Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
worden waren. Jella war sich ziemlich sicher, dass die Tiere ein Geschenk der Einheimischen waren. Es war ihnen offiziell von der Regierung verboten worden zu jagen, aber ihr Vater und auch Fritz drückten in dieser Hinsicht so manches Auge zu. Matteus hatte außerdem ein Rind und zwei Schafe schlachten lassen sowie ein Dutzend Hühner. Ein Teil des Fleisches wurde mit frischem Gemüse aus Sarahs Garten zu deftigen Eintöpfen gekocht, während die großen Stücke über offenem Feuer gegrillt wurden. Die ganze Gegend roch bereits nach Kräutern und frisch gebratenem Fleisch und Würsten. Dazu waren auf provisorischen Bänken, die mit weißen Tischdecken überzogen wurden, diverse Salate, gekochte Süßkartoffeln, frisch gebackenes Brot und zum Nachtisch Pudding und reichlich Obstsalate angerichtet.
Alfred Knorr, der mittlerweile Imeldas Store ganz übernommen hatte, brachte Kisten voller Wein und zwei Fässer Bier mit. Wie gewohnt spielte er sich als Organisator auf und mischte sich in alles und jedes ein. Er schien an diesem Tag besonders gut gelaunt, wahrscheinlich deshalb, weil seine Frau, eine liebenswerte, wenn auch sehr resolute Herero, wegen einer Unpässlichkeit zu Hause bleiben musste. Sie war die Einzige, der es gelang, seinen Redefluss wenigstens für kurze Zeit einzudämmen. Gerade redete er auf Imelda ein, die es sich nicht hatte nehmen lassen, wie damals vor vielen Jahren, als ihr Sohn Jella geheiratet hatte, für die musikalische Untermalung zu sorgen. Allerdings verzichtete sie dieses Mal auf das Zusammenstellen eines kleinen Orchesters und setzte auf das bewährte Grammofon, an das ihr Mann Rajiv gerade ein Starkton-Gerät anschloss, mit dessen Hilfe die Musik auf dem ganzen Platz um die Schirmakazie herum zu hören sein würde.
» Das Gerät ist völlig falsch platziert«, echauffierte sich Knorr wichtigtuerisch. » Es steht viel zu hoch. Schall geht immer nach oben. Da, da unten muss es hin.«
Rajiv lächelte und versuchte erst gar nicht, Alfred Knorr zu widersprechen. » Aber selbstverständlich, lieber Freund«, beschwichtigte er ihn. » Aber du wirst mir doch sicherlich zustimmen, dass es gar nicht so schlecht hier steht, wenn man bedenkt, dass weiter oben und nicht dort unten getanzt wird.«
» Dort oben also, ach so!« Knorr schüttelte ungeduldig den Kopf und eilte weiter zu Matteus und seinen Männern, die seiner Meinung nach keine Ahnung vom Grillen des Fleisches hatten. Imelda sah ihm kopfschüttelnd nach. » Wie haben wir es nur all die Jahre mit diesem Kerl aushalten können?«
Rajiv strich ihr zärtlich über die von unzähligen Lachfalten durchzogene Wange. » Weil wir die gutmütigsten Menschen in ganz Südwestafrika sind.« Auch seine Haare waren mittlerweile schneeweiß geworden, wenn auch sein Gesicht trotz seines Alters noch recht jugendlich wirkte. » Hast du Jella schon Rickys Brief gezeigt?«, fragte er Imelda. » Ich hatte den Eindruck, dass sie von ihrem Erfolg noch gar nichts mitbekommen hat.«
» Dazu hatte ich noch keine Gelegenheit«, schmunzelte Imelda. » Jella ist mal wieder in ihrem Lazarett. Sie hat ein schlechtes Gewissen, weil sie ein paar Tage weg war, und will jetzt alles nachholen, was sie meint versäumt zu haben. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie zum Fest in ihrem Arztkittel erscheint.«
*
Jella war tatsächlich völlig in ihre Arbeit vertieft. Sie war gerade dabei, in ihrem Labor ein interessantes Experiment durchzuführen. Unter ihrem Mikroskop befand sich eine Kultur von Streptokokken, denen sie kleine Stücke eines Schimmelpilzes beifügte, den sie von Nokoma erhalten hatte. Ihr naturwissenschaftlicher Ehrgeiz trieb sie dazu an, hinter sein Geheimnis zu kommen. Im Laufe der letzten beiden Jahre hatte ihr der alte Medizinmann vieles von seinem Heilwissen beigebracht. Immer wieder und zu den unmöglichsten Tages- und Nachtzeiten war er aufgetaucht und hatte sie mit in die Savanne genommen, um sie zu unterweisen. Neben Heilpraktiken und Pflanzenkunde hatte er sie in die geheimnisvolle Welt der Geister und Dämonen eingeführt. Es hatte lange gedauert, bis Jella sich vorbehaltlos darauf hatte einlassen können. Und auch jetzt gab es immer wieder Situationen, in denen sich ihr analytischer Geist dagegen wehrte, zum Beispiel wenn er von ihr forderte, sich mit bestimmten Gesängen in Trance zu versetzen, um gegen die bösen Geister zu kämpfen.
» Nur wenn du dich ihnen stellst, hast du die Möglichkeit, ihren Hinterhalt zu durchschauen. Du musst
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