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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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herablassend.
    »Stellen Sie einfach durch und wundern Sie sich nicht«, meinte Georg trocken. »Es gibt noch Kunden, die den Chef sprechen wollen.«
    Ein Klick ertönte, dann rauschte es ein wenig in der Leitung. »International Freight Agency Gruber, Georg Gruber am Apparat, was kann ich für Sie tun?«
    Es blieb verdächtig still, und Georg fragte sich schon, ob ihn die Schwestern eigentlich mit dem Anrufer verbunden oder aus Protest einfach aufgelegt hatten. In letzter Zeit traute er ihnen alles zu.
    »… mir einen Ring verkaufen.«
    Georg Gruber hielt vor Schreck den Atem an. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Vom internationalen Runway startete eine Maschine der Avianco, und die Schallwelle brachte die Scheiben der Fenster zum Klingen.
    »Ich glaube, Sie sind falsch verbunden«, gab Gruber mit einer Stimme zurück, die er selbst nicht erkannte. Sie klang brüchig wie die eines alten Mannes. »Hier ist …«
    »Ich weiß, wer da ist«, unterbrach ihn der Anrufer sanft. Er sprach Spanisch mit einem Akzent, den Gruber nicht einordnen konnte. »Die Frachtagentur Gruber auf dem Flughafen El Dorado in Bogotá, Kolumbien. Sie sitzen in Block B, im letzten Stock, direkt unter dem Dach.«
    Instinktiv blickte Georg aus dem Fenster auf die Straße, ob ihn der Anrufer nicht beobachtete. Doch abgesehen vom üblichen Kommen und Gehen, den Fahrzeugen der internationalen Kurierdienste und ein paar LKW s war niemand zu sehen.
    Der Anrufer lachte leise, als hätte er seine Gedanken erraten. »Nein, ich bin ganz weit weg, Señor Gruber, und weiß doch genau, mit wem ich spreche. Ich bin gern gut informiert, wissen Sie? Das ist ein Teil meiner Geschäfte.«
    Georg hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. Dieser Akzent … Er spürte das kleine Döschen mit dem Ring in seiner Hosentasche.
    »Denken Sie in Ruhe nach, ich habe keine Eile. Die wichtigen Dinge im Leben sollte man nicht überstürzen.« Die Stimme des Anrufers klang einschmeichelnd.
    »Wer spricht da überhaupt?« Georg ärgerte sich darüber, dass der Unbekannte so viel über ihn zu wissen schien und er im Gegenzug gar nichts.
    »Oh, Verzeihung, mein Fehler. Mein Name ist Soichiro Takanashi.«
    Japaner. Das erklärte den Akzent, dachte Georg und grübelte nach, ob ihm der Namen bereits irgendwann einmal untergekommen war.
    »Sollte ich Sie kennen? Leben Sie in Bogotá?«
    Ein leises Lachen kam durch die Leitung. »Zweimal ein klares Nein, Señor Gruber. Ich muss gestehen, ich war noch nie in Kolumbien, ja nicht einmal in Südamerika. Aber vielleicht hole ich das schleunigst nach. Zum Teil wird das auch von Ihrer Entscheidung abhängen.«
    »Von mir?«, erkundigte sich Georg erstaunt.
    »Natürlich, von Ihnen und dem Ring.«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen«, versuchte Gruber auszuweichen. »Ich verkaufe Fracht in die ganze Welt, meist per Flugzeug. Aber keine Ringe.«
    »Nun, ich will jetzt nicht in Phrasen verfallen, aber es gibt immer ein erstes Mal«, kam es leicht ironisch durch das Telefon.
    »Hören Sie zu, Señor Takanashi. Ich möchte ja nicht unhöflich erscheinen, aber diese Unterhaltung führt meiner Meinung nach zu nichts. Sie wollen offenbar einen Ring kaufen, sind überzeugt, dass ich einen habe und dass ich ihn Ihnen verkaufen würde. Aber dem ist nicht so.« Georg beschloss, das Gespräch so rasch wie möglich zu beenden.
    Takanashi ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Was ist nicht so? Sie haben keinen Ring, oder Sie wollen ihn nicht verkaufen?«
    »Ich glaube, ich lege jetzt einfach auf«, stellte Georg lakonisch fest. »Sie hören mir ja doch nicht zu.«
    »Nein, Señor Gruber, Sie hören mir nicht zu. Sie haben etwas, das ich gern von Ihnen erwerben möchte. Einen Ring mit einem Totenkopf.« Takanashis Ton war der eines geduldigen Lehrers, der einem etwa begriffsstutzigen Kind die Lektion in leicht verständlichen Scheibchen darlegt. »Er stammt von einem gewissen Heinz Claessen, ist von Himmler signiert und hat eine Besonderheit: Zwei schwarze Diamanten wurden in die Augenhöhlen des Totenkopfes gefasst.«
    Georg schluckte. Seine Gedanken rasten. Dann fiel es ihm ein. Natürlich, Señora Valeria und ihr kleiner Laden in La Candelaria! Er hatte ihr sogar seine Visitenkarte hinterlassen …
    »Sie haben ein beneidenswertes Netzwerk«, murmelte Gruber und begann, Strichmännchen auf die Schreibunterlage zu zeichnen. »Ich dachte nicht, dass sich die Neuigkeiten in Ihren Kreisen so rasch herumsprechen.«
    »In welchen Kreisen?«, fragte

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