Falsche Brüder
Schüssen einer Mehrlingsflak bellte
auf. Ich brauchte gar nicht hinzusehen, wem sie galten. Die drei
Detonationen sagten es deutlich.
Zunächst überkam mich Genugtuung. Wir handelten
entschlossen, kuschten, duckmäuserten nicht. Und der Gegner
blieb verwundbar. Dann überfiel mich Furcht. Ich kannte ihre
Drohung und hatte nicht den geringsten Zweifel an deren
Ernsthaftigkeit.
Und Lang? Zweifelte er? Erfahrungen hatte er nicht, aber
genügend Hinweise anderer. In seiner Hand lag vielleicht unser
aller Leben. Und er hatte soeben darüber entschieden!
Die Fremden kannten jetzt unsere Reaktion auf ihre Forderung.
Vorsichtig lugte ich über den Grabenrand. Auf unseren
Frontabschnitt kamen in gemächlichem Tempo zwei Schweber
zu. Neben mir hörte ich verhaltene Befehle, als befürchtete
jener, der sie gab, der Anrückende könnte durch größere
Lautstärke gewarnt werden.
Wieder bellte eine Flak. Ich sah zu – wie in einem Panoptikum
–, wie sich der Schütze mit Leuchtspurmunition einschoss, wie
die gegnerischen Flugzeuge, eines nach dem anderen, getroffen
wurden und abtrudelten. Ich duckte mich weg; denn das zweite
stürzte keine zwanzig Meter seitlich von mir auf den Boden, wo
es endgültig zerschellte. Ja, das hatten wir mittlerweile im Griff!
Sie hatten binnen kurzem fünf Flugzeuge verloren, ohne selbst
einen einzigen Schuss abgefeuert zu haben. Jetzt müssten sie
wissen, wie wir auf ihre Forderungen antworteten. Was hatte der
Unbemäntelte gesagt: „… wir werden eure Reaktion erfahren
und danach handeln.“
Wann handeln sie? Vor allem – wie? Sollten sie tatsächlich –
wie Lang anzunehmen schien – am Ende sein und blind
gedroht haben?
Nein – denn eben stiegen rote Raketen auf.
Ich sah hinaus.
Eines der Raumschiffe hatte sich vom Boden gelöst, schwebte
bereits hundert Meter darüber.
Ich beobachtete das klopfenden Herzens
– und mit mir
Tausende in der Ringstellung. Aber diese hatten die drohende
Stimme nicht im Ohr und keine Ahnung, was Gegenstand des
Gesprächs gewesen war. Es sei ergebnislos verlaufen, so lautete
die allgemeine Information – im Grunde nicht falsch.
Das fremde Schiff verließ seinen Standort über dem Platz und
schob sich seitlich – von mir aus gesehen, im rechten Abschnitt
– an die Front heran.
Dann wurde die Luft schlierig. Sie feuerten dieses merkwürdige
Feld auf uns!
Ich ließ mich die Grabenwand hinuntersinken, verharrte. Doch
dann hatte ich keine Ruhe, beobachtete weiter.
Die Fremdlinge wollten offenbar unsere Linie peripher
abfliegen – im Augenblick entfernte sich das Schiff von mir –
und dabei ihre tödlichen Strahlen zu uns herabsenden.
Aber wir durchkreuzten ihre Absicht!
Ebenfalls rechter Hand löste sich mit donnerndem Getöse
ein silbriger Körper vom Boden, gestützt auf einen mächtigen
Feuerschweif. Der zischte auf das Schiff zu.
Da musste diese geheime Einheit am Wirken sein! Stolz erfüllte
mich, und im Augenblick dachte ich nur flüchtig daran, wofür
diese schrecklichen Waffen einst entwickelt worden waren.
Sicher war ich mir, dass dieses Geschoss keinen jener
furchtbaren Neonidsprengköpfe tragen würde.
Bevor aber der Körper blendend und ohrenbetäubend
detonierte, hatte ich den Eindruck, er sei vor dem Schiff in der
Luft hängen geblieben.
In der Tat. Der fremde Flugkörper hatte den Angriff
überstanden! Aber nicht gut. Er trudelte, taumelte, drohte
auszubrechen.
Offenbar versuchte der Kommandant zu fliehen, Kurs zurück
auf den Startplatz zu nehmen. Er schaffte es nur unzulänglich.
Das Schiff sackte rasch zu Boden, ging etliche Dutzend Meter
neben den übrigen nieder, knickte ab und blieb schräg liegen.
Das war nicht majestätisch und drückte kaum Überlegenheit
aus. Und das Jubelgeschrei rings um mich her zeugte davon,
dass nicht nur ich so empfand.
Ich sah noch, wie etliche Kugeln und andere Gebilde – eine Art
schwebender Container, etwa Unbemäntelte? – das beschädigte
Schiff verließen.
Da trübte sich die Kuppel wieder ein.
Ein Sieg? Etwa ein nachhaltiger? Einige empfanden so. Ich nicht.
Die nächsten zehn Tage bekamen wir von den Fremdlingen
nichts zu sehen.
Ich inspizierte die anderen Kuppeln in dieser Zeit. Dort hatte
sich nichts verändert, außer dass sich mehr grüne Kugeln drin
aufhielten. Der Zuwachs offenbar. Sie hatten jedoch keine
Fahrzeuge und trauten sich nicht heraus. So jedenfalls
interpretierten wir ihre Passivität.
Menschen aber, sosehr ich nach ihnen ausschaute, entdeckte
ich in diesen
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