Falsche Opfer: Kriminalroman
über den Haufen wirft.«
»Halt die Schnauze und mach weiter.«
»Carlstedts Vergangenheit ist ebenso leer wie seine Festplatte. Kerstin ist gerade bei Kindwalls im Hammarbyhafen, wo er Fords verkauft hat, und redet mit seinen Kollegen. Gebrauchtwagenhändler. Inzwischen etwas gebrauchter als gebraucht.«
Chavez kicherte und sagte mit alberner Stimme: »›Würden Sie von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?‹ Ich selbst denke fast nur über Nedic nach. Wie zum Teufel ist es möglich, dass er als ehrbarer Geschäftsmann lebt und tätig ist, wo jeder Polizeibeamte im Land weiß, dass er einer der führenden Drogenhändler ist? Die meisten bleiben ja unterirdisch, aber er spielt ein merkwürdig präzises doppeltes Spiel. Es scheint auf extremer Loyalität von nahezu mafiaähnlichem Zuschnitt aufzubauen. Niemand schwärzt Rajko Nedic an. So ist es einfach.«
»Und was sind das für legale Geschäfte?«
»Tja«, meinte Chavez vielsagend. »Restaurantbranche, zur Abwechslung. Drei Restaurants. Erlesene Küche, heißt es. Eins war kurz davor, einen Stern im Guide Michelin zu bekommen. Sie haben es auf dem Al-Capone-Weg versucht, also hintenherum, und wollten ihn wegen Steuerbetrugs festsetzen. Das klappte nicht. Den Teil seiner Geschäfte führt er tadellos. In der Restaurantbranche vorbildlich, sagt die Finanzpolizei.«
»Kann es darum gehen?« sagte Hjelm und rieb sich die eingebildete beginnende Glatze.
»Du meinst, dass ein Polizist den Hintereingang gefunden hat und jetzt versucht, einen kleinen Zuschuss zum Gehalt herauszuhandeln? Ja. Schon. Nur dass es keinen Hintereingang zu geben scheint. Und du hast es doch selbst gesagt: Was sollte ein einzelner Polizist gegen Rajko Nedic in der Hand haben, das nicht sämtliche Kollegen ebenso wissen?«
»Was sagt uns, dass es sich um einen einzelnen Polizisten handelt?«
»Die Tatsache, dass eine ganze Gang krimineller Polizisten unwahrscheinlich klingt«, sagte Chavez. »Nur das. Es funktioniert nicht mit dem Zusammenhalten. Aber vielleicht sind es die Pornopolizisten. Das klingt nicht unwahrscheinlich. Das mit der Mittelmeerkrabbe war ziemlich pfiffig. Ein eindeutiger Anhaltspunkt.«
»Was machen deine Arme?« grinste Hjelm boshaft.
»Beide Schultern ausgekugelt, Schienbein kaputt, Milz gerissen. Morgen früh sprengen sie mich in die Luft. Du sollst die Ehre haben, mich persönlich von den Wänden des Polizeipräsidiums zu kratzen.«
»Ich fühle mich geehrt. Aber muss es wirklich ein einzelner Polizist sein?«
»Muss es ein Polizist sein?« sagte Chavez, stand auf, streckte sich und trat ans Fenster, das auf den tristen Innenhof des Polizeipräsidiums hinausging. »Vielleicht hängen wir uns ein bisschen zu sehr daran auf. Es darf uns nicht blind machen.«
»Nein«, nickte Hjelm. »Nein. Klar. Und sonst? Die Waffen?«
»Gang 1 hatte russische Izh-70-300. Willst du mehr über diese Pistole hören?«
»Nein.«
»Nach dem Zweiten Weltkrieg«, begann Chavez wie ein Märchenerzähler vor dem Kaminfeuer, »musste die klassische Tokarev-Pistole der Roten Armee ausgetauscht werden. Ein Ingenieur namens Nikolaj Makarov entwarf eine Pistole, die schließlich von Stalin akzeptiert wurde. Die Produktion konnte jedoch erst nach dem Tod des Diktators anlaufen.
1954 begann die Izhevskij Mekhanikeskij Zavod mit der Herstellung der, wie es heißt, außergewöhnlich guten Makarov-Pistole, die noch heute produziert wird. Nach dem Fall der Mauer öffnete sich plötzlich der goldene Markt für die staatliche Izhevskij-Fabrik, und russische Pistolen wurden zu harter Währung. Eine Weiterentwicklung der Makarov-Pistole, die Izh-70-Serie, erblickte das Licht der Welt. Die Izh-70 und Izh-70-100 benutzen die traditionelle Makarov-Munition vom Kaliber 9 x 18 mm, mit Magazinen von acht bzw. 12 Patronen, während die Izh-70-200 und Izh-70-300 für die international gängigere Browning-Munition vom Kaliber 9x17 mit Magazinen für acht bzw. 12 Patronen entwickelt wurde. Außerdem gibt es jetzt die taufrische Izh-70-400, speziell für die populäre Parabellum-Munition des gigantischen amerikanischen Markts entwickelt.«
»Unglaublich faszinierend«, murmelte Hjelm. »Verbindungen?«
»Die soll tatsächlich in den verschiedenen Kriegen auf dem Balkan benutzt worden sein. Aber sie ist, wie gesagt... populär.«
»Und die Maschinenpistolen? Militärarsenal?« »Na, wer sagt‘s denn«, sagte Chavez und ließ sich mit einem Krachen auf den Stuhl fallen. »Sie stammen aus einem
Weitere Kostenlose Bücher