Falsche Froesche
kehren Sie alleine in Ihre Wohnung zurück, gratulieren sich zur schlauen Strategie und fallen ermattet ins Bett. Als Sie Ihren Schatz nach neunstündigem Tiefschlaf um zehn Uhr morgens frohen Mutes anrufen, kriecht eisiges Schweigen durch die Leitung. Schließlich hat er sich hinreichend gesammelt, um zu fragen, ob Ihr Liebhaber schon weg sei.
Das Projekt Vertrauen ist hiermit eingestellt. Das Handy wandert zurück in die Hosentasche. Textnachrichten werden gelöscht. Belastendes Material wie Fotos, Briefe, Einladungen kommt unter Verschluss. Treffen mit Freunden männlichen Geschlechts verheimlichen Sie. Verabreden Sie sich mit Freundinnen, geben Sie das Lokal nicht bekannt. Dass der Aggressionspegel des Ausgeschlossenen zusehends steigt, ist egal. Ihre Hauptsorge gilt mittlerweile Ihrem eigenen Verhalten.
An einem Samstagnachmittag im Kino fällt Ihnen siedendheiß ein, dass Sie nach der Reinigung der Toilette die Klobrille hochgeklappt ließen. Das deutet auf Männerbesuch hin. Bei der Heimkehr schießen Sie ins WC, um den Fehler zu korrigieren, bevor der Verrückte das Corpus Delicti entdeckt. Als Sie einen blauen Fleck, den Sie sich bei der Karambolage mit Ihrem Couchtisch auf dem Oberschenkel zugezogen haben, mit Abdeckstift überschminken, fragen Sie sich, wer hier paranoid ist.
Eines Abends, beim Live-Gig in einer Jazzbar, begehen Sie erneut das Verbrechen, von einem Fremden angestarrtzu werden. Zwar hält sich der Geliebte im Lokal zurück, gegen die laute Musik käme das wütendste Organ nicht an, doch zeigt er auf der Straße, was er kann. Es sei kein Wunder, dass die Männer glotzten, bei Ihrem Outfit. Hure, das ist neu. Ihr Huren-Outfit besteht aus dem fuchsiafarbenen Rock mit der schwarzen Bluse und den Stilettos, die Kombination, die Sie an jenem Abend trugen, als Sie sich für ihn entschieden hatten, und die Sie heute aus Sentimentalität anzogen.
Der Irre tobt und Sie, statt ihn wie üblich mit Liebesschwüren zu beschwichtigen, erkalten. Körperlich tritt er Ihnen nicht nahe, doch sehen Sie zum ersten Mal Gewalt in seinen Augen. Sie drehn sich um und gehen. Bald laufen Sie, denn er ist Ihnen auf den Fersen. Haarscharf vor ihm erreichen Sie Ihr Haustor, er blockiert mit seinem Fuß die Türe. Sie rasen zum Aufzug, stolpern, egal, hasten weiter, drücken den Knopf für den dritten Stock, und halleluja, die Schiebetür schließt sich einen Sekundenbruchteil, bevor er mit den Fäusten gegen die Glasscheiben hämmert. Zitternd, sein Keuchen im Treppenhaus kommt näher, stecken Sie den Schlüssel ins Schloss, schlagen die Wohnungstüre zu. Als er nach zwanzig Minuten immer noch Sturm läutet, rufen Sie die Polizei.
Das Muttersöhnchen
Mutter arg, Sohn Ärger!
Manfred Hinrich
FALLE
Er respektiert die Frauen.
HIMMEL
Wie schnell die Sonne aufgehen kann. Bei einer Party vor drei Tagen sind Sie dem Mann begegnet, und heute schon erfüllt wohlige Wonne Ihr angefrustetes Herz. Mehr noch als sein galantes Benehmen, seine Komplimente, die sympathisch altmodische Art, Sie zu hofieren, entzückt der wunderbare Charakter, den er so früh schon offenbart.
Seine Mutter, enthüllt der potenzielle Lover bei einem Glas Bordeaux, ist der wichtigste Mensch in seinem Leben. Sie lächeln weich und warm. Leise Pianomusik durchflutet die Bar. Welch liebes, offenes Gesicht, Sie versinken in seinem gutmütigen Blick. Die Rührung, die in Ihren Augen schwimmt, durchflutet langsam Ihren Körper, und tief im Bauch macht sich herrliche Gewissheit breit: Wer seine Mutter liebt und achtet, der wird auch mir nur Gutes tun.
Weil Sie wissen, wie der Hase läuft. Hände weg von Männern, die ihre Mütter schlecht behandeln, womöglich hassen. Was diese Kerle als erfolgreiche Abnabelung, gar Männlichkeit verkaufen, ist in Wahrheit ein betrübliches emotionales Defizit. Hinter der Fassade steckt der Typ Mann, der Frauen im Grunde verachtet. So charmant er sich anfangs noch geben mag, nach erfolgreich absolvierter Eroberungsphase kommt das Ekel zum Vorschein. Egozentrisch, unsensibel, verletzend. Einer aber, der seineMutter aufs Podest stellt, bringt der gesamten Spezies Frau Respekt entgegen.
Beschwipst von so viel Liebe, Menschlichkeit und Anstand, ein wenig auch vom Wein, lächeln Sie der gemeinsamen Zukunft entgegen. Sie freuen sich auf die kommende Zeit und können kaum erwarten, die sympathische alte Dame kennenzulernen, Mutter dieses Prachtkerls.
Am ersten Tag, den Sie bei Ihrem neuen Freund verbringen, ruft seine
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