Falsche Brüder
sein?
„Ja“, sagte Lang lakonisch, „und euch vernichten.“
Ein feines Zirpen lag in der Luft. Gleichzeitig schien es, als
leuchteten die Augen des Fremden auf, und ich hatte den
Eindruck, Heiterkeit ziehe über dieses Engelsgesicht.
„Das
denkst du… Ich möchte, dass ihr dieses Objekt hier und…“ Er
unterbrach einen Augenblick, gab, für uns nicht sichtbar, eine
Anweisung, denn eine der Kugeln breitete eine Karte aus oder
ließ sie durch das Feld ausbreiten. „… diese dort nicht angreift.“
Ein Blitz fuhr über das Material. Deutlich hervorgehoben, befand
sich darauf eine beträchtliche Anzahl von Vierecken, auf die er
wies.
„Warum nicht?“, fragte Lang betont naiv.
„Ich möchte keinen Kampf, und ich denke, dass ihr uns helft.“
Wie das Selbstverständlichste von der Welt klang das.
„Wie kann ich euch trauen!“ Lang verfolgte weiter unsere
Taktik.
„Ich verstehe deine Frage nicht.“
„Wer sagt uns, dass ihr es ehrlich meint, uns in Sicherheit
wiegt, um dann um so grausamer über uns herzufallen? Wir
haben keine guten Erfahrungen mit euch.“
„Was müsste ich tun?“
„Du baust die Kuppel ab, Menschen übernehmen deine Waffen,
und du selbst kommst einige Tage mit uns.“
Eine ganze Weile geschah nichts.
Das war schon merkwürdig. Wir standen uns im Gang des
Gewächshauses in trübem Licht gegenüber. Lang und ich voller
Anspannung – mein Puls schlug bis zum Halse –, aber wir
rührten uns nicht. Sicher war ich mir, dass sie sich intensiv
abstimmten.
Dann das Ergebnis: „Das werden wir nicht tun!“ Und das
klang endgültig und – stolz.
Nun hatten wir nicht mit einer Verbrüderung gerechnet, doch
seine Ablehnung überraschte mich, und Lang erging
es
offensichtlich nicht anders. Er tat das Vernünftigste, ließ den
anderen kommen. „Was schlägst du vor?“, fragte er gedehnt.
„Wir wollen den Kampf beenden und – dass ihr uns helft,
wie auch wir euch helfen können. Wir wollen Partner – und
keine Gefangenschaft Und wer sagt mir, euch ist zu trauen?“
„Na hör…“ Lang wollte aufbrausen, beherrschte sich jedoch
sofort.
In sanfterem Ton fuhr der Unbemäntelte fort: „Es gibt einen
zweiten, pragmatischen Grund. Nichts Auffälliges
darf
geschehen.“
„Weshalb?“, fragte Lang, da eine Erklärung ausblieb.
„Die Basis würde uns vernichten.“
Also doch! Die Unbemäntelten sind uneins! Einige, die Anzahl
der gekennzeichneten Kuppeln wies darauf hin, hatten den Weg
des Grauens und der Unterwerfung verlassen. Und einen
Augenblick spürte ich Bedauern, als ich an
unsere
Angriffsvorbereitungen dachte. Dann schalt ich mich töricht.
Dennoch, es war das Höchste, was erreicht werden konnte. Und
in meiner Vorstellung erlebte ich euphorisch den Frieden,
verbunden mit dem unerhörten Ereignis: Kontakt mit einer
anderen Zivilisation. Verhindern konnte ich nicht, dass sich
Wehmut einmischte…
Ein Nein, verhältnismäßig scharf betont, des Unbemäntelten
riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte den Dialog nicht
verfolgt, wusste aber um unseren Auftrag. Es musste uns jetzt
darauf ankommen, die Gesamtheit der Fremden auf die neue
Linie zu bringen. Und wieder glitten meine Gedanken ab. Ich war
es, der bei Suiter bis zuletzt abgeraten hatte, den Eindringlingen
zu trauen. Zu sehr hatte sich in mir der Hass angesammelt,
und zu sehr sah ich unseren Erfolg greifbar.
„… bedenke, es könnte Opfer zu Tausenden geben“, hörte
ich Lang beschwörend sagen.
Abermals kam ein hartes Nein.
Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder voll dem Gespräch
zu. Der Unbemäntelte ließ sich zu einer Erklärung herab. „Wir
sind elf“. Zum Unterstreichen fuhren wieder die Blitze über die
Karte. „Und ich sage dir, entweder die elf oder keiner. Jeder
von den anderen würde unsere Vernichtung herbeiführen. Ich
weiß das, es muss dir genügen.“
„Ist in jeder Kuppel einer von euch – Unbemäntelten?“, fragte
ich. „In jeder.“
Ich verbarg meine Überraschung. Bislang hatten wir
angenommen, die Unbemäntelten befanden sich allesamt in der
Basis. Ja, ich hätte darauf geschworen, dass es anfänglich so war.
Wie aber sind sie nachträglich in die Kuppeln gekommen? Wenn
wir auch nichts ausrichten konnten, beobachtet hatten wir stets
und, wie wir meinten, scharf.
Natürlich hatte die offensichtliche Spaltung im Lager der
Fremdlinge eine beträchtliche Erregung in den führenden
Gremien der Vereinten Nationen und der Armee hervorgerufen.
Bei den pausenlosen Beratungen waren Lang und ich zwar
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