Falsche Opfer: Kriminalroman
sprechen, Sara«, sagte Ljubomir. »Es tut mir leid.«
»Natürlich nicht. Was halten Sie von Kinderpornographie, Ljubomir? Was halten Sie von kleinen Mädchenschößen, diebis zum Nabel von kaputten Coca-Cola-Flaschen aufgeschlitzt sind? Was halten Sie von fünfjährigen Jungen, deren After so aufgerissen sind, dass die Scheiße einfach rausläuft?«
»Aber Jesus Christus«, sagte Ljubomir und starrte sie an.
»Ich werde Ihnen an die hundert Bilder Ihres Arbeitgebers in derartigen Situationen zeigen, und Sie werden sich jedes einzelne davon ansehen, und wenn ich Ihnen die Lider an die Stirn nageln muss. Haben wir uns verstanden?«
Ljubomir betrachtete die zarte Frau mit dem kurzgeschorenen Kopf. Er sah ihre Zielbewusstheit und erkannte, dass er verloren war. Er würde dagegen kämpfen, aber nur, weil es ihm eingebleut worden war, dass man dagegen kämpfen musste, doch er würde verloren sein. Er würde anfangen zu weinen. Er würde an diesen Ort gezwungen werden und all das sehen, wovon er ein ganzes Leben lang den Blick abgewendet hatte. Alles würde auf ihn einstürzen. Das wusste er, als er in Sara Svenhagens Augen sah. Und er wusste, dass sie es sah.
»Rajko Nedic ist unter der Signatur ›brambo‹ auf Pädophilensites im Internet überaus aktiv gewesen. Wir haben ihn erst jetzt identifizieren können. Rein praktisch ist er schon aus dem Verkehr gezogen. Es wäre gut, Ljubomir, wenn Sie ein bisschen mehr erzählen könnten. Wie war es? War er schon pädophil, als Sie nach Schweden kamen? Zwei junge Männer, denen die Welt zu Füßen lag? Gab es etwas in seiner Kindheit, was ihn zu dem gemacht hat, der er ist?«
»Ich will mit einem Anwalt sprechen«, sagte Ljubomir.
»Das wollten Sie schon vor zwei Stunden. Und wie vorhin gilt auch jetzt: Sie dürfen nicht. Das einzige, was Sie dürfen, ist, diese Bilder ansehen. Ihr Arbeitgeber hat sie ins Internet gestellt. Er ist der vorsichtigste General, wenn es um den Drogenhandel geht, aber seinen Schwanz in kleinen Kindern zeigt er gern der ganzen Welt. Ich habe schon lange mit Pädophilen zu tun, vielleicht viel zu lange, aber diese seltsame, gleichsam unbezwingbare Lust, seine Perversionen vorzuführen, werde ich nie verstehen. Sie setzt jegliche Vorsicht außer Kraft.«
Sie schob ihm den Papierstapel zu.
Er betrachtete ihn. Dann schloss er die Augen. »Nein«, sagte er. »Ich will nicht.«
»Doch«, sagte sie. »Sie werden.«
Dann hielt sie ihm das erste Bild hin.
Es war sie.
Natürlich war es sofort sie.
Und es ging weiter und weiter und weiter, und obwohl er weinte, ging es weiter und weiter und weiter. Und auf allen Bildern war sie.
Er brach zusammen. Es ging nicht. Er fiel nach vorn über den Verhörtisch, und die Tränen liefen auf die Ausdrucke, dass die Farben sich auflösten und als ein einziger Schmier über den Tisch flössen, und sein Gesicht wälzte sich in dem Schmier, und als er aufblickte, war er ein Kasper, ein weinender Clown in frohen Farben. »Ich hätte es verhindern können«, schluchzte er. »Sie kam jedes Mal zu mir. Nach jedem Mal kam sie zu mir und setzte sich auf meinen Schoß und nannte mich Onkel Jubbe und weinte ein Weinen, das jenseits jedes Weinens war, und starrte mich nur an, ohne Tränen und ohne ein Wort sagen zu können, weil sie dafür keine Wörter hatte, und jedes Mal dachte ich, dass dies das letzte Mal sein müsste, wenn nicht, müsste ich den Kerl töten, aber ich tat es nicht, ich tat gar nichts, ich wandte den Blick ab von ihr, wie sie auf meinem Schoß saß und Onkel Jubbe sagte und meinte, hilf mir, Onkel Jubbe, es geschieht etwas, was ich nicht verstehe, und du bist so lieb und du kannst mir helfen, aber ich war nicht lieb, ich war der gemeinste der Gemeinen, denn ich wandte den Blick ab und sah nichts.«
Sara Svenhagen schloss einen Moment die Augen. Sie dachte ohne Worte. Dann reichte sie Ljubomir Protic ein Taschentuch. Er wischte sich die Tränen ab und blickte auf das Spiel der Farben im Taschentuch. Es sah wie ein Paradiesgarten aus.
»Wer ist ›sie‹?« fragte Sara Svenhagen.
Ljubomir sah sie gekränkt durch die Nebel an. »Aber Sonja natürlich«, sagte er. »Meine kleine Sonja.«
»Und Sonja ist...?«
»Rajkos Tochter. Seine Tochter, zum Teufel.«
»Und das ist sie auf den Bildern hier?«
Ljubomir schnitt eine Grimasse. Dann nickte er.
»Wie alt ist Sonja Nedic jetzt? Zwanzig?«
»Ja«, sagte Ljubomir. »Genau zwanzig.«
»Was für ein Leben führt sie?«
»Sie hat einen eigenen Wagen
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