Falscher Ort, falsche Zeit
Telefonleitungen.
Es war erst halb neun, doch er war schon im Büro, und ich hatte es eilig, zu meiner nächsten Katastrophe zu kommen.
»Ich kann Ihnen den Namen des Mannes nennen, dem der Wagen und die Waffen gehören«, sagte ich, »hinzu kommen eine Zeugenaussage, dass mein Klient keine Ahnung hatte, was sich im Kofferraum befand, sowie der Name des Mannes, für den die Waffen verschoben wurden.«
»Wie zum Teufel haben Sie das alles rausgekriegt?«
»Ich verlange zehntausend und Immunität für die Informantin«, lautete meine Antwort, »und Sie lassen die Anklage gegen Sharkey fallen. Außerdem möchte ich, dass einer der Richter aus Ihrer Kurzwahlliste ihn zu einer dreimonatigen Entgiftung verdonnert, auf Kosten der Bundesregierung.«
»Warum nicht einfach warten, bis er nach dem Stoff bettelt?« Ich konnte mir Plumbs bösartiges Grinsen vorstellen.
»Er kennt die Wahrheit nicht, und diejenige, die sie kennt, ist nervös … kurz vor dem Abflug.«
»Sie haben einen ziemlich miesen Ruf, McGill«, erklärte Plumb mir. »Ein Bulle vom NYPD hat gesagt, ich soll Sie mit einem meiner Sonderhaftbefehle einsperren lassen. Vergehen und Beweise würde er nachliefern, hat er versprochen.«
»Ja klar. Und ich könnte aus einem einzigen Sandkorn eine ganze Burg bauen.«
»Das Material ist sauber?«
»Ich stell Sie zu Sharkeys Anwalt durch.«
49
Um 9.47 Uhr parkte ich meinen klassischen grün-weißen 1957er Pontiac in der Straße vor John Princes Tür. Ich hatte meinen neuen MP 3-Player, eine Spezialanfertigung von Bug Bateman, bei mir, beladen mit tausenden von Songs, die ich gehört hatte, als ich in den Straßen von New York meine Kindheit, so wie sie eben gewesen war, verlebt hatte.
Ich hatte auch moderne Musik. Der erste Song, den die Shuffle-Funktion auswählte, war »Helpless«, geschrieben von Neil Young, gesungen von k. d. lang. Es war eine gute Coverversion.
Heute Morgen versuchte ich auch nicht, mich zu verstecken. Noch suchte niemand nach mir. Patrick war eingesperrt, da war ich mir sicher. Vielleicht war Rinaldo durch das Misstrauen seinen Lakaien gegenüber eingeschränkt, aber er war immer noch der mächtigste Mann in New York City.
Als ich so dasaß, fragte ich mich, ob mein und Patricks Blut noch auf dem Bürgersteig zu sehen war. Niemand schenkte kleinen Blutflecken auf der Straße große Beachtung. Sie waren etwas Alltägliches in einer Stadt, in der so viele Menschen auf so engem Raum lebten und starben – irgendwo musste man ja bluten.
Mein Plan sah vor, in John Princes Wohnung einzubrechen, sobald ich sicher war, dass er und Angie das Haus verlassen hatten. Ich konnte das Telefon anzapfen, ihre Sachen durchsuchen und in verschiedenen RäumenMikros installieren. Ich würde vorher anrufen, aber zuerst musste ich mich ausruhen. Den Anruf bei Prince würde ich zu einer angemesseneren Zeit erledigen – um 10.30 Uhr. Vorher konnte ich friedlich dasitzen, Musik hören und das Leben genießen, solange es dauerte.
Kurz nach zehn rief mich Katrina an.
»Wo bist du?«, fragte sie, nachdem die einsilbigen Förmlichkeiten ausgetauscht waren.
»In sitze in einem Auto in der 27 th Street und beschatte ein junges Paar.«
»Was haben sie getan?«
»Soweit ich weiß, nichts.«
»Hast du von Dimitri oder Twill gehört?«
»Ich dachte, D hätte dich angerufen?«
»Nein, ich meine, seitdem.«
»Nein, aber ich habe mit Dimitris Freundin gesprochen. Sie war kurz in der Stadt, und wir haben uns zusammengesetzt.«
Ich wollte ihr erzählen, wo ich Tatjana getroffen und wen ich dabei mit Blumen für meine Frau gesehen hatte, die diese mir direkt vor die Nase stellte, als wollte sie den Essplatz des Gehörnten markieren. Aber aus irgendeinem Grund blieben mir die Worte im Hals stecken.
»Wie war sie?«, fragte Katrina.
»Ernst.«
»Hübsch?«
»Nein«, sagte ich und dachte, dass es stimmte. Tatjana war schön.
»Geht es Dimitri gut?«
»Twill hat ganz hervorragend auf seinen Bruder aufgepasst. Er kommt nach Hause, so wie er es dir gesagt hat.«
Wieder versuchte ich, Bertrand zu erwähnen, doch ein Gefühl der Erschöpfung trat an die Stelle der Worte.
»Ich bin froh, dass Dimitri Liebe in seinem Leben gefunden hat«, sagte Katrina. »Jeder Mensch braucht Liebe.«
In diesem Moment trat John Prince in Begleitung von Angelique Tara Lear aus dem Haus.
»Sie sind gerade aufgetaucht, Katrina. Ich ruf dich später zurück.«
Ich schaltete das Handy ab und stieg aus dem Wagen.
Ich erkannte ihren
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