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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Unterlippe. »Wenn wir nicht schnell verschwinden, ist uns bald die gesamte Schweiz auf den Fersen, und die Suche nach der Rose im Untergrund, dem dritten Pfeiler und was immer an seinem Fuß liegt, wird live im Fernsehen übertragen.«
    Finch überlegte kurz und rief dann den Wagenmeister, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Dann wandte er sich an Vincente. »Hast du bei deiner Jogging-Runde einen Hinterausgang aus dem Hotel gesehen? Für Lieferanten und Personal?«
    Der Junge nickte eifrig.
    »Gut«, meinte Finch zufrieden, »dann habe ich eine Idee.«

11. April 1945,
Ötztal-Straße bei Habichen, Tirol/Ostmark
    Der Horizont hinter den Stubaier Alpen färbte sich bereits dunkelgrau, als der Opel Blitz mit fast fünfzig Kilometern in der Stunde durch das Ötztal bergab rollte. War die Fahrt durch das Passeier Tal schon langsam – und zum Glück auch ereignislos – verlaufen, so hatte die Steigung der Straße über das Timmelsjoch die Geschwindigkeit des LKW auf ein quälendes Scheckentempo heruntergeschraubt. Die Anzeige des Kühlwasserthermometers hatte oft genug knapp vor dem roten Feld gestanden. Doch der Opel hatte durchgehalten. Abgesehen von einigen Schneezungen, die stellenweise bis in die Fahrbahn reichten, aber für den Vierradantrieb des LKW keine Schwierigkeiten darstellten, war die Landstraße frei gewesen.
    Wie Claessen vorhergesehen hatte, war ihm auf der Fahrt über die Berge außer zwei Wehrmachts- LKW s niemand begegnet. Er hatte weder Partisanen noch Privatfahrzeuge, die ohnehin entweder requiriert waren oder bereits seit Monaten wegen des Treibstoffmangels in gut versteckten Garagen standen, entdeckt. Die Straße über die Pässe war zwar als Schmugglerroute, nicht aber als Nachschubstrecke der deutschen Wehrmacht bekannt.
    Auf der Nordtiroler Seite der Berge war das Thermometer abrupt gefallen. Es war empfindlich kalt geworden. Claessen fühlte, wie die Müdigkeit hochstieg und sich in seinem Gehirn einnistete. Er hatte seit fast sechsundvierzig Stunden nicht mehr geschlafen und sehnte sich danach, die Augen zu schließen, und sei es auch nur für ein paar kurze Stunden. So kurbelte er das Fenster herunter und ließ die kalte Luft in das Fahrerhaus strömen.
    »Ich muss den LKW irgendwo verstecken«, murmelte er und streckte sich. Dann hielt er kurz an, griff nach der Generalstabskarte und knipste die Taschenlampe an. »Am besten noch im Ötztal, bevor ich nach Imst komme.« Er folgte mit dem Zeigefinger der Route durchs Inntal. »Vielleicht sollte ich überhaupt nur bei Nacht fahren und tagsüber schlafen«, sagte er sich, dann ließ er den Opel wieder anrollen. Das würde weniger Aufmerksamkeit auf den einsamen Wehrmachtstransport lenken.
    Hätte er doch eine Eskorte mitnehmen sollen?, fragte sich Claessen unsicher. Die kalte Luft roch nach dem ersten Rauch der Morgenfeuer in den Kaminen und Öfen. Er hörte das Wasser der Ötztaler Ache neben der Straße rauschen. Die Feuchtigkeit hatte auf der Straße kondensiert und machte die Kurven und Steigungen trügerisch glatt. Nach einem Blick auf die Uhr rechnete er kurz aus, dass er das Inntal in knapp einer halben Stunde, also gegen sechs Uhr, erreichen würde. Wenn er nicht vorher einen getarnten Schlafplatz auf einem Waldweg oder abseits der Durchgangsstraße zu einem ausgedehnten Nickerchen nutzte.
    Der Magirus Deutz A330 mit dem graubraunen Wehrmachtsanstrich und der zweireihigen Fahrerkabine verließ genau um 5 Uhr 18 das Lager Haiming. Die Wache notierte gewissenhaft Kennzeichen und Uhrzeit, dann salutierte der SS -Mann und öffnete die Schranke.
    »Ja, ja, geh scheißen mit deinem Hitlergruß«, murmelte Franz und kurbelte das Fenster hoch. Dann beschleunigte er den LKW über die Schotterstraße und bog links in Richtung Imst ein. Eine dumpfe Explosion ertönte aus Richtung des Ambergs.
    »Das müssen die letzten Sprengungen am Stautunnel sein«, meinte Willi von der Rückbank. »Spätestens in vier Wochen wollen sie das Wasser einleiten.«
    Paul nickte düster. »Ich möchte gar nicht darüber nachdenken, was dann mit den Insassen des Lagers geschieht. Angeblich will München nochmals dreitausend Mann in Richtung Ötztal in Marsch setzen. Häftlinge aus Ottobrunn.«
    »Ein Todesmarsch, die kommen nie hier an«, grübelte Willi. »Und wenn sie ankämen, dann würden sie in Haiming nicht lange überleben. Fragt sich, was besser ist.«
    »Wie sehr kann man noch abstumpfen?« Franz schüttelte entsetzt den Kopf. »Menschen als lebende

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