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Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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kurz entschlossen zu
meinem Adjutanten erkoren. Ob jener mit dieser unerwarteten
Rolle zufrieden oder wenigstens einverstanden war, darüber
schwieg er.
Erst um Mitternacht löste ich die Lagebesprechung auf, die ich
mit den Unterführern und den anderen Offizieren geführt hatte.
Wir hatten jeden Eventualfall erwogen, stets unter dem
Blickwinkel, den befohlenen Aufmarschraum zu
erreichen,
Verluste zu vermeiden, wenn nicht anders, dann
durch
Gegenwehr. Aber – und zu einem solchen Entschluss fühlte ich
mich durchaus berechtigt – wir würden die Konfrontation nicht
suchen. Wie auch!
In der Beratung hatte ich deutlich gespürt, wie ein zuviel an
Autorität und Vorbild, vielleicht auch Nimbus, der
Sache
schaden konnte. Ich war der Fronterfahrene, der ranghöchste
Offizier, der Entschlossene und – obendrein – der Held des
Tages. Selber fühlte ich mich äußerst unsicher. Und dennoch:
Sie stimmten all meinen Vorschlägen zu, ohne zu zögern, ich
musste regelrecht Widerspruch herausfordern, musste meine
Ideen selbst in Zweifel ziehen. Und ich dachte: Wie groß
mochte der Schaden sein, der auf solche Art in der
Menschheitsgeschichte entstanden
war? Ich konnte mir
vorstellen, dass manch einer, wenn man es ihm immer wieder
sagte, demonstrierte, wie gut und unfehlbar er sei, am Ende daran
glauben mochte.
Ich fand länger keinen Schlaf, lag im Zweifel, ob ich richtig
gehandelt hatte. Schließlich wären wir in zwei Stunden in Ivalo
gewesen. Ich hätte die Kolonne dort übergeben und mich auf die
Suche nach meiner Einheit machen können. So standen wir hier
und vertrödelten Zeit.
Was aber, wenn uns die Usurpatoren erneut massiert angriffen,
einen Vergeltungsschlag – so unvorbereitet wie wir waren –
während des Marsches auf der Straße, zum Beispiel mit
diesen Scherenstrahlern, führten? Es hätte das Ende vieler Jungs
und den Verlust der Waffen bedeutet.
Wir hatten versucht, den Stab in Ivalo zu benachrichtigen, und
Fahrzeuge, die immer spärlicher an uns vorüberfuhren,
angehalten, deren Insassen um die Überbringung
von
Nachrichten gebeten.
Von solchen Leuten erfuhr ich auch, dass der Zwischenfall im
Rundfunk gemeldet worden war und viele nunmehr diesen
Abschnitt der Fernstraße mieden.
Sie griffen an, als die Sonne aufzusteigen begann.
    Mich schreckte der Alarmruf aus einem tiefen Schlaf. Ich
benötigte Sekunden, bevor ich begriff, dann jedoch sprang ich
von der Plattform des Wagens. Fast gleichzeitig meldete ich
mich über Sprechfunk. Aber ich hätte nähere Informationen, die
jetzt von den Posten eingingen, nicht mehr gebraucht. Die
Straße entlang, aus Richtung Ivalo kommend, vielleicht in
dreißig Meter Höhe, noch drei-, vierhundert Meter entfernt, glitt
einer jener Disken. Da die Kolonne wieder in Marschrichtung
stand, war das Fahrzeug, auf dem ich genächtigt hatte, das erste
in der Schlange. Ich kauerte mich halb darunter, sodass ich
mich in Deckung befand, dennoch aber die Maschine
beobachten konnte.
    „Nicht reagieren!“, befahl ich. „Alles bleibt im Schutz der
Rohrbündel. Dort sind die Elektroblitze wirkungslos, und diese
Dinger haben nur“, ich hätte nicht zu sagen vermocht, wo ich
diese kaltblütige Behauptung hernahm, „diese Blitzwerfer.
Höchste Bereitschaft aber, Freunde! Diesen lassen wir durch, es
ist ein Späher.“
    Erst in diesem Augenblick schienen die Fremdlinge die
Kolonne bemerkt zu haben.
Der Diskus verhielt, stieg dann, unheimlich rasant
beschleunigt, in die Höhe, und nun erst, gleichsam tastend,
schob er sich wieder näher.
Mir wurde es doch mulmig, als sich das Flugzeug über mir
befand und langsam die Kolonne abflog. „Nicht die Nerven
verlieren!“ Aber ich flüsterte es in das Mikrofon.
„Ruhig
verhalten. Wir müssen wissen, was sie vorhaben.“
Dann wurde mir plötzlich bewusst, dass wir, ich, einen Fehler
gemacht hatten: Die Fahrzeuge hätten nicht gesäumt von Bäumen
stehen dürfen! Griff der Gegner seitlich an, würde er über uns
sein, noch bevor wir reagieren konnten. Auch den seitlich im
Wald aufgestellten Posten
würde durch die Baumwipfel
hindurch der Überblick fehlen. Ich gebot deshalb diesen Soldaten
besondere Aufmerksamkeit. Sie meldeten jedoch keine
besonderen Vorkommnisse.
Ich atmete dann beinahe erleichtert auf, als sie – wie jener erste
Diskus – in einem exakten Formationsflug die
Straße
entlangglitten. Und mir schien sofort klar, was sie vorhatten: Es
kamen Schildkröten, man konnte ihre Anzahl nicht ausmachen,
es

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