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Falsche Opfer: Kriminalroman

Falsche Opfer: Kriminalroman

Titel: Falsche Opfer: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Blicke, die nur töten wollten. Die würden bis zum allerletzten Augenblick von Johan Larssons anspruchsloser Erdenwanderung dableiben. Soviel war ihm klar.
    Aber sonst nichts.
    Kerstin Holm tat, was sie konnte. Sie versuchte, mütterlich zu sein, sie sagte sich: Ich könnte die Mutter dieses Mannes sein; doch es klappte nicht richtig. Ihr war nicht hundertprozentig klar, was es hieß, mütterlich zu sein.
    Sie hatte keine Kinder, wusste nicht, ob sie Kinder haben wollte. Vor einem Jahr wusste sie, dass sie keine Kinder haben wollte. Jetzt wusste sie nicht einmal mehr das. Die Zeit begann ihr davonzulaufen. Ihre Beziehungen hatten nicht richtig gehalten, was sie versprochen hatten. Als Kind war sie von einem Verwandten vergewaltigt worden, ihre erste Ehe mit einem Polizisten in Göteborg war eine einzige, merkwürdig in die Länge gezogene Vergewaltigung gewesen, ihr seltsames, kurzes, intensives Verhältnis mit Paul Hjelm vor mehr als zwei Jahren war in erster Linie eine vergoldete Erinnerung, von der das Blattgold abzublättern begonnen hatte, und die wichtigste Beziehung ihres Lebens, eine mindestens ebenso intensive Verliebtheit in einen krebskranken sechzigjährigen Pastor der Schwedischen Kirche, hatte so geendet, wie sie es vorausgesehen hatte.
    Er war gestorben.
    Sie war bei ihm, als er starb, und er ließ ihr ein Erbe von Erinnerungen zurück, mit denen sie nicht recht umzugehen wusste. Sie waren von etwas Heiligem umweht, dessen sie sich ganz einfach nicht würdig fühlte.
    Paul Hjelm trat ein und winkte mit einer Plastiktüte. Sie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, und ihr Magen brüllte wild, als sei er sich über den Inhalt der Plastiktüte vollauf im klaren.
    Paul hörte es, winkte noch einmal mit der Tüte, bekam unmittelbar Rückmeldung von dem Tiger in ihrer Magengegend und hob verwundert die Augenbrauen. »Die Mysterien der Biologie«, sagte er, setzte sich und überflog ihre Notizen. ›Gruppe von sieben‹, stand da. ›Blinder Hass‹, stand da. ›Drei Hauptfiguren, Täter eigentlich Nebenfigur.‹ ›Der, der half (Jonas A), verdammt wütend. Auf uns, weil wir dahin gegangen waren. Auf d. Tät., weil er Scheiße gebaut hatte.‹ – ›Anders hat ihn nur umgeschubst, damit wir hinter Hjalle und Steffe her und abhauen konnten.‹ – ›Ganz unerwartet.« – ›Die unglaublich kalten Blicke, als wäre niemand dahinter.« – ›Die ganze Gang verschwand. Auf einen Schlag.«
    Mehr stand nicht da.
    Hjelm blickte auf und betrachtete Johan Larsson aus Kalmar. Er saß da wie ein Häufchen Elend und schluchzte.
    Die sogenannte sinnlose Gewalt.
    Einen Moment lang war ihm übel.
    Dann sah er die neue Zeichnung an. Sie lag neben den beiden anderen. Drei voneinander unabhängige Phantombilder des Täters. So gleich und doch so verschieden. Per Karlssons, Eskil Carlstedts und Johan Larssons.
    Das ungepflegte, halblange dunkelblonde Haar, der kleine Schnauzer, der ein paar Millimeter an den Mundwinkeln herabhing, die blauen Augen. Soweit stimmten sie überein. Doch die Gesichtsform, die Form der Nase und der Augen, das alles unterschied sich in grundlegenden Punkten. Aus diesen drei Skizzen ließ sich kein einheitliches Bild herstellen; es fragte sich, ob sie auch nur für die Medien brauchbar waren.
    Hjelm hielt Johan Larsson Eskil Carlstedts Zeichnung hin: »So sah er also aus?«
    Larsson blickte auf, das Gesicht hochrot, Rotz lief ihm ungehindert aus der Nase. Hjelm reichte ihm ein Taschentuch, ohne die Zeichnung hinzulegen. Schließlich gelang es Johan Larsson, die Zeichnung zu fixieren. Er nickte, dann sank sein Gesicht wieder auf die Arme hinab.
    Hjelm tauschte die Zeichnung gegen Per Karlssons Zeichnung aus. »Also so?« fragte er.
    Der junge Mann aus Smaland sah wieder auf. »Genau so«, sagte er.
    Hjelm seufzte und ließ die Zeichnung sinken. »Wie betrunken warst du?«
    »Ziemlich«, sagte Johan Larsson nur.
    »Und du hast in dem Lokal nichts anderes gesehen, woran du dich erinnern kannst?«
    Kerstin sah Paul fragend an. Er blickte fragend zurück. Als sie sich wieder dem jungen Mann zuwandten, sahen sie, dass er sich fragte, warum sie sich fragend ansahen. Es wurde ein bisschen ätzend.
    »Ich habe nur eins gesehen, woran ich mich erinnern kann«,
    sagte er glasklar.
    Sie ließen ihn gehen.
    Sie sahen sich an und rissen die Plastiktüte mit den belegten Broten auseinander.
    »Die Computerheinis«, nuschelte Hjelm, den Mund voll von Mozzarella und Parmaschinken.
    »Die hab ich mir

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