen sich. Der Japaner und der Grauhaarige schienen sich nicht zu kennen, sonst wäre der Mann aus dem Mercedes nicht so unbekümmert aus dem Wagen gestiegen …
Währenddessen hatte sich Takanashi wieder vom Wagenmeister verabschiedet und war entlang des Beau Rivage zu einem hellen Lexus geeilt, der auf der anderen Seite der Straße parkte.
Rasch drehte sich Vincente um. Er hatte genug gesehen und schlug einen weiten Bogen um den Park, lief rasch bis ans Ufer des Sees hinunter. Als er sicher war, dass er außer Sichtweite von Takanashi und dem Grauhaarigen im weißen Mercedes war, machte er kehrt und lief zielstrebig auf den Eingang des Beau Rivage zu, nahm zwei Stufen auf einmal und verschwand, ohne sich umzublicken, durch die schwere Drehtür.
Das Telefongespräch mit dem Münchner Flughafen war für Soichiro Takanashi voller Überraschungen gewesen. Dass Christopher Weber einen überraschenden Urlaub genommen hatte, war nichts Neues. Dass die Polizei deswegen für ihn interveniert hatte, schon eher. Dass er aber mit dem Wagen seiner Freundin von München aus in Richtung Süden aufgebrochen war, bedeutete, dass Weber nicht allzu weit entfernt sein konnte. Als Takanashi im Gespräch etwas von einer Belohnung DeBeers und einer Überraschung fallenließ, hatte der Lademeister ihm die Handy-Nummer von Martin, Christophers bestem Freund, verraten. »Ich weiß wirklich nicht, wohin er gefahren ist«, hatte er gemeint, »aber wenn es überhaupt jemand weiß, dann sicherlich Martin. Sie können aber gern auch Christopher direkt anrufen und ihn fragen … ich habe seine Mobilnummer hier …«
»Das würde die Überraschung verderben«, hatte Takanashi entgegnet, sich bedankt und die Nummer notiert. Nun saß er in seinem Wagen und versuchte, diesen Martin zu erreichen.
Mit einem Auge behielt er den Hoteleingang im Blick. War da nicht soeben dieser Junge ins Beau Rivage gegangen, der am Tisch von Finch, Gruber und Klausner gesessen hatte? Er schüttelte den Kopf und drückte das Handy fester ans Ohr. Wahrscheinlich hatte er sich getäuscht.
Am anderen Ende der Leitung läutete es, aber niemand hob ab.
In der Eingangshalle des Beau Rivage beugten sich die übrigen vier neugierig über die Schulter von Vincente, der hastig ein paar Zeilen auf ein Blatt Papier schrieb: »Zwei Männer. Einer groß, alt, grauhaarig, aus Medellín. Überfall auf Botero. Weißer Mercedes, schräg gegenüber dem Hoteleingang. Der Japaner in einem hellen Lexus auf der Uferstraße. Telefoniert. Sonst niemand zu sehen.«
»Da hast du deine zwei Parteien«, murmelte Fiona Finch zu. »Was jetzt?«
»Wenn wir auch nur einen Schritt aus dem Haus machen, haben wir die beiden als Begleiter«, gab Georg zu bedenken. »Wir müssen aber ins Beau Rivage nach Lausanne, um die beiden verborgenen Zeilen zu überprüfen und hoffentlich den nächsten Hinweis zu finden. Dazu brauchen wir den Rücken frei.«
»Lasst mich kurz nachdenken«, meinte John Finch leise.
Er sammelte alle Schlüsselkarten ein und brachte sie dem Rezeptionisten, der sich bedankte und bemerkte: »Die Rechnung ist beglichen, Ihr Gepäck in der Lobby. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun, Mr. Finch?«
»Nein, danke, wir sind reisebereit«, gab der Pilot freundlich lächelnd zurück. »Bis zum nächsten Mal!«
Der Empfangschef nickte und sah Finch hinterher, als ihm noch etwas einfiel: »Ach, Mr. Finch, hat Sie eigentlich Mr. Zwingli erreicht? Er meinte, dass er zu Ihrem Treffen wahrscheinlich etwas verspätet eintreffen würde, weil der Verkehr so stark sei.«
Verwirrt wandte sich Finch um. »Wer? Ich glaube, Sie verwechseln mich …«
Der Rezeptionist verneinte entschieden. »Nein, keineswegs, ich habe doch erst vor kurzem mit Mr. Zwingli telefoniert. Er nannte ganz sicher Ihren Namen und den von Ms. Klausner.«
»Danke, aber wir können leider nicht länger warten«, gab Finch hastig zurück und ging mit großen Schritten zu den anderen, die ihn erwartungsvoll ansahen.
»Wir haben noch einen Haifisch im Pool«, verkündete der Pilot düster, »und der heißt Zwingli.«
»Klingt ziemlich einheimisch.« Fiona nagte an ihrer
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