Falsches Spiel mit Hannah
sich rasch wieder zu dem Sattelgurt hinunter, damit Hannes ihr rotes Gesicht nicht sah.
âEs ist wegen dieser bescheuerten Kingsize Ranch, hab ich Recht?â
Nun hob sie den Kopf wieder und starrte ihn an.
âIhr wart gestern dort, oder?â, fuhr er fort. âUnd jetzt fragst du dichâ, während er mit ihr sprach, zog Hannes Camillas Kopf zu sich und legte ihr das Zaumzeug an, âob Uwe die richtige Strategie verfolgt.â
âAlso â¦â, begann Hannah.
âHalt, nein, sag nichts!â, unterbrach Hannes sie. âIch korrigiere mich. Du fragst dich nicht, ob er Recht hat, du bist im Gegenteil felsenfest davon überzeugt, dass er total danebenliegt.â
Hannah räusperte sich. âNa jaâ, begann sie dann gedehnt. âWenn du die Kingsize Ranch auch gesehen hättest â¦â
âIch hab sie ja gesehen.â
âWie bitte? Du warst auch da?â
âNa klar. Ich musste doch wissen, was Andreas so aufgebaut hat.â
âAndreas? Kennst du Herrn Petersen persönlich?â
âKlar. Ich bin ja früher selbst Turniere geritten. Da läuft man sich zwangsläufig über den Weg.â
âUwe kennt dich auch von früherâ, fiel es Hannah jetzt ein.
âGenau. Die Westernszene ist ziemlich überschaubar. Man trifft immer wieder die gleichen Leute.â
âWarum hast du aufgehört?â, fragte Hannah.
âPersönliche Gründe. Meine Mutter ist gestorben, das weiÃt du ja. Und dann kam mir dieser ganze Hype um Pokale und Medaillen plötzlich so bescheuert vor. Da hab ich das Turnierreiten an den Nagel gehängt. Ich habe es nie vermisst, muss ich ehrlich sagen.â
âUnd was hältst du von Uwe?â, fragte Hannah. âGlaubst du, er ist gut? Als Trainer, meine ich. Kannst es mir ruhig sagenâ, fügte sie mit leicht gepresster Stimme hinzu, als Hannes nicht sofort antwortete.
âJaâ, sagte er, nachdem er noch eine Weile über die Frage nachgedacht hatte. âIch finde ihn gut.â
Ich finde ihn gut. Das war ja wohl ein bisschen wenig. Super, groÃartig, phänomenal. Das waren die Worte, die sie jetzt hören wollte. Einfach nur gut reichte nicht.
âIch weià nicht.â Hannah lehnte sich noch einmal mit ihrem ganzen Gewicht gegen den Sattelgurt, bevor sie ihn schloss. âIch hab das Gefühl, ich müsste viel mehr lernen.â
âWeil Förster nicht so ein Supercoaching-Psychozentrum hat, sondern ganz einfache Methoden?â
âNa ja.â
âGlaub mir, er weiÃ, was er tut. Ich bin der Meinung, du kannst ihm vertrauen. Wirklich.â
Es war, als ob Uwe ihre Unterhaltung mit Hannes mit angehört hätte. Auf jeden Fall wirkte er wie ausgewechselt, als Hannah mit Acapulco auf den Reitplatz kam.
âDann wollen wir mal.â Er klatschte energisch in die Hände. âAb jetzt starten wir richtig durch. Wir haben nämlich noch genau zwei Wochen bis zur Qualifizierung für Aachen.â
âEbenâ, sagte Hannah. âMeinst du denn, ich hab überhaupt Chancen?â
âDass du es schaffst, ist überhaupt keine Frageâ, meinte Uwe. âAber ich will, dass du bei der Vorausscheidung richtig Eindruck machst. Die Damen und Herren Wettkampfrichter sollen merken, dass hier ein neues Talent antritt, mit dem man rechnen muss.â
Hannahs Herz klopfte schneller. Ein neues Talent, mit dem man rechnen muss.
âIch hab dir was mitgebracht.â Uwe reichte ihr ein Blatt Papier.
âDas Wettkampfpattern?â, fragte Hannah.
âNatürlich nicht. Das endgültige Pattern für die Vorausscheidung kriegen wir erst ein paar Tage vor dem Turnier. Aber der Parcours könnte ungefähr so aussehen wie dieser Entwurf. Ich möchte, dass du dir das Pattern ein paar Minuten ansiehst, genau einprägst und es mir dann vorreitest.â
Was? In ein paar Minuten sollte sie das Pattern auswendig lernen?
âDas schaff ich nicht.â
âDiesen Satzâ, sagte Uwe ernst, âwill ich nie mehr von dir hören. Nie mehr. Hast du das verstanden, Hannah?â
Seine Stimme hatte plötzlich einen fast scharfen Ton. Sie nickte erschrocken.
âEs kommt mir darauf an, dass du versuchst, dir möglichst viel zu merken. Im Ernstfall hast du ein paar Tage Zeit, um ein Pattern einzustudieren. Aber je schneller du die Abläufe erfasst und nachvollziehst, desto mehr Zeit bleibt dir
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