Falscher Ort, falsche Zeit
ich einfach mal nur einen Monat von diesen ganzen Losern hier wegkommen könnte, weiß ich, ich könnte clean werden.« Mit der einen Hand kratzte Wilma sich im Gesicht, mit der anderen zerrte sie an ihren Haaren. »Ich wollte Ron die Wohnung überlassen. Er hätte hier bleiben können, solange die Miete gereicht hätte. Ich wollte nicht, dass er im Gefängnis landet. Und was soll ich jetzt machen?«
»Der Name«, sagte ich.
»Was soll ich jetzt machen?«, fragte sie noch einmal.
»Wer hat Ihnen das Geld gegeben?«
»Cary Bottoms. Er wird oft auch ›Scary‹ genannt, aber er kann echt süß sein.«
»Und was macht dieser, ähm, Cary?«
Wilma sah mich an und ließ die Arme sinken.
»Er hat schon Leute umgebracht«, sagte sie. »Aber das liegt nur daran, dass er auch nicht weiß, wie er hier wegkommen soll. Wenn wir das Geld für die Waffen gekriegt hätten, hätten wir nach Atlantic City ziehen können.«
»Haben Sie Bottoms seit Rons Verhaftung gesehen?«
Sie schüttelte den Kopf und wandte den Blick wieder ab.
»Wissen Sie, wie man ihn erreichen kann?«
»Vielleicht. Ich hab eine Nummer, aber er hat mir gesagt, ich solle sie nie, niemals anrufen.«
Wieder wurde ich an die Naivität der meisten Berufsverbrecher erinnert.
»Ich will, dass Sie mir zuhören, Wilma. Ron ist imGefängnis, und ich muss ihm erzählen, was Sie getan haben.«
»Warum?«
»Weil ich für seinen Anwalt arbeite. Aber das ist egal. Sie wollen doch hier weg und irgendwo ein neues Leben anfangen, richtig?«
Sie nickte und gab sich alle Mühe zu verstehen.
»Ich kenne einen Mann namens Plumb. Er arbeitet für die Regierung, und er braucht einen großen Fall, um von dort, wo er ist, dahin zu kommen, wo er sein will – genau wie Sie. Ich glaube, er wäre bereit, einen Deal mit Ihnen zu machen.«
»Geld?«, fragte sie.
Ich nickte. »Wir müssen Sie nur mit Rons Anwalt zusammenbringen, damit er diesen Deal aushandeln kann. Und wegen Scary müssen Sie sich keine Sorgen machen. Er ist ein zu kleiner Fisch. Plumb hat es auf die Leute abgesehen, von denen er kauft und an die er verkauft. Vielleicht fahren Sie am Ende doch noch zusammen nach Atlantic City.«
Die Vorstellung ließ Wilma lächeln. Ich kam mir vor wie ein echtes Schwein. Aber dies war nun mal nicht die beste aller möglichen Welten.
»Da ist allerdings eine Sache, Wilma.«
»Was?«
»Scary ist ein Killer, und er weiß, dass Sie ihn ins Gefängnis bringen können.«
»Er würde mir nie etwas tun.«
Ich musste gar nichts sagen, ein Blick in ihr Gesicht reichte, um ihre teenagerhafte Hoffnung auf die Liebe eines missverstandenen Waffenhändlers zu zerbrechen.
»O nein«, sagte sie.
Sie stand auf und sah sich im Zimmer um, während sie schon eifrig entschied, was sie mitnehmen sollte und was nicht.
»Ich kann Sie in einem Taxi zur Kanzlei von Rons Anwalt bringen«, sagte ich. »Er hat ein Zimmer, in dem Sie abwarten können, bis er den Deal mit Plumb ausgehandelt hat.«
»Wie viel?«, fragte Wilma.
»Ein paar tausend«, sagte ich. »Vielleicht ein bisschen mehr.«
Sie nickte, und Taten ersetzten Worte, Täuschungen und Selbsttäuschungen.
Während Wilma ihre wichtigsten Habseligkeiten in eine braune Papiertüte packte, rief ich Breland auf dem Handy an. Er war schon auf dem Weg zur Arbeit. Wir schmiedeten einen Plan, der Wilma eine kleine Geldstrafe und ansonsten Immunität sowie Ron die sofortige Freilassung garantieren würde, so hofften wir.
Ich begleitete sie im Taxi, und gemeinsam betraten wir Brelands Kanzlei im siebten Stock eines Gebäudes in der Madison Avenue, direkt bei der 42 nd Street. Die beiden gaben sich die Hand, und wir setzten uns an den runden Teakholztisch in einem Raum, der vom Empfangsbereich der Kanzlei abging.
Shirley, Brelands weibliches Faktotum, war noch nicht da, so dass wir die Kanzlei eine Weile für uns hatten.
»Sie sind also bereit auszusagen«, sagte Breland nach einer Stunde ernsthafter Befragung, »dass das Geld, der Wagen und die Waffen von Mr. Bottoms stammten?«
»Ja«, flüsterte Wilma.
»Sie müssen lauter sprechen, Miss Spyres.«
»Ja.«
»Und sind Sie auch bereit, die Personen namentlich zu benennen, mit denen er Ihrer Vermutung nach Geschäfte macht?«, fragte Breland und klang eher wie ein knallharter Staatsanwalt und nicht wie ein Verteidiger.
»Lazar«, sagte sie. »Er heißt Richard Lazar. Cary verschiebt schon seit Jahren Waffen für ihn.«
»Wie bitte?«, fragte Jake Plumb auf einer von Brelands acht
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