Falsches Spiel
einer Pistole in den Nacken. Vermutlich von demselben Kerl, der sie kurz zuvor umgebracht hat.« Ich zeigte ihm die Wunde und den Bluterguss im Nacken.
»Mist. Das wird allmählich ungemütlich«, sagte Espiño. »Hast du etwas gesehen?«
»Nicht viel. Eine junge Frau um die dreißig, das Gesicht konnte ich nicht erkennen, hat kurz vor oder nach dem Mord das Haus dieser Carter verlassen. Und dann ist da noch der Kerl, der mich von hinten angegriffen hat.«
»Woher willst du wissen, dass es ein Mann war?«
»Ich habe ihn aus dem Augenwinkel gesehen, bevor ich ohnmächtig wurde. Es war ein Mann, kein Zweifel. Ein ziemlich kräftiger.«
»Was noch?«
»Ich hab die Adresse von einem Haus in Mercedes und … warte mal, da fällt mir was ein.«
Ich kramte in der Innentasche des Mantels nach dem Notizbuch, das ich von Señora Carters Schreibtisch genommen hatte. Es war nicht mehr da.
»Was ist?«, fragte Espiño unruhig.
»Ich hatte ein Notizbuch von der Carter eingesteckt, aber es ist weg. Der Kerl, der mich niedergeschlagen hat, muss es genommen haben. Oder die Polizei.«
»Glaub ich nicht. Es war bestimmt der Täter. Die Polizei hätte es dir gesagt, als du wieder bei Bewusstsein warst, das Risiko gehen die nicht ein.«
»Kann sein.« Ich hatte meine Zweifel.
Espiño war überzeugt:
»Da hast du doch schon einen Grund, warum man es auf dich abgesehen hatte.«
»Jetzt habe ich zwar den Grund, aber das Notizbuch ist weg.«
Espiño stellte zwei Gläser vor uns hin und füllte sie mit Cinzano, Fernet und Soda. Zum Nachdenken goss er sich gerne einen hinter die Binde.
»Soll ich dir eine Tortilla machen?«
»Daran habe ich auch gerade gedacht.«
Er verschwand durch die Seitentür, und ich war mit meinem Wermut allein. Seit zwei Tagen ermittelte ich nun schon in der Sache, und was war dabei herausgekommen? Eine Leiche und ein Schlag auf den Kopf. Ich war nicht mehr in Form. Ich versuchte, mich auf die nächsten Schritte zu konzentrieren, nahm mein Notizbuch und notierte mir die Adresse in Mercedes, die ich mir wie durch ein Wunder gemerkt hatte, obwohl ich sie nur eine Zehntelsekunde gesehen hatte: Calle 8, zwischen 0 und 1.
In dem Moment tauchte Espiño mit einer Tortilla auf, die größer ausgefallen war als üblich. Offensichtlich sorgte er sich um meine Gesundheit. In letzter Zeit hatte ich wohl nicht so gut ausgesehen.
»Ich habe eine Überraschung für dich«, sagte ich. Noch bevor er reagieren konnte, zog ich dreißigtausend Pesos aus der Tasche und überreichte sie ihm.
»Oh, die Dinge scheinen sich ja zum Besseren zu wenden. Jetzt können wir nur noch hoffen, dass du keine Prügel mehr kassierst, sonst müssen wir die Piepen in deine Beerdigung stecken.«
Ich hätte beleidigt sein können, aber ich kannte ihn, er meinte es nicht böse.
»Ich glaube, du solltest nach Mercedes fahren«, sagte er. »Vielleicht weiß man dort etwas von dem verschwundenen Mädchen.«
Ich nickte wortlos und schob ihm den Umschlag mit Forresters Informationen über Carla hin.
»Da, bewahr das für mich auf. Leg eine Mappe mit dem Namen Carla Forrester an und versteck sie in deinem Geheimarchiv.«
Espiño sah mich an, goss noch zwei Wermut ein und erhob das Glas. Mit Freuden stieß ich mit ihm an.
10
Um sieben Uhr morgens stand ich auf. Ich hatte einen langen Tag vor mir. Weder der Gordini noch ich hatten in den letzten beiden Jahren derart viele Kilometer am Stück runtergerissen, und wir spürten die Anstrengung. Mein Rücken war steif, und ich hatte kein Gefühl mehr in den Beinen. Jetzt musste ich auch noch nach Mercedes. Ich hatte kurz überlegt, den Zug zu nehmen, aber die Verbindungen waren schlecht. Es hätte drei Stunden gedauert, und es war fraglich, ob ich überhaupt am selben Tag zurückgekommen wäre. Ich hatte überhaupt keine Lust, so weit zu fahren, aber mir blieb nichts anderes übrig.
Also begab ich mich wieder auf die Ruta 7, und auf der Höhe von San Antonio de Padua konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, bei Forresters vorbeizuschauen. Ich bog in die Echeverría ein und hielt vor dem Haus. Sandra öffnete auf mein Klingeln. Sie war sichtlich überrascht, mich zu sehen, bat mich aber sofort herein. Sie sah phantastisch aus in der Flanellhose und dem Pullover, der ihre tollen Brüste noch besser zur Geltung brachte. Auch ihr Gesicht sah entspannter aus, als hätte sie letzte Nacht mal nicht zu tief ins Glas geschaut.
»Wie geht es Ihnen? Ich habe von der Polizei gehört, dass man Sie
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