Falsches Spiel
brutal niedergeschlagen hat, als Señora Carter ermordet wurde. Sie können sich nicht vorstellen, was alles geredet wird, ganz Padua ist in heller Aufregung. Erst verschwindet Carla, und dann wird die arme Señora Carter ermordet. Niemand fühlt sich hier mehr sicher. Und das Schlimmste ist, dass man anfängt, uns die Schuld an allem zu geben, jedenfalls kommt es mir so vor.«
Wir betraten das Wohnzimmer, ich zog den Mantel aus, faltete ihn zusammen und legte ihn an denselben Platz wie beim letzten Mal. Wir setzten uns auf die Couch. Ich fragte unschuldig nach ihrem Mann.
»Ich bin allein«, sagte sie beiläufig, aber bestimmt. »Er ist schon früh los, denn er hat drei Operationen in der Klinik. Er kommt erst spätabends zurück.«
Ich hatte das Gefühl, ihre Worte enthielten eine unterschwellige Einladung, ging aber nicht darauf ein, um keinen dummen Fehler zu begehen. Sei einigen Jahren hatte ich aufgehört, mit dem Schwanz zu denken. Ich konzentrierte mich auf den Fall, obwohl Sandras Duft und ihr Mund es mir schwer machten.
»Sandra, wissen Sie, dass Sie gegen die Vertraulichkeitsklausel verstoßen haben? Sie haben einem Polizisten erzählt, dass ich an dem Fall arbeite, nun habe ich die Lage nicht mehr unter Kontrolle, wenn die Presse Wind davon bekommt.«
»Aber Kommissar Antelo ist ein Freund meines Mannes. Wir sind sicher, dass er niemandem davon erzählt.«
»Nein, nur ungefähr zwanzig Polizisten.«
»Wie bitte?«
Ich steckte mir eine Zigarette an.
»Als ich nach dem Schlag aufwachte, hat Antelo vor allen anwesenden Polizisten verkündet, Sie hätten mich angeheuert. Das ist an sich nicht schlimm, aber ich möchte die Verantwortlichkeiten geklärt wissen, denn Spezialdienste garantiert den Schutz der Identität der Mandanten. Das gilt, solange die Mandanten vorsichtig sind. Und das waren Sie nicht. Für mich ist das Thema abgehakt. Ich werde weiter meine Arbeit machen, aber ich übernehme keine Verantwortung mehr dafür, dass Sie vor der Presse anonym bleiben.«
»In Ordnung«, willigte sie genervt ein. »Ich werde es Juan Carlos sagen.«
Ich atmete auf. Nun gab es keinen Vorwand mehr, das Honorar zurückzufordern.
»Kannten Sie Señora Carter gut?«, fragte ich, um schnell das Thema zu wechseln.
»Wir waren keine Freundinnen, aber wir pflegten ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis. Außerdem wissen Sie ja, dass Carla sich öfter mit ihr getroffen hat.«
»Sie waren nie bei ihr?«
Die Frage war ihr unangenehm. Sie stand auf und ging zur Bar, nahm die Hennessy-Flasche, zögerte einen Moment, stellte sie wieder hin und kehrte an ihren Platz zurück. Dabei sah sie mir nicht in die Augen.
»Nun ja … Hin und wieder war ich schon mal bei ihr.«
»Um über Marsmenschen zu sprechen?«, fragte ich, bemüht, ernst zu klingen.
»Nein. Ich habe mir Sorgen gemacht, weil sie so einen starken Einfluss auf Carla hatte.«
Sie log. Aber ich wollte sie nicht unter Druck setzen. Dafür war immer noch Zeit.
»Wann haben Sie Señora Carter zuletzt gesehen?«
Unvermittelt steuerte Sandra wieder auf den Cognac zu. Sie nahm zwei Gläser und füllte sie, ohne zu zögern. Sie trank ihres in einem Zug aus und schenkte noch einmal nach. Dann kam sie mit beiden Gläsern zur Couch und reichte mir meines. Es war ihr anzusehen, dass sie nur den nötigen Anschubser brauchte. Sie setzte sich neben mich und leerte den Cognac.
»Das weiß ich nicht mehr.«
Ich war die Ausflüchte allmählich leid.
»Sandra, bitte, wann haben Sie Señora Carter zum letzten Mal gesehen?«
Sie ging wieder zur Bar, goss sich noch einen Cognac ein und stürzte ihn hinunter. Langsam begann ich ihre Trinkkultur zu bewundern.
»Am Abend nach Carlas Verschwinden«, sagte sie, als würde sie einen Mord beichten.
Ganz offenkundig verbarg Sandra etwas.
»Worüber haben Sie gesprochen?«
»Über nichts Besonderes«, sagte sie mit leicht gebrochener Stimme.
»Was wissen Sie über diese Geschichte mit den Außerirdischen? Ich vermute, es gibt da eine Verbindung zu Carlas Verschwinden. Der Tod der Carter bringt uns nicht gerade weiter.« Das hörte sich an, als hätte ich keinen Plan, und das ärgerte mich.
Sandra blickte mich an. Ich wusste nicht genau, ob sie über meine Worte nachdachte, oder ob der Alkohol allmählich wirkte. Ich schwieg; ich wollte wissen, was sie dachte. Die paar Sekunden kamen mir vor wie ein Jahr.
»Ich bin nicht sicher«, sagte sie, »aber ich glaube, Carla ist abgehauen. In der Nacht vor ihrem Verschwinden ist
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