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Falscher Ort, falsche Zeit

Falscher Ort, falsche Zeit

Titel: Falscher Ort, falsche Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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über einen stellvertretenden Distriktstaatsanwalt namens Broderick Tinely?«
    »Ich kenne den Namen. Warum?«
    »Er macht Druck bei der Ermittlung im Mordfall Soa und schießt in alle Richtungen übers Ziel hinaus.«
    »Ich schau mir die Sache mal an.«
    »Und vor der Ermordung von Wanda Soa hat ein Typ namens Grant sich nach Angies Aufenthaltsort erkundigt.«
    »Vergessen Sie ihn. Er hat über Sam Strange für mich gearbeitet.«
    »Was ist mit Lamont Jennings? Er hat Soa einmal als Anwalt vertreten.«
    »Ebenso. Sonst noch was?«
    »Nein, mir fällt nichts weiter ein.«
    »Werden Sie die Ermittlung fortführen?«, fragte Rinaldo.
    »Gleich nachdem ich dieses Rührei gegessen habe.«

48
    Der Big Boss bezahlte die Rechnung in bar und ließ mich mit meinem Protein und meinem Koffein allein.
    Mein Telefon läutete mit dem Klang von Kirchenglocken. Das war Aura. Ich fürchtete, wenn ich mit ihr redete, könnte ich aus dem Spiel gerissen und von einem der vielen Feinde, die ich sammelte, niedergetrampelt werden.
    Sollte sie eine Nachricht hinterlassen.
    Das Rührei war krümelig, der Schinken schmeckte streng nach Konservierungsmitteln. Der Kaffee war stark genug, doch es war noch zu früh.
    Nachdem ich das Frühstück heruntergeschlungen hatte, nahm ich ein Taxi zu Wilma Spyres’ Adresse.
     
    Sie öffnete zu rasch, fragte nicht einmal, wer da war. Ihr zerschlissener Bademantel stand halb offen. Als sie mich sah, bedeckte sie den Spalt und verformte ihren kleinen Mund zu einem perfekten höhnischen Grinsen.
    »Was wollen Sie?«, fragte sie.
    »Was alle Männer wollen«, sagte ich.
    Diese Aussage weckte einen Funken Interesse in den benebelten Augen der ehemaligen Schönheit.
    »Und was ist das?«, fragte sie.
    »Die Wahrheit.«
    »Dafür hab ich keine Zeit«, sagte sie.
    »Sofern Sie nicht einiges von Ihrer Zeit absitzen wollen, erübrigen Sie besser ein paar Minuten für mich.«
    »Sie können mich mal.«
    Sie machte einen Schritt zurück und wollte die Tür zuschlagen.
    »Wenn Sie mich aussperren, gehe ich direkt zu Joe Fleming«, sagte ich.
    Das bremste den Schwung ihrer Hand.
    »Wovon reden Sie?«
    »Lassen Sie mich rein oder ich gehe zu Joe.«
    »Ron ist nicht hier«, sagte sie. Ich weiß nicht, was sie damit meinte. Vielleicht versuchte sie es mit einem Anklang von altmodischer Anständigkeit – man konnte das Domizil eines Mannes nicht betreten, wenn er nicht zu Hause und man allein mit seiner Frau war.
    »Ich weiß.«
    »Dann kommen Sie«, sagte sie, wandte mir den Rücken zu und überließ es mir, die Tür zu schließen.
    Wilma setzte sich auf das dunkelblaue Sofa, während ich wieder auf dem relativ sicheren Klappstuhl Platz nahm.
    »Was?«, fragte sie. Selbst das Potenzial zur Schönheit verschwand hinter dem von einem Leben in Angst gestützten Wall ihrer Wut.
    »Ich habe einen sehr einfachen Job, Miss Spyres«, sagte ich. »Ich muss dafür sorgen, dass Ron keinen Ärger kriegt. Sie, Ihre Angewohnheiten und Ihre Freunde sind mir egal. Ob man Sie morgen zur englischen Königin krönt oder zu Grabe trägt, macht für mich keinen Unterschied.«
    Diese Worte ernüchterten ihre wilden Gefühle ein wenig.
    »Was wollen Sie?«
    »Die Wahrheit.«
    »Welche Wahrheit?«
    »Erzählen Sie mal«, sagte ich. »Wenn ich einen versiegelten Umschlag mit Rons Namen unter Ihrer Tür durchschieben würde, statt zu klopfen, würden Sie den einfach neben die Wasserpfeife da legen und warten, bis Ron nach Hause kommt?«
    Es bereitete mir kein Vergnügen, die Angst zu sehen, die den Blick der Freundin des Junkies überflutete.
    »Es war Joe Fleming«, stotterte sie.
    »Nein.«
    »Joe hat Ronnie reingelegt«, flehte sie.
    »Nein.«
    Wilma sprang auf.
    »Setzen Sie sich«, sagte ich ohne besonderen Nachdruck.
    Sie gehorchte und murmelte etwas, das ich nicht verstand.
    »Was?«
    Sie wandte den Blick ab und kämpfte mit den Tränen.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Er hat mich dazu gezwungen«, sagte sie laut und deutlich, was die Klischeephrase noch betonte.
    »Wer?«
    »Er …« Nach dieser einen Silbe hielt sie inne und holte Luft. »Er hat mir erzählt, wir könnten, wir könnten zusammenkommen. Ich müsste nur die Sache mit Ron durchziehen. Wenn der Wagen abgeholt war, würden wir beide in seine Ferienwohnung nach Atlantic City fahren. Sie hat früher seiner Tante gehört, aber sie ist gestorben und hat sie ihm hinterlassen.«
    »Sein Name.«
    »Aber die Bullen haben Ron hochgenommen, und jetzt ist alles Scheiße. Wissen Sie, wenn

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