Falsches Spiel mit Hannah
Gegensatz zum Reining, bei dem es auf spektakuläre Ãbungen wie Sliding Stops und Spins ankam, ging es beim Trail hauptsächlich um Geschicklichkeitsübungen. Wie die echten Cowboys mussten die Reiter aus dem Sattel heraus Tore öffnen oder ihr Pferd über Holzbrücken und andere Hindernisse bewegen.
âJetzt schonâ, meinte Myriam. âAlso zumindest will ich damit anfangen. Es ist gar nicht so schwer zu lernen, sagt Hannes.â
âTrainierst du nun immer mit ihm?â
âQuatsch.â Myriam schüttelte den Kopf. âHannes ist doch kein Reitlehrer. Aber er ist auf jeden Fall der Meinung, dass ich Talent habe.â
Sie versetzte Camilla einen zärtlichen Klaps auf die Hinterhand. âSo, ich muss los. Wir schreiben schlieÃlich morgen Französisch. Ich sollte noch ein bisschen was dafür tun.â
âDanke, dass du mich daran erinnerstâ, stöhnte Hannah. Sie hob den Sattel von Acapulcos Rücken und wuchtete ihn auf die Abtrennung zwischen den Boxen. âIch hab noch nicht mal angefangen zu lernen.â
âMeld dich, wenn du Hilfe brauchst.â Myriam war schon in der Stallgasse. âBis morgen!â
Reiten war schön. Aber das Absatteln, Abzäumen und Trockenreiben der Pferde war nervig. Vor allem, wenn man es so eilig hatte wie Hannah. Inzwischen war es fast fünf. Wenn sie nicht schnellstens nach Hause kam, würden ihre Eltern vor Wut rotieren.
Den Sattel über dem einen Arm, den Korb mit dem Putzzeug im anderen hastete sie aus dem Stall. Am Ausgang wäre sie um ein Haar mit Washington zusammengestoÃen, der plötzlich wie aus dem Nichts vor ihr auftauchte. âVerdammt!â Hannah lieà den Korb fallen und sprang im letzten Moment zur Seite. Der schwarze Neufundländer wedelte begeistert. Verdammt. Weil er ständig irgendwo im Weg herumstand, hörte er diesen Aufruf so häufig, dass er ihn inzwischen schon für seinen zweiten Vornamen hielt.
âBlöder Köter.â Hannah legte den Sattel über die Abtrennung neben sich und bückte sich, um die Bürsten, Striegel und Hufkratzer wieder einzusammeln, die sich über den ganzen Boden verteilt hatten.
âDas ist aber nicht sehr nettâ, sagte eine vertraute Stimme direkt über ihr.
Hannah fuhr erschrocken hoch und prallte nun wirklich mit Washington zusammen. Sie rutschte aus, hielt sich im letzten Moment an Washingtons buschigem Schwanz. Aber der Hund wich jaulend aus und brachte sie dadurch vollends zu Fall.
âScheiÃeâ, sagte Hannah und traf den Nagel damit auf den Kopf. Sie saà tatsächlich auf einem frischen Pferdeapfel.
âSorryâ, meinte Hannes betroffen. âIch wollte dich nicht erschrecken.â
âSchon gut.â Sie rappelte sich mühsam hoch. Während Hannes das verstreute Putzzeug wieder in den Korb sammelte, versuchte sie, den Dreck an ihrem Hosenboden an einer Boxenwand abzustreifen. Aber vergeblich, dadurch verteilte sie ihn nur noch besser.
So ein Mist! Warum passierten ihr solche Dinge immer, wenn Hannes in der Nähe war? Als sie ihn neulich auf dem Schulhof getroffen hatte, war sie gerade in einen Kaugummi getreten. Und als sie in Albertos Eisdiele die Cola über ihre Jeans geschüttet hatte, wer war da zufälligerweise am Nachbartisch gesessen? Bingo! Hannes.
Sie griff nach dem Sattel, wobei ihr Washington zum dritten Mal in die Quere kam.
âJetzt hau endlich ab!â, fuhr sie ihn an. âDu hast schlieÃlich schon genug angerichtet.â
Beleidigt klemmte er seinen Schwanz zwischen die Beine und zog Leine.
âTut mir echt leidâ, sagte Hannes zerknirscht. âLass mal, ich bring den Sattel weg.â
âIst schon gut.â Sie bewegte sich rückwärts aus dem Stall, damit er ihr dreckiges Hinterteil nicht sah. âIch muss jetzt los.â Hoffentlich lauerte hinter ihr nicht schon wieder Washington, um sie erneut zu Fall zu bringen.
âAch so. Dabei wollte ich dich fragen â¦â, begann Hannes. âAber ist ja auch egalâ, unterbrach er sich dann.
âFrag ruhig.â
âNee. Ist nicht so wichtig.â
Was? Was hatte Hannes sie fragen wollen? Ob sie auch mit ihm für das Reining-Turnier trainieren wollte? Ob er sie zum Eis einladen konnte? Ob sie mit ihm ausreiten wollte?
âAlso dann â¦â Hannah machte eine kleine Pause, in der Hoffnung, dass er vielleicht doch noch mit seiner
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