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Falsche Nähe

Falsche Nähe

Titel: Falsche Nähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Kui
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wenn du mich fragst. Ich weiß, du bist in Moritz verliebt, aber trotzdem. Es gehört schon einiges an krimineller Energie dazu, sich einfach so den BMW -Schlüssel zu schnappen und ohne Papiere mit dem Wagen durchzubrennen, um dir nachzureisen. Und dir dann auch noch weiszumachen, das wäre alles mit mir abgesprochen. Das musst du zugeben.«
    Noa gibt es zu.
    »Vielleicht sollte es ein Scherz sein.«
    »Komischer Scherz.«
    »Stimmt. Vielleicht war es ein Versehen. Er hat sich das Teil aus der Dreckwäsche genommen, weil er scharf auf dich war und musste es schnell irgendwo verschwinden lassen, zum Beispiel, weil ihn jemand überrascht hat.«
    »Aus meinem Zimmer wurden aber mehrere Sachen entwendet«, erinnert Noa sie. »So oft war Moritz doch noch gar nicht hier. Und meistens war jemand bei ihm.«
    Audrey trinkt ihren Tee, verschluckt sich, hustet minutenlang, während Noa ihr vorübergehend den Rücken zudreht und dem Regen dabei zusieht, wie er auf der Scheibe Rinnsale bildet. Die Dämmerung hat eingesetzt. Ein weiterer trüber Herbsttag steht in den Startlöchern. Hamburg kann hässlich sein.
    »Dann –«, beginnt Audrey, muss sich jedoch unterbrechen, um weiter zu husten. Ihre Schultern beben. Noa bringt ihr ein Wasser, sonst kann sie nichts tun außer warten, bis der Anfall vorbei ist.
    »Dann war es eben doch Arne«, sagt Audrey schließlich. »Du hast dich doch die ganze Zeit von ihm beobachtet gefühlt. Ich glaube, es ist ein Tick von ihm, Leute zu beobachten, je intimer, desto besser. Erinnerst du dich an die Geschichte von dieser Orgie, die du mir damals auf dem Rückflug von Mallorca erzählt hast? Ich habe ihn letzte Nacht danach gefragt. Er hat zugegeben, diesen Leuten beim Sex zugesehen zu haben. Es habe ihn fasziniert, sagte er. Er sei nie zuvor auf so einer Party gewesen.«
    Verkehrte Welt. Auf einmal ist es Noa, die Arnes Verteidigung übernimmt: »Ist das wirklich so schlimm? Vermutlich war er bloß neugierig. Ich habe ja auch nicht gleich weggeguckt. Das heißt noch lange nicht, dass ich Bock hätte, selbst bei so einem Scheiß mitzumischen. Die Faszination des Andersartigen oder so.«
    Audrey steht auf und hält sich mit beiden Händen an der Tischkante fest, als hätte der Pfefferminztee sie betrunken gemacht. Ihre Wangen wirken eingefallen, der Blick erloschen. Es ist ihre erste richtige Trennung, da hat Noa ihr ausnahmsweise etwas voraus. Leider eine vollkommen überflüssige Trennung, davon ist sie überzeugt.
    »Neulich klang das bei dir aber ganz anders«, beharrt Audrey. »Einen Voyeur hast du Arne genannt.«
    »Weil ich eifersüchtig auf ihn war. Aber Eifersucht ist Mist. Mittlerweile habe ich echt ganz andere Probleme. Wir haben andere Probleme.«
    »Und die wären? Fang jetzt nicht wieder mit deiner Vergangenheitsbewältigung an.«
    »Doch«, sagt Noa. »Ich habe schon versucht, es dir zu erklären. Alles hängt irgendwie zusammen. Arne, Moritz, der Mord, das Schwert, das Phantom auf Sande. Sogar dieser blöde Wüstenwind. Alles Teile eines Puzzles. Aber ich kriege es einfach nicht zusammen.«
    »Oh je, Süße, hast du Fieber?«, fragt Audrey und legt eine Hand auf ihre Stirn.
    Verärgert dreht Noa den Kopf zur Seite. »Ich bin kerngesund und im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. Pass auf: Vorhin in meinem Zimmer –«
    »Süße, lass stecken«, unterbricht Audrey sie entschieden. »Das Leben ist kein Krimi. Es ist einfach bloß beschissen. Ich gehe duschen und dann mach ich die Fliege. Ich muss raus hier. Warte nicht auf mich heute Abend. Ich wünsche dir einen schönen Tag. Denk daran, ein reflektierendes Halsband für Pancake zu besorgen.«
    Falls Noa noch eine Bestätigung gebraucht hätte, dass an ihrer zugegebenermaßen ebenso aberwitzigen wie unausgegorenen Theorie etwas dran ist: Der Blick auf die Nachrichtenseiten im Internet wischt jeglichen Zweifel beiseite.
    WIEDER EIN GRAUSIGER LEICHENFUND: JOGGER ENTDECKT ENTHAUPTETEN JUGENDLICHEN – SERIENMORD NICHT AUSGESCHLOSSEN
    In einem Park im Hamburger Stadtteil Harburg entdeckte ein Jogger gestern in den frühen Abendstunden die enthauptete Leiche eines Jugendlichen. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Vierzehnjährige dort am Vormittag seinem Mörder begegnet ist. Am Tatort wurden Reifenspuren eines Motorrads gefunden. Die Polizei sucht dringend nach Zeugen.
    Unterdessen dauern die Ermittlungen im Fall der ebenfalls von einem Motorrad aus auf offener Straße enthaupteten Gabriele S. an. Ein Verdächtiger, der nach der

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