Fame Junkies
Alicia mit Freundinnen bei der Kissenschlacht im Hotel.«
»Aber was unterscheidet meine Fotos dann von denen der anderen Paparazzi?«
»Natürlich werden die anderen auch Fotos machen, aber sie werden nicht in die Geschäfte hineingelassen, in denen sie einkauft, und garantiert auch nicht bei den Kissenschlachten dabei sein.«
Meine Gedanken rasten. Ich konnte es nicht fassen. »Und sie kommt schon nächste Woche?«
»Dienstagabend. Die Late Show wird am Mittwochvormittag aufgezeichnet. Ich nehme an, dass sie dich von Mittwochnachmittag bis Freitagabend buchen wird. Samstagfrüh fliegt sie wieder zurück.«
»Aber … was ist mit der Schule?«
Es wurde still in der Leitung. Entweder dachte Carla über meine Frage nach oder sie versuchte sich von dem Schock zu erholen, dass ich sie überhaupt gestellt hatte. »Hör zu, Jamie«, seufzte sie. »Das ist das erste Mal seit sechs Monaten, dass du wieder die Gelegenheit hast, ein paar gute Fotos zu schießen, und wir reden hier von einem der heißesten Teeniestars des Planeten. Verstehst du nicht, was ich dir gerade gesagt habe, Jamie? Alicia Howard hat explizit nach dir gefragt. Sie will dich. Und du fragst mich, was mit der Schule ist? Wenn du als Starfotografin Karriere machen willst, musst du schon hundertprozentigen Einsatz zeigen, okay?«
Carla hatte völlig Recht. Warum zögerte ich überhaupt noch? Das war der Auftrag, von dem ich die ganze Zeit geträumt hatte!
»Tut mir leid«, stammelte ich. »Ich weiß selbst nicht, warum ich das gesagt habe. Wahrscheinlich war ich im ersten Moment einfach so geschockt, dass ich gar nicht wusste, was ich sagen soll.«
»Wie wäre es mit: Wie hoch ist mein Honorar?«
»Wie hoch ist es denn?«, fragte ich.
Carlas Antwort war so überwältigend, dass es mir diesmal wirklich die Sprache verschlug. Mein fassungsloses Schweigen brachte Carla zum Lachen und sie verabschiedete sich mit dem Versprechen, sich bald zu den Details zu melden.
Nachdem ich aufgelegt hatte, blieb ich noch eine Weile wie betäubt in der Küche stehen. Es war wie ein Wunder! Ein einziger Anruf und meine Karriere, die ich schon am Ende geglaubt hatte, bekam plötzlich neuen Auftrieb! War das wieder nur Glück oder hatte Alicia erkannt, dass ich wirklich Talent hatte? Es war mir egal. Das Einzige, was zählte, war, dass ich wieder mit von der Partie war, hurra!
Plötzlich fiel mir auf, wie still es in der Wohnung geworden war. Nasim hatte aufgehört zu spielen. Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, saß er am Flügel und starrte abwesend auf die Noten. »Schade, dass du rausgegangen bist«, sagte er, ohne mich anzusehen. »Deine Meinung wäre mir wichtig gewesen und es hätte mir gutgetan, von dir zu hören, dass ich es schaffen kann.«
Das Schweigen, das auf seine Worte folgte, war lauter als das Klavierspiel, das bis vor einigen Minuten noch den ganzen Raum ausgefüllt hatte.
»Tut mir leid«, sagte ich zerknirscht. »Es wa r …«
»… geschäftlich«, beendete Nasim den Satz für mich und schlug dabei denselben sarkastischen Unterton an, den meine Mutter auch immer hatte, wenn sie von meiner »Karriere« sprach.
»Ich bin eine schreckliche Freundin, stimmt’s?«, fragte ich leise und hoffte, er würde »nein, natürlich nicht« sagen und verstehen, wie verzweifelt ich auf diesen Anruf gewartet hatte und wie wichtig er für mich gewesen war.
Aber Nasim schwieg.
***
Unser Abschied fiel an diesem Abend ziemlich unterkühlt aus. Nasim gab mir nur einen flüchtigen Kuss und schloss dann viel zu schnell die Tür hinter mir. Ich hatte zwar ein schlechtes Gewissen, fand seine Reaktion gleichzeitig aber auch ein bisschen übertrieben. Mir war natürlich klar, dass er wegen des Vorspiels nervös war, aber ich fand es ungerecht, dass er seine schlechte Laune an mir ausließ und sich so gar keine Mühe gab, sich auch mal in meine Lage zu versetzen. Ich beschloss, ihm etwas Zeit zu geben und hoffte, dass er sich bald wieder einkriegen würde.
Als meine Gedanken zu dem Telefongespräch mit Carla zurückwanderten, kehrte auch das Glücksgefühl zurück. Alicia Howard wollte, dass ich sie fotografierte! Das war die große Chance für mich, endlich den Sprung von der Paparazza zur Starfotografin zu schaffen. Ich würde Alicia Howard persönlich kennenlernen und mehrere Tage mit ihr verbringen. Avy und die anderen auf der Schule würden Augen machen!
JAMIE
März, 10. Klasse – 6. Tag in L.A.
»Alles in Ordnung, Miss Gordon?«, fragt Maria und erst in
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