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Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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wartenden Spatzen überlassen.
    Die Spitzengruppe des Stockholm-Marathons war gerade durch, als sie das rot-weiße Absperrband erreichten. Wenn jemand sich über das heftige Drängeln beschwerte, bekam er einen Polizeiausweis unter die Nase gehalten. Nyberg wusste, dass Polizeibeamte suspendiert worden waren, weil sie außerhalb des Dienstes ihren Polizeiausweis benutzt hatten, und ließ den offenbar nicht besonders kleinlichen Kommissar Hellberg den Weg bahnen.
    Die Dichte der Läufer auf der Marathonstrecke nahm zu. An die einhundert waren bereits durch, als Nyberg fragte: »Und wie erkennen wir ihn?«
    »Das wirst du schon sehen«, lachte Sara.
    Und er sah es. Man konnte es gar nicht übersehen.
    Ludvig Johnsson lief mit einem blinkenden Blaulicht auf dem Kopf. Er lief unglaublich schnell und winkte der ausgelassen grölenden Pädophilenjägertruppe fröhlich zu.
    Kommissar Ragnar Hellberg tauchte unter dem rot-weißen Absperrband durch und glitt durch eine Lücke in der Kette der Marathonläufer hindurch. Die Gruppe folgte ihm. Party-Ragge winkte mit seiner Legitimation großmütig den herbeieilenden Funktionären zu, die daraufhin mitten im Schritt innehielten und die in wichtiger Mission unterwegs befindliche Bullenbande durchließen. Sie eilten im Laufschritt die Polhemsgata hinauf.
    »Was passiert jetzt?« keuchte Gunnar Nyberg, dessen Körper nicht direkt fürs Joggen gebaut war.
    »Jetzt wird er wahnsinnig überrascht sein, uns oben an der Fleminggata noch einmal zu sehen«, sagte Sara.
    Und sie kamen genau zur rechten Zeit, um zu sehen, wie sich das merkwürdige blinkende Blaulicht näherte. Ludvig Johnsson lachte tatsächlich sehr überrascht, zeigte auf sein Blaulicht und sah sie vorwurfsvoll an.
    »Das bescheuerte Blaulicht wiegt ein paar Kilo«, lachte Kommissar Ragnar Hellberg sadistisch, als Johnsson außer Sichtweite war.
    Dann konnten sie sich entspannen und noch einmal ein bisschen was essen, bevor es Zeit wurde, Johnsson auf der zweiten Runde unten am Norrmälarstrand abzupassen. Diesmal sah er nicht mehr so taufrisch aus, und beim zweitenmal oben an der Fleminggata war das Blaulicht verschwunden. Es ließ sich nie feststellen, wo es geblieben war.
    Dafür nahm die ganze Gruppe Platz in einem vorgefahrenen Polizeiwagen, der mit eingeschaltetem Blaulicht Kurs auf Stockholms Stadion nahm, wo sie alle mit einem auf dem Kopf befestigten Blinklicht an der Laufbahn standen und den erschöpften Marathonhelden in Empfang nahmen.
    Gunnar Nyberg stand da und fühlte sich mit dem blinkenden Blaulicht auf der Birne reichlich bizarr. Es war kurz vor fünf, und er tat sein Bestes, um mitzumachen, um genauso viel Spaß zu haben, wie ihm die anderen zu haben schienen, damit er nicht daran dachte, dass er hierfür den Feiertag mit seinem Enkel Benny in Östhammar geopfert hatte.
    Und als er sah, wie der drahtige Jugendfreund auf der Laufbahn von Stockholms Stadion im Schatten des altehrwürdigen Glockenturms die herzlich-innige Umarmung der fabelhaften Sara Svenhagen entgegennahm, konnte er sich mit dem Gedanken fast versöhnen. Die güldene Haarpracht glänzte wundersam im glühenden Licht der Spätnachmittagssonne.
    Das war damals.
    Jetzt war es verschwunden. Sara Svenhagen hatte sich die Haare kurzgeschnitten. Sie war wie ein anderer Mensch. Ebenso ansprechend, keine Frage, aber ansprechend auf eine ganz andere Art und Weise. Interessanter, vielleicht. Weniger Lichtgestalt und mehr Mensch. Mit allem, was das beinhaltete.
    »Was ist denn in dich gefahren?« fragte Nyberg unverblümt.
    Ludvig Johnsson schien nicht richtig zu verstehen, wie er da schlank auf dem Bürgersteig neben dem Polizeipräsidium saß und seinen dritten Kopenhagener an diesem Tag verschlang.
    Doch Sara verstand. Sie lächelte leicht. »Lebenserneuerung«, sagte sie nur.
    Gunnar Nyberg starrte hinab in seine noch nicht angerührte Tasse schwarzen Kaffee und wusste nichts zu sagen. Was ihn betraf, reichte es bis auf absehbare Zeit mit der Lebenserneuerung.
    Obwohl, da war ja noch das mit den Frauen, natürlich ...
    Ludvig Johnsson setzte sich auf dem Trottoir vor dem Esslokal mit dem sympathischen Namen Annikas Cafe & Speiselokal in der Kungsholmsgata auf seinem ranken Stuhl zurecht. »Und du bleibst bei deiner Asketenkost, Gunnar?« sagte er.
    Johnsson sah beinah unverschämt gut durchtrainiert aus mit seinem sehnigen Körper und der gepflegten Glatze innerhalb des mönchartigen Kranzes von schwarzem Haar. Er trug einen leichten hellen

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