Familien Saga Bd. 3 - Zauber der Savanne
rassistischen Vorbehalte gegen die Schwarzen nicht bedingungslos mit den Buren teilte. Seiner Einflussnahme war es auch zu verdanken, dass die Ratsversammlung das Gesetz zur Zwangsenteignung der Schwarzen mit knapper Mehrheit abgelehnt hatte. Für Raffael war das endlich mal ein Grund durchzuatmen. In der Rechtsangelegenheit um die Mine in Tsumeb trat er immer noch auf der Stelle. Wären die Ovambos zwangsenteignet worden, so wäre Baltkorn die Mine auf keinen Fall mehr zu nehmen gewesen. Jetzt blieb ihm zumindest eine theoretische Chance, ihn doch noch zu überführen. Aufgrund dieses kleinen Zeichens von Gerechtigkeit schöpfte Raffael wieder neuen Mut, und er entschloss sich, seinen Hebel nochmals am Katasteramt anzusetzen. Für ihn lag es auf der Hand, dass Baltkorn einen der Beamten bestochen haben musste. Nils, der für ihn weiterhin Botengänge und kleinere Aufträge übernahm, hatte den zuständigen Katasterbeamten einige Zeit beobachtet, aber nie eine Unregelmäßigkeit erkennen können. Hugo Reuben schien so unauffällig und tadellos, wie ein Beamter nur sein konnte. Er war alleinstehend und wohnte bei einer älteren Witwe zur Untermiete. Nach seinem Tageslauf konnte man die Uhr stellen. Unter der Woche verließ er pünktlich um acht Uhr das Haus und begab sich auf direktem Weg zum Katasteramt. Gegen fünf Uhr am Abend kehrte er wieder zurück. Manchmal ging er noch aus, um einige Besorgungen zu machen. Die Abende verbrachte er zu Hause. Gegen neun Uhr verlöschten die letzten Lichter in seiner Wohnung. Er schien keinerlei Laster zu haben. Er trank nicht, besuchte keine Freudenhäuser, und der Spielsucht war er auch nicht verfallen. Allem Anschein nach hatte er tatsächlich keinen Grund, am Gesetz vorbei etwas Unrechtmäßiges zu begehen. Und doch musste er ein Geheimnis haben, dem sie vielleicht nur noch nicht auf die Spur gekommen waren. Raffael beauftragte Nils ein weiteres Mal, ihn zu beobachten. » Lass ihn keine Minute aus den Augen«, schärfte er seinem Freund ein. » Ich will selbst wissen, wann er auf die Toilette geht, welchen Besuch er bekommt, wer wann sein Haus betritt oder wieder verlässt, auch nachts! Hast du verstanden?«
Nils versprach ihm, sein Bestes zu geben. Nach zwei Wochen brachte er tatsächlich Neuigkeiten.
» Dieser Reuben hat uns wirklich an der Nase herumgeführt«, berichtete er kopfschüttelnd. » Wer kann auch schon ahnen, dass er so einer ist?«
» Kannst du mir erklären, was du damit meinst?«, fragte Raffael ungeduldig. Nils wiegte vielsagend mit dem Kopf und genoss es, seinen Freund noch etwas auf die Folter zu spannen. Er bedachte ihn mit einem koketten, weibisch anmutenden Augenaufschlag und warf ihm schließlich eine Kusshand zu.
» Ach, Schätzchen, es gibt eben Dinge, von denen hast du keine Ahnung!«
» Hör endlich mit den Albernheiten auf!«, raunzte Raffael ungehalten. » Man könnte ja glatt meinen, dass du vom anderen Ufer stammst.« Er hielt inne und begann endlich zu verstehen. » Du meinst … er ist …?«
Nils nickte. » Homosexuell – genau! Aber das ist noch nicht alles. Er steht zudem noch auf Weiberklamotten. Ich habe lange gebraucht, bis ich darauf gekommen bin. Reuben ist immer pünktlich in seiner Wohnung verschwunden und erst am nächsten Morgen wieder herausgekommen. Auf die anderen Menschen, die in dem Haus der Witwe ein- und ausgingen, habe ich erst jetzt geachtet. Dabei ist mir aufgefallen, dass eine der Untermieterinnen am Wochenende gegen elf Uhr abends nochmals das Haus verließ und es erst in den frühen Morgenstunden wieder betrat. Erst dachte ich, sie hätte einen Liebhaber in der Stadt, den sie heimlich trifft, aber dann fiel mir plötzlich die Ähnlichkeit mit Reubens Gangart auf. Der hat so ein komisches Tippeln. Beim nächsten Mal bin ich der Frau gefolgt.« Nils rollte vielsagend mit den Augen, bevor er fortfuhr. » Du müsstest mir eigentlich noch was draufzahlen für das, was ich dort sehen musste.«
» Nun spiel mal nicht den Unschuldigen«, fuhr Raffael ungeduldig dazwischen. » Er hat sich also mit anderen Homosexuellen getroffen, richtig?«
» Die sind doch da alle nicht ganz richtig im Kopf«, meinte Nils. » Die treffen sich im Hinterzimmer eines Gasthauses. Das hab ich von einem der Männer, die dort arbeiten. Es sind lauter Perverse, alles Männer, die es mit Männern treiben – und das für viel Geld. Und mit einem von denen treibt es Reuben. Er kommt regelmäßig und hat sich ernsthaft in einen von denen
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