Falsche Väter - Kriminalroman
geöffnet,
und die Eichel …«
»Die Einzelheiten kann ich dann sicher Ihrem Bericht entnehmen«,
fuhr Peters dazwischen.
»Natürlich«, sagte die Frau. »Es gibt allerdings Kriminalbeamte, die
möglichst rasch alle Details erfahren wollen.«
»Ich nicht«, sagte Peters. »Mich interessiert in erster Linie, wie
es passiert ist.«
»In Bezug auf die Verletzungen gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder
ist der Täter ein Sadist, der sein Opfer bei lebendigem Leib verstümmelt und
auf bestialische Weise gequält hat, oder er hat den Mann zuerst erschossen und
dann verstümmelt.«
»Und was glauben Sie?«
»Ich halte die zweite Möglichkeit für wahrscheinlicher. Das Opfer
ist offenbar nicht gefesselt worden, und die Schnitte wurden, soweit ich das
jetzt schon beurteilen kann, fachmännisch ausgeführt. Das wäre nicht möglich
gewesen, wenn der Mann noch gelebt hätte. Aber Genaueres kann ich Ihnen erst
nach der Obduktion sagen. Ich bin hier jetzt erst einmal fertig. Den Rest
überlasse ich den Herren von der Spurensicherung. Es wäre schön, wenn Sie mich
morgen anrufen würden.«
Die Frau reichte Peters ihr Kärtchen. Sie hatte einen Doktortitel
und hieß Nora Norden. Leicht zu merken, dachte Peters. Kommt aus dem Süden und
heißt Norden. Er sah sie an. Sie lächelte und schaltete das Aufnahmegerät aus.
»Haben Sie das jetzt alles aufgenommen?«, fragte er.
»Natürlich«, sagte Nora Norden. »Es hilft mir bei meinem Bericht.
Außerdem haben Sie eine sehr schöne Stimme.«
Als Peters die Hütte verließ, sah er, wie Scheler hinter dem Auto
stand und mit ein paar Kollegen herumalberte. Entweder hatte keiner von ihnen
die Leiche gesehen, oder sie waren ziemlich abgebrüht.
»Die Berichte hätte ich gern so früh wie möglich«, sagte Peters
streng in die Runde, ohne einen der Männer anzuschauen.
»Heute Abend noch?«, fragte jemand.
»Selbstverständlich«, sagte Peters. »Hier ist jemand ermordet und
ziemlich übel zugerichtet worden. In drei Stunden will ich die Sachen auf dem
Tisch haben. Außerdem müssen die Spuren in der Umgebung gesichert werden.«
Niemand sagte etwas. Peters stapfte zum Auto zurück. Max Scheler
lief ihm nach.
»Chef«, sagte er. »Sie haben was vergessen!«
»Was denn?«
Scheler wies auf die Plastikschützer, und Peters streifte sich die
Dinger von den Schuhen.
Um kurz nach einundzwanzig Uhr saß Peters wieder an seinem
Schreibtisch. Er räumte ein wenig auf, um ruhig zu werden und besser nachdenken
zu können. Dann ging er nach oben, um sich am Automaten einen Kaffee zu holen.
Das Wochenende hatte begonnen, und es war nur noch die Notbesetzung im Haus.
Peters drückte eine Taste. Der Kaffeeautomat spuckte einen braunen Pappbecher
aus und füllte ihn mit einer milchigen Mischung.
Peters ging in den Keller zurück, nippte an seinem Kaffee und
steckte sich eine Roth-Händle an. Dann startete er den Computer und
kontrollierte die Eingänge. Tatsächlich war schon einiges gekommen, und er
druckte alles sorgfältig aus.
Er galt als Spezialist für vertrackte Fälle, und deshalb hatten ihn
die Kollegen aus Wesel, die als Erste am Tatort gewesen waren, gleich mit allen
verfügbaren Informationen versorgt. Natürlich war das Material auch nach
Krefeld und Duisburg verschickt worden. Zu Beginn einer Untersuchung, vor allem
solange die Presse an einem Fall dran war, wurde kräftig Wind gemacht, und alle
verfügbaren Kräfte wurden mobilisiert. Aber nach ein paar Tagen verlief
normalerweise alles wieder in geordneten Bahnen, und man setzte auf die zentral
gesteuerte Fahndungsarbeit.
Soweit Peters es auf die Schnelle überblicken konnte, war nur
Kleinkram sichergestellt worden. Die Sachen, die beim Toten, in der Hütte und
im Auto gefunden worden waren. Papiere, Bargeld und eine Reisetasche mit
sauberer Wäsche. In der Hose des Toten hatten fünfhundert Euro gesteckt. Peters
registrierte diese Tatsache, ohne ihr allzu viel Bedeutung beizumessen. Er
kannte eine Menge Männer, die sich nur wohlfühlten, wenn sie ein dickes
Röllchen mit Scheinen in der Hosentasche hatten. Anscheinend waren sie der
Ansicht, das würde ihre Männlichkeit betonen.
Interessanter waren die Schriftstücke, die zerrissen auf dem Tisch
in der Hütte gelegen hatten. Sie stammten von zwei Instituten, die auf
Vaterschaftstests spezialisiert waren. Das eine befand sich in Leipzig, das
andere in Regensburg. Die Schreiben waren an den Toten adressiert und die
Befunde in beiden Fällen negativ.
Als Letztes nahm
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