Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Falsche Brüder

Falsche Brüder

Titel: Falsche Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
Soldaten, noch bevor sie die Front erreicht hatten, nicht mehr
kämpfen würden.
Sie wollen unsere Flucht nicht und nicht, dass wir die Fahrzeuge
verlassen. Was haben sie vor?
Dann entschloss ich mich doch, einen Rückzug zu versuchen.
Ich dachte an die vielen Jungs in den Fahrzeugen – dass sie kaum
jünger als ich selbst waren, daran dachte ich nicht. Zunächst
fragte ich ab, bis zu welchem Fahrzeug Sichtkontakt bis zum
Ort des Geschehens bestand. Es dauerte lange, bevor ich
Antwort bekam.
Weiter hinten wussten sie nicht, was sich tat. Ich klärte kurz auf
und beruhigte gleichzeitig, mahnte zu besonnenem Verhalten.
Dann gab ich dem Schlussfahrzeug Befehl, rückwärts zu stoßen,
zu wenden und die Spitze für eine Rückfahrt zu übernehmen.
Ein Fahrzeug nach dem anderen sollte folgen. Etwa zehn
Kilometer südlich hatten wir einen dichteren Wald mit hohen
Bäumen passiert, dort sollte die Teilkolonne weitere Befehle
abwarten. Blieben diese aus – soweit ging ich –, dann sollte der
Offizier mit dem nächsthöheren Dienstgrad am Morgen des
Folgetages eine Vorausabteilung senden, einen Spähtrupp.
Während ich das anordnete, tauchte Kladivo vorsichtig aus der
Versenkung. „Das wäre meine Aufgabe“, murmelte er, aber es
klang keineswegs vorwurfsvoll, eher wie: Na, du wirst es schon
machen!
Meine volle Aufmerksamkeit galt dem Geschehen draußen,
zerstreut winkte ich Kladivo ab.
Die Tür des Busses wurde aufgerissen, zwei, drei Mann
drängten nach draußen und wurden erbarmungslos
niedergemäht. Wenig später wurde mit einem Gewehr die Tür
wieder zu gezogen, sie hatten begriffen.
Es geschah Merkwürdiges: Während der eine Schweber
gleichsam wie ein Wachhund offenbar die Menschen sowohl des
Busses als auch der Kolonne in Schach hielt, glitten die vier
anderen Halbkugeln über den Bus, entließen je einen grünen
Körper, und diese dirigierten Trossen, die sie irgendwie an dem
Bus anzubringen trachteten. Gleichzeitig ruckten die vier
Maschinen an, der Bus hob sich, ich vernahm einen Schrei aus
Dutzenden von Kehlen.
Und da passierte es, einen Augenblick empfand ich
Genugtuung über die Unvollkommenheit der Invasoren, bis ich
wieder an die Menschen im Autobus dachte: Entweder war eine
Trosse gerissen oder aus der Halterung gesprungen, jedenfalls
kippte das Fahrzeug nach hinten rechts ab, plumpste mit einem
dumpfen Laut zurück auf die Straße. Das gestörte
Kräftegleichgewicht führte offenbar dazu, dass der Schweber,
der vorn links zog, nach oben schnellte, zwei Meter vielleicht.
Doch das genügte, den Bus umstürzen zu lassen.
Die Flugzeuge der Fremdlinge trudelten, aus dem Bus scholl
Geschrei, und ich schlüpfte in Ausführung eines plötzlichen
Entschlusses auf der der Straße abgewandten Seite aus dem Jeep
und forderte die beiden Mitinsassen auf, mir schnell zu folgen.
Ich wartete nicht, rannte nach hinten, bis zum ersten Werfer.
Und obwohl ich mich beeilte, gingen meine Gedanken ruhig und
logisch. Sie wollten den Bus entführen, kein Zweifel. Und es
ging ihnen ganz bestimmt nicht um das Fahrzeug, sondern um
die darin befindlichen Menschen. Warum das Ganze, blieb
verborgen. Vielleicht brauchten sie Sklaven, und die zunehmend
verbesserte Evakuierung ließ sie nur menschenleere Ortschaften
antreffen. Wie dem auch sein mochte, im Augenblick jedenfalls
befanden sie sich in Verwirrung. Blieben sie beim Bus, mussten
sie sich etwas einfallen lassen, entweder neu anseilen oder wer
weiß was. Nahmen sie nun die Kolonne aufs Korn, mussten sie
sich vom Bus lösen. Und dass sie keine Überwesen waren,
bewies der Zwischenfall. So jedenfalls empfand ich, und das ließ
mich handeln.
Ich erreichte den nächsten Werfer. Hinter mir hörte ich
Keuchen und Schritte. „Aufs Trittbrett!“ rief ich verhalten. Unter
dem Fahrzeug hindurch mussten von der anderen Seite unsere
Beine zu sehen sein.
Ich sprang auf, neben mir, ängstlich, als folge das Küken der
Glucke, der junge Offizier. Kein Kladivo. Ich spähte zurück.
Etwas in der fortschreitenden Dämmerung auszumachen fiel
immer schwerer. Aber den mächtigen Körper Kladivos konnte
ich noch identifizieren. In langen Sätzen strebte der Offizier
einer Buschgruppe rechts von der Straße, im Moor, zu. Er blieb
unbemerkt, obwohl er sich nicht im Schutz der Fahrzeuge
befand.
Doch es war keine Zeit, sich mit dem Feigling abzugeben, wenn
die Unternehmung eine winzige Erfolgschance haben sollte.
„Aufmachen!“, herrschte ich, und ich hieb mit der flachen

Weitere Kostenlose Bücher