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Falsch

Falsch

Titel: Falsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schilddorfer
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Georg etwas erwidern konnte, erklang das charakteristische Tut-tut-tut. Sein geheimnisvoller Gesprächspartner hatte aufgelegt.
    Auf der anderen Seite der Erde streckte sich Soichiro Takanashi zufrieden in seinem Liegestuhl und blickte versonnen auf den Altausseer See hinunter. » Kuchi wa wazawai no moto «, zitierte er mit einem dünnen Lächeln ein altes japanisches Sprichwort. »Der Frosch im Brunnen weiß nichts vom großen Meer.«

4
DAS ANGEBOT

Auf dem Flug nach El Dorado,
Bogotá/Kolumbien
    Der Tower in Medellín hatte sich nach einigen Erklärungsanläufen John Finchs wieder beruhigt und dem Piloten schließlich einen guten Flug nach Bogotá gewünscht. Dafür waren alle Voraussetzungen gegeben. Abgesehen von einigen harmlosen Kumulus-Wolken, die sich in der Nachmittagsthermik bildeten, war das Wetter klar und die Sicht auf die Bergwelt der kolumbianischen Gipfel atemberaubend.
    Die Motoren der Albatross dröhnten vertrauenserweckend gleichmäßig. Fiona blickte aus dem rechten Seitenfenster auf den langsam unter ihnen vorbeiziehenden Teppich aus Wäldern und Ackerland. Dazwischen leuchteten immer wieder Flächen roter Erde auf, wie tiefe Wunden in der üppigen Vegetation.
    »Wann wurde diese schwimmende Rarität eigentlich gebaut? Vor oder nach dem Krieg?« Fiona schaute zu Finch hinüber, der entspannt in seinem Sitz lehnte und die Albatross mit leichtem Griff auf Kurs hielt.
    »Meinen Sie den Ersten oder Zweiten?«, grinste er und fuhr sich mit der Hand durch seine kurzgeschnittenen grauen Haare. »Nein, im Ernst, Grumman baute die erste Albatross 1947 und die letzte in den späten fünfziger Jahren, insgesamt vierhundertsechzig Stück. Sie zählen bis heute zu den verlässlichsten und vielseitigsten Flugzeugen, die jemals entwickelt wurden. Sie retteten unzählige Menschen aus Seenot, flogen Geheimeinsätze hinter den feindlichen Linien, jagten Unterseeboote und landeten auf dem offenen Meer unter Bedingungen, die oft schlichtweg katastrophal waren. Im Jahr 1967 flog die Albatross ihren letzten Einsatz in Vietnam, sechs Jahre später musterte die amerikanische Armee die Flugzeuge aus und überstellte sie an die Küstenwache. Die Helikopter waren immer besser geworden und übernahmen nun die militärischen Aufgaben.«
    Finch kontrollierte den Kompass und legte die Albatross in eine sanfte Kurve. »Dann, 1983, kam auch das Aus für das Wasserflugzeug bei der Coast Guard.«
    »Und wie kamen Sie an dieses Exemplar?«
    »Nur wenige Menschen wissen, dass die Albatross auch in den sogenannten Drug Wars gegen das kolumbianische Drogenkartell eingesetzt wurde«, erzählte Finch. »Langstreckenflüge von Miami aus waren an der Tagesordnung. Viele Crews flogen Geheimeinsätze entlang der kolumbianischen Küsten, verfolgten Schiffe und Schnellboote, sammelten Tonnen von Drogen ein, vor allem Kokain. Am Ende blieben zwei Albatross in Kolumbien zurück. In einer davon sitzen wir nun, die andere wurde verschrottet.«
    »Also ein Stück fliegende Geschichte«, meinte Fiona. »Wie ihr Pilot.«
    »Aber ein paar Jahre jünger«, feixte Finch. »Am Ende ihrer Regierungsdienste wurden die Grummans verkauft, vorwiegend an Privatleute oder Charterfirmen, die sie umrüsten ließen und die Flugzeuge an ihre neuen Aufgaben anpassten. Normalerweise wurde die Albatross immer von mindestens zwei Mann geflogen, aber ich habe meine so umbauen lassen, dass ich sie auch allein fliegen kann. Wie Sie wissen …«
    »… sind Sie ein Einzelgänger«, vollendete Fiona den angefangenen Satz, »wahrscheinlich, weil es niemand länger mit Ihnen ausgehalten hat. Waren Sie eigentlich jemals verheiratet?«
    »Oft«, gab Finch zurück. »Mit meinen Flugzeugen, der Wüste, Afrika, dem Continental in Kairo …«
    »Also nie«, nickte sie. »Kein Wunder. Bevor eine Frau Sie schnappen konnte, waren Sie auch schon wieder in der Luft und verschwanden am Horizont in ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang.«
    Finch lächelte und griff in die Tasche. Dann zog er eine Münze heraus und reichte sie seiner Kopilotin.
    »Ich weiß, der Silberdollar«, nickte sie.
    »Sehen Sie genauer hin«, forderte er sie auf.
    »Ein Maria-Theresien-Taler«, wunderte sich Fiona. »Haben Sie Ihre Taschen immer voller Silber?«
    »Nein, nur der Dollar und der Taler begleiten mich seit langem.« Der Pilot streckte sich und rückte die Sonnebrille zurecht. »Hinter jedem steckt eine Geschichte. Welche wollen Sie hören – die des Dollars von 1814 oder die des

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