Falsche Brüder
Kuppeln nicht.
Lang hatte Lob und Tadel eingeheimst. Lob für den Erfolg –
nur sieben der Unsrigen hatten die Aktion mit dem Leben bezahlt
– und Tadel für den Alleingang. Er hatte vor
seiner
Entscheidung die Kampfleitung nicht informiert, sondern erst
mit seinem Bericht. Er musste das Versprechen abgeben, solche
Eigenmächtigkeiten nicht zu wiederholen.
Das alles erfuhr ich von Suiter, der mich nach diesen zehn
Tagen zu einer Sonderberichterstattung nach Helsinki beorderte.
Er fragte mich freimütig nach meiner Meinung und was ich an
seiner Stelle täte.
Natürlich wusste ich das auch nicht, zumal die Fremdlinge
hartnäckig schwiegen und die zentrale Leitung keine anderen
Informationen hatte als wir an der Front.
Wir mussten abwarten und unseren Wall stärken. Und wir
durften denen nicht trauen. Das sagte ich Suiter.
„Wie schätzt du unsere gegenwärtige Lage ein?“
„Patt.“
„Patt – trotz der unablässigen Verdichtung unserer Linie.“ Er
dachte laut. „Ja – die Kuppel, diese Felder… Schade, dass uns
diese elf so wenig helfen können – zumindest in diesem
Kampf…“
„Da soll es noch wirkungsvollere Waffen geben“, sagte ich
zurückhaltend und dachte dabei an die getarnte Kolonne.
„Die kommen nicht in Frage“, erwiderte er scharf. „Mir
genügen schon diese Raketen!“
Das Videophon schnurrte. Suiter griff zum Hörer, nahm
eine kurze Meldung entgegen. Der Bildschirm blieb dunkel. „Sie
dehnen ihre Kuppel aus“, sagte er dann mit
sorgenvollem
Gesicht.
Ich sprang auf: „Verflucht!“
„Einen Grabenabschnitt haben sie plötzlich eingeschlossen.
Sechzig Mann… Die Unseren weichen zurück.“
„Wir haben keine Tiefenstaffelung“, rief ich aufgeregt.
„Eben“, antwortete er ruhig. „Das werden wir schleunigst
ändern. Ich fliege hin, du kannst gleich mitkommen.“
Als wir ankamen, fanden wir eine völlig veränderte Situation
vor, die nicht anders zu deuten war, als dass sich unsere Gegner
übernommen hatten.
Nach den Berichten hatte sich Folgendes zugetragen: Die
Kuppel hatte sich plötzlich sprunghaft ausgeweitet und besagten
Befestigungsabschnitt gleichsam geschluckt. Natürlich herrschte
Bestürzung, denn bei einem nächsten solchen Sprung musste
mit größeren Verlusten gerechnet werden. Also ließ Lang
räumen.
Wie schon oft nutzten die Fremden ihre Chance nicht. Hätten
sie nämlich, so schätzte Lang selbst ein, zum Zeitpunkt der
Räumung, die ziemlich überstürzt begonnen wurde, ihr
Schlierenfeld verschossen, es hätte unermessliche Verluste
geben können.
Aber kaum hatten die Menschen provisorisch neue Stellungen
bezogen und diese in Verteidigungsbereitschaft versetzt, wurde
die bedrohliche Kuppel vor ihnen hell und durchsichtig.
Vorbereitung zu einem neuen, größeren Sprung? Alle
schwebten in Ängsten!
Mitnichten.
Die Kuppel zog sich auf die Ausgangsposition zurück und
präsentierte sich zunächst, wie gehabt, stark eingetrübt. Später
ließ das jedoch nach – jetzt wallte das Ganze als befände sich
eine starke Rauchquelle im Innern.
Lang hatte jedoch nicht wieder nachrücken lassen, sondern nur
einige vorgeschobene Posten besetzt. Die vordem provisorisch
bezogene Linie wurde nunmehr auf das Stabilste ausgebaut.
Suiter berief eine Beratung hoher Offiziere ein, an der ich
teilnehmen durfte. Man neigte allgemein dazu, dass das
kurzzeitige Vorrücken der Kuppel eine erneute Warnung für
uns bedeutete, und in der Tat, wenn sie partiell vorzurücken
imstande waren, konnten sie uns ebenso stückchenweise
schlagen. Man beschloss, nächste Aktivitäten abzuwarten und
diese nicht von vornherein mit vernichtenden Schlägen zu
beantworten. Wir brauchten nun auch Zeit, um die neuen
Stellungen auszubauen.
Ich war jedoch anderer Ansicht und rang lange mit mir, ob es
angemessen sei, sie kundzutun in diesem Kreis. Schließlich –
noch bevor Festlegungen endgültig getroffen wurden – meldete
ich mich. „Ich halte das, was sie demonstrierten, für eine
ausgesprochene Schwäche.“ Ich erreichte, dass man mir
aufmerksam zuhörte, auch diejenigen, die erwartet hatten, dass
die Beratung zu Ende sei, und ihre Unterlagen bereits
einpackten. „Dieses Vor- und Zurückrücken, das Auf und Ab
der Feldverstärkung lassen nur einen Schluss zu: Sie sind mit
ihrer Energie am Ende. Es wird eine Frage von Tagen sein, dass
sie die Kuppel aufgeben müssen.“ Ich wurde vermessen in
meiner Argumentation, wer konnte dies schon wissen! „Ich
erwarte ein neues Verhandlungsangebot.“
Suiter schaute
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