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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Schuss,
ich richte ein, laden, Schuss, und so fort, klar?“
„Klar“, bestätigte der Ringer.
Ich zählte sechs Raketen, die bereitlagen.
„Pass auf. Du musst runter. Sie spucken nach hinten.“
Ich war dem Mann dankbar. Nicht des Ratschlages wegen – das
hatte ich mir denken können
– sondern wegen
dieser
kaltblütigen Umsicht, die er an den Tag legte. Ich nahm das
Sprechgerät. „Achtung“, rief ich hastig, „Deckung, wir
schießen! Laden! Plane – weg!“
Der Sommersprossige vollzog den vierten Schnitt nervös und
hastig, verhedderte sich, tat dann das einzig Richtige, er fetzte die
grobe Leinwand ab.
Der Ringer schob das Geschoss ein. Wir kauerten uns unter die
Batterie.
Einen winzigen Augenblick schloss ich die Lider. „Es muss!“,
sagte ich mir. Ich wollte nicht denken, was geschehen würde,
gelänge der Angriff nicht. „Feuer!“
Ich erschrak bis ins Innerste, als es gleichzeitig über mir
fauchend aufjaulte, ringsum taghell wurde und eine
Erschütterung durch das Fahrzeug lief, von außen ein
ohrenbetäubender Knall aufsprang, dem orgelndes Heulen und
Prasseln folgten.
Fast hätte ich in meiner Haltung verharrt, doch da schrie der
Ringer: „Ha! Der hat gesessen!“
Ich schnellte in die Höhe. „Eins, zwei, drei…“ Stechende Hitze
schlug mir entgegen. Ich konzentrierte mich. Draußen stand
eine Wolke. Wie ein Schemen darin der Schweber. Ich
präzisierte: „Laden!“ Es klang fiebrig, nur keinen Fehler
machen. Eine wilde Freude hatte mich erfasst. „Feuer!“ Nach
dem Schuss war ich sofort wieder oben. Und ich wusste, als
die Detonation krachte, getroffen! Sonst wäre das Geschoss in
der Ferne verjault!
Es blieb flackernd hell unter der Plane. Auf der anderen Seite
war die Abdeckung in Brand geraten. „Mach das weg!“ rief
ich, aber da hatte ich bereits den dritten Schweber im Rohr.
Keine fünf Sekunden konnten vergangen sein. Und der Ringer
lud stoisch wie ein Roboter.
Mein vierter Feuerbefehl kam, als sich der vierte Schweber
langsam anhob. Aber bevor er beschleunigen konnte, krachte
es. Auch er würde keine Blitze mehr schleudern, noch Busse
entführen…
Der Gestank nach verbranntem Treibmittel, vermischt mit
dem Textilienqualm, wurde unerträglich. Ich biss die Zähne
zusammen, kurbelte zurück, suchte draußen in Rauch und
Staubfontänen die fünfte Halbkugel. Aber diese hatte bereits an
Höhe gewonnen, wurde schneller und zog schemenhaft über das
Moor davon. Dennoch jagten wir die Rakete hinterher, doch
diese verheulte in der Ferne.
Eine plötzliche Stille brach über uns herein. Die kleinen,
knisternden Flammen an der Plane verstärkten diese Ruhe eher,
als dass sie sie störten.
Aber dann brach es los. Zunächst zögernd noch, als könnte es
niemand fassen, dann zunehmend, bis es sich ins Unerträgliche
steigerte: Die Männer sprangen aus den Fahrzeugen, schrien,
lachten, trampelten, schossen mit Handfeuerwaffen. Es war, als
machten sich die angestaute Angst, die ohnmächtige Wut und
echte Freude auf einmal unbändig Luft.
Es gelang mir lediglich, in diesem Tohuwabohu anzuordnen:
„Mach das aus!“ Und ich meinte damit die kleinen Feuer auf
dem Fahrzeug, und auch nur der Ringer kam dem nach, indem
er die Plane in Fetzen abriss, schließlich einen Löscher griff und
wie bei einer Übung mit großer Ruhe die Flammen verzischen
ließ.
„Komm“, forderte ich ihn dann auf. „Wir müssen uns um die
aus dem Bus kümmern!“
Wieder begriff der Ringer sofort. Wir sprangen vom Wagen,
drängten durch die johlende Menge.
Dann stellte ich fest, dass meine Fürsorge unbegründet war.
Auch die aus dem Bus, obgleich wahrscheinlich fronterfahren,
beteiligten sich an dem Taumel. Nur einige bemühten sich um
Verletzte.
Dann endlich – ich hatte mich bislang nicht um eine Dämpfung
dieses Gebarens gekümmert, ich empfand das alles wie
unwirklich, als wäre ich betäubt, als träumte ich oder wäre
eigentlich nicht beteiligt
– drangen Befehlstöne aus dem
Schreien. Das Getöse ging in aufgeregtes Gemurmel über, jeder
erzählte jedem, wie man denen heimgeleuchtet habe…
Und da erst kam die Reaktion über mich. Ich musste mich,
ungeachtet des Schmutzes, anlehnen am Unterboden des Busses,
ein Schwindel hatte mich erfasst. Der Ringer sagte nichts, aber
er griff zu, stützte mich. „Mein lieber Mann“, sagte er. „Das
war was, das macht dir so schnell keiner nach!“
Ich lächelte verkrampft. Mir kam in diesem Augenblick das
Bild des flüchtenden Kladivos ins

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